Krankenkassen müssen wegen Abnehmspritzen Personal aufstocken
Der Boom um Abnehmspritzen wie Wegovy oder Ozempic setzt die Krankenkassen unter Druck. Viele müssen gar das Personal aufstocken.

Das Wichtigste in Kürze
- Bei grossen Krankenkassen betrifft bis zu jedes dritte Gesuch eine Abnehmtherapie.
- Der Aufwand ist laut den Versichern sehr gross – sie müssen gar mehr Personal einstellen.
- Viele Anträge sind unvollständig oder erfüllen die strengen BAG-Kriterien nicht.
Die Nachfrage nach Abnehmspritzen wie Wegovy oder Ozempic sorgt bei den Schweizer Krankenkassen für Rekordarbeit. Immer mehr Versicherte wollen, dass die teuren Medikamente bezahlt werden – und das bringt die Verwaltung an ihre Grenzen.
Wie eine Umfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» zeigt, hat sich die Zahl der Gesuche um Kostenübernahme in kurzer Zeit stark erhöht. Bei der CSS machte 2024 jedes vierte der insgesamt 45'000 Gesuche eine Abnehmtherapie mit Medikamenten aus – 2025 ist es bereits jedes dritte.
Ähnliche Werte melden Helsana und Swica. Bei der Groupe Mutuel betrifft rund ein Viertel aller Anträge die Abnehmspritzen, bei der Visana jeder Siebte. Andere Versicherer wollten keine genauen Zahlen nennen.
«Sehr hoher Aufwand»: Krankenkassen brauchen mehr Personal
Für die Krankenkassen ist der Boom eine Belastung. Die Rede ist von einer «grossen Herausforderung» und einer «signifikanten Belastung». Die Bearbeitung der Gesuche bedeute einen «sehr hohen Aufwand» und brauche viel Personal, heisst es.
Ein Grund dafür liegt in den strengen Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Die sogenannten Limitationen legen genau fest, wer Anspruch auf eine Kostenübernahme hat. Das macht die Prüfung aufwendig, erklärt etwa Helsana – zudem seien die Gesuche teilweise unvollständig.
«Rückfragen erhöhen den Aufwand zusätzlich», heisst es. Die KPT wiederum berichtet, dass zahlreiche Anträge gar nicht den Kriterien entsprächen: «Die daraus resultierenden Ablehnungen stossen oftmals auf Unverständnis und führen zu Wiedererwägungsgesuchen.»
Um dem Andrang Herr zu werden, haben mehrere Versicherer reagiert. Die Hälfte der zehn grössten Kassen hat ihr Personal in der Leistungsprüfung aufgestockt. Zudem setzen fast alle auf effizientere Abläufe und eine Art Triage-System, um dringende Fälle – etwa bei Krebsbehandlungen – vorzuziehen. Trotz der Flut an Gesuchen betonen die Krankenkassen, dass dringliche Fälle weiterhin ohne Verzögerung bearbeitet würden.
BAG zeigt Verständnis, bleibt aber hart
Der Krankenkassenverband Prio Swiss fordert nun, dass das BAG die Kriterien überarbeitet. «Die Kriterien sind leider nicht alle eindeutig. Das BAG soll deshalb die Vorgaben prüfen und vereinfachen», wird Mediensprecher Christoph Kilchenmann in dem Bericht zitiert. Auch einzelne Versicherer hätten entsprechende Forderungen gestellt.
Beim BAG zeigt man Verständnis für den Mehraufwand, bleibt aber hart: Die Krankenkassen müssten die Prüfungen «korrekt vornehmen», heisst es. Die bestehenden Kriterien seien nötig, «um eine qualitativ gut betreute, nachhaltige und wirtschaftliche Therapie der Adipositas zu gewährleisten und nicht wirksame Therapien abzubrechen». Dazu gehörten auch regelmässige Erfolgskontrollen.

Ganz ausschliessen will das Amt Anpassungen aber nicht. Man prüfe derzeit gemeinsam mit Versicherern, Fachgesellschaften und Pharmaunternehmen eine «Präzisierung des Limitierungswortlautes». Mit Limitierung sind die Kriterien gemeint.
Eine zu starke Lockerung sei jedoch nicht vorgesehen. Das BAG betont: «Eine Vereinfachung darf nicht dazu führen, dass eine noch breitere Vergütung der Medikamente stattfindet oder die Qualität der Therapie negativ beeinflusst wird.«