Kunst und Beruf: Tanzausbildung in der Schweiz tritt aus der Nische
Der Tanz hat in der schweizerischen Berufsbildungslandschaft lange ein Mauerblümchendasein gefristet. Doch das ändert sich. Ein Beispiel dafür ist das Centre de formation professionnelle arts (CFP arts) in Genf. Seit zehn Jahren werden dort Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Schweiz in zeitgenössischem Tanz ausgebildet.

Das Wichtigste in Kürze
- Damit ergänzt die Institution in Genf ähnliche Studiengänge für klassischen Tanz an der Tanz Akademie Zürich und an der Ballettschule Theater Basel.
Zudem haben im letzten Herbst 16 angehende Tänzerinnen und Tänzer eine Ausbildung im Bereich Musical an der Musical Factory in Luzern begonnen.
Dieses Ausbildungsangebot fusst auf der Erkenntnis, das Tanzen zwar eine Kunst ist, aber ebenso ein Beruf. «Die Schweiz holt im Vergleich zum europäischen Ausbildungssystem auf», sagt denn auch Caroline Lam, stellvertretende Leiterin des Studiengangs für zeitgenössischen Tanz am CFP arts, gegenüber Keystone-SDA. Lam selbst hat sich am Centre National de la Danse in Lyon und in Paris ausbilden lassen.
«Vor 20 Jahren hatte der Tänzer in der Schweiz keinen Status. Die Zertifizierung nun ist eine Möglichkeit, einem Beruf einen Status zu verleihen.» Und, so Lam weiter: «Vor 20 Jahren hatte ein Schauspieler, der das Konservatorium verliess, einen Mindestlohn, ein Tänzer jedoch nicht. Es ging also darum, diesem Beruf Anerkennung zu verschaffen.» Lam tanzt weiterhin neben ihrer Lehrtätigkeit und sie ist kreativ tätig.
An der CFP arts in Genf dauert ein Lehrgang vier Jahre und führt zu einem eidgenössischem Fähigkeitszeugnis oder einer Berufsmaturität. Die jungen Leute im Alter zwischen 16 und 20 Jahren tanzen während ihrer Ausbildung zwischen 17 und 25 Stunden pro Woche.
Nach ihrer Zeit am CFP arts können die Tänzerinnen und Tänzer an weiterführende Schulen wechseln, um einen Bachelor-Abschluss zu machen, in der Schweiz beispielsweise an die Zürcher Hochschule der Künste oder an die Manufacture in Lausanne. Beide Ausbildungsgänge wurden 2014 eingeführt. Ein Master-Abschluss in Choreografie und Pädagogik in Zürich wird im Anschluss daran ebenfalls angeboten.
Für die Grundausbildung in zeitgenössischem Tanz in Genf kommen die Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Schweiz. Das CFP arts wählt etwa 15 aus den jährlich rund 50 jungen Bewerberinnen und Bewerbern aus. Und so treten nun die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen in die Mitte des Saals. Sie bewegen sich nach der Anleitung der Choreografin Caroline Lam. Ein Schlagzeug gibt den Takt vor.
«Der zeitgenössische Tanz nährt sich vom Werdegang jedes Einzelnen», erklärt Lam. Wenn die Schülerinnen und Schüler zuvor Hip-Hop, Zirkuskünste oder Kunstturnen praktiziert haben, verleiht dies ihren Bewegungen eine besondere Note.
So war beispielsweise der 19-jährige Leo schon als Kind beim Zirkus. «Ich sehe, dass ich Bewegungen anders verstehe als meine Mitschüler. Im Zirkus zu sein, hat mir wahrscheinlich eine besondere Sensibilität verliehen». Oder seine Mitschülerin Eva, sie ist mit ihren 17 Jahren eine der Jüngsten der Klasse, sagt, sie hätte sich ohne diese Schule «sicherlich nicht für eine Tanzausbildung entschieden», obwohl sie bereits im Alter von vier oder fünf Jahren mit dem Tanzen begonnen hat.
Eva kann sich vorstellen, an die Grundausbildung in Genf einen Bachelor-Studiengang an einer Schule in Amsterdam, Salzburg oder Brüssel anzuhängen. Und Leo hat schon für das laufende Jahr Pläne für Aufführungen.