Klimawandel

Klimawandel: Das muss passieren, damit wir 2050-Ziel erreichen

Belinda Schwenter
Belinda Schwenter

Zürich,

Der Klimawandel schreitet voran – darum will die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein. Aktuell sind wir «nicht auf Kurs». Doch das Ziel ist noch erreichbar.

Klimawandel
Der Klimawandel lässt die Schweizer Gletscher schmelzen. Forscher erklären, was sich ändern muss, damit wir das Netto-Null-Ziel erreichen. (Abgebildet: Der Findelgletscher bei Zermatt VS) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Treibhausgas-Emissionen des Schweizer Energiesystems sollen bis 2050 auf null kommen.
  • Klimaexperten warnen: «Im Moment sind wir klar nicht auf Kurs, die Ziele zu erreichen.»
  • Technisch sei es nach wie vor möglich – mit einigen konkreten Veränderungen.

Bis 2050 will die Schweiz das Netto-Null-Ziel erreichen. Bedeutet: Alle durch Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen müssen wieder aus der Atmosphäre entfernt werden. So, dass die Emissionen zuletzt auf null kommen – die Schweiz also klimaneutral ist.

Kürzlich wurde eine Studie des Paul Scherrer Instituts (PSI) und der griechischen Universität Piräus veröffentlicht, die zeigt: Das Erreichen dieses Ziels ist zwar noch möglich.

Allerdings nur, wenn in den nächsten zehn Jahren die richtigen Entscheide gefällt werden. Doch was genau muss sich dafür ändern?

Technologisch und finanziell «können wir das»

Die Klimaforscher und ETH-Professoren Reto Knutti und Cyril Brunner erklären bei Nau.ch: «Man muss hier unterscheiden zwischen einerseits der Frage, ob das Netto-Null-Ziel 2050 technisch machbar und bezahlbar ist. Andererseits, ob es gesellschaftspolitisch erreichbar ist.»

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Reto Knutti ist Klimaforscher an der ETH Zürich. - keystone

Die Antwort auf die erste Frage: «Ja, wir können das.» Das Wissen, die Technologien und genügend finanzielle Mittel seien vorhanden.

Die Schweiz habe mit Forschung, Innovation, Technologie, gut ausgebildeten Menschen, genügend Geld und einem politisch stabilen Umfeld die Möglichkeiten. Mehr als fast alle anderen Länder, die den Klimawandel teilweise noch deutlicher spüren.

«Im Moment sind wir klar nicht auf Kurs»

Aber: «Wir zögern bei der Umsetzung», so die Experten. «Im Moment sind wir klar nicht auf Kurs, die Ziele zu erreichen.» Die Ziele seien zwar da, doch die Massnahmen kaum.

«Obwohl eine klare Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizern eigentlich mehr Kilmaschutz will, passiert es nicht», so die Klimatologen.

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Cyril Brunner ist Dozent am Departement Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich. - ETH Zürich

Viele Aspekte einer Netto-Null-Gesellschaft seien in der Schweiz bereits verbreitet. Leider setze man aber nicht vollumfänglich darauf.

Dazu gehören: Heizen mit Wärmepumpen, ein elektrifizierter Verkehr, CO₂-arm produzierter Strom, eine ausgewogene Ernährung oder Ferien in überschaubaren Distanzen.

Beim Heizen geht zu wenig

«Die bisherigen Entwicklungen bei der Emissionsminderung in der Industrie sind erfreulich», so die Experten.

Bei den Gebäudeheizungen gebe es einige Kantone, die auf Kurs seien. Aber: «Im Schweizer Schnitt werden erst zwei von drei Heizungen mit nicht-fossilen Heizungen ersetzt.»

Hinzu komme, dass der Bundesrat vorgeschlagen habe, ein wichtiges Förderinstrument zu streichen – eine gefährliche Entwicklung.

Die Schweiz hinkt im klimafreundlichen Verkehr weit hinterher

Betreffend Verkehr ist für die beiden Klimaexperten klar: «Jedes neue Fahrzeug mit einem Verbrennungsmotor ist eines zu viel für unsere Klimaziele.»

Und da hinkt die Schweiz noch weit hinterher. Im europäischen Vergleich belegt die Schweiz weit abgeschlagen das Schlusslicht beim CO₂-Ausstoss aller Neuwagen.

Die grosse Herausforderung bei der Luftfahrt: Es gelte gesellschaftlich als erstrebenswert, möglichst viele unbekannte, weit entfernte Orte möglichst billig besucht zu haben. Wobei wenige Personen für den Grossteil aller Flugkilometer verantwortlich seien.

Starke Bauern-Vertretung in der Politik erschwert Veränderungen

«Bei der Landwirtschaft zeigt sich, dass eine gesunde Ernährung auch schlüssig mit unseren Klimazielen ist», so Knutti und Brunner.

Daneben gebe es Massnahmen, die so oder so Sinn machen würden. Beispielsweise Futterzusätze, die den Methanausstoss von Kühen reduzieren.

Die extrem starke Vertretung in der Politik mache in der Landwirtschaft jedoch fast jede Veränderung unmöglich.

«Mit welchen politischen Instrumenten und Massnahmen die genannten Veränderungen erreicht werden können, ist keine naturwissenschaftliche, sondern eine politische Frage.»

Dabei nennen die Experten Länder wie Norwegen oder Schweden als Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel: «Im kalten, bergigen Norwegen werden faktisch nur noch reine Elektrofahrzeuge zugelassen.» Und Schweden heize zu einem grossen Teil mit Wärmepumpen.

Lebst du klimafreundlich?

Der ETH-Professor und der ETH-Dozent stellen klar: «Ohne einen politischen Rahmen geht es nicht, weil der Ausstoss von CO₂ Schaden anrichtet, aber den Verursacher kaum etwas kostet.»

Experten fordern finanzielle Anreize für Öko-Alternativen

Darum fordern sie: «Entweder man gibt dem CO₂ einen Preis, oder man subventioniert Alternativen, bis sie günstig genug sind.»

Die Studie des PSI betone auch deutlich: «Es braucht erstens einen verbindlichen Rahmen und Anreize für alle, und zweitens ist schnelles Handeln zentral.»

Für Reto Knutti und Cyril Brunner ist klar: «Bei den Personenfahrzeugen und beim Luftverkehr hinkt die Schweiz am meisten hinterher.»

Es muss also dringend gehandelt werden, um den Klimawandel zu bremsen. Doch was, wenn zu wenig passiert und die Ziele nicht erreicht werden?

«Natürlich sind die weltweiten Emissionen und nicht nur diejenigen der Schweiz entscheidend.» Doch der Klimawandel werde so beschleunigt.

Damit kommt unter anderem mehr Hitze, Trockenheit, Starkniederschläge, weniger Schnee, Gletscherschmelze und so weiter auf uns zu.

Forscher warnen: Weniger Massnahmen gegen Klimawandel, weniger Geld

Das Nichterreichen der Ziele hätte aber auch wirtschaftliche Folgen: «Weniger Klimaschutz würde für uns wohl auch einen Wettbewerbsnachteil bringen», so die Experten.

Dies, da die EU – der wichtigste Handelspartner der Schweiz – ambitioniertere Klimaziele habe. Und diese würden auch an die Zulieferketten weitergeben.

Bereitet dir der Klimawandel Sorgen?

Zudem zeichne sich ab, dass die Märkte der Zukunft vielfach bei Netto-Null-kompatiblen Technologien lägen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: «Ambitionierter Klimaschutz ist möglich – gerade hier.» Und Klimaschutz sei nicht nur «die Welt retten». Sondern eine Investition in die Zukunft, die Innovation und den Standort Schweiz.

Kommentare

User #1428 (nicht angemeldet)

wir sind 8 Millionen Menschen in der Schweiz. 8 Milliarden auf der Welt. 8.000.000 Schweiz 8.000.000.000 Welt Gekürzt 8 zu 8000 heisst wir sind 1 pro 1000 1 Promille. Uns zockt man ab und redet uns ein schlechtes Gewissen ein, Afrika, Indien, Russland u.s.w was wird da gemacht, Nein nicht nichts, das Gegenteil!

User #414 (nicht angemeldet)

hmmm fraglich ob die Vulkan sich an die Klimaziele halten...

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