Fast 900 Kinder aus Sri Lanka wurden zwischen den 1970er- und den 1990er-Jahren illegal adoptiert. Nun entschuldigt sich der Bundesrat.
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Der Bundesrat um Justizministerin Karin Keller-Sutter entschuldigt sich für die Versäumnisse bei den illegalen Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat entschuldigt sich für die illegalen Adoptionen aus Sri Lanka.
  • Dabei seien den Schweizer Behörden gewichtige Hinweise vorgelegen.
  • Trotzdem wurde nicht gehandelt.

Der Bundesrat anerkennt und bedauert, dass die schweizerischen Behörden Adoptionen aus Sri Lanka nicht verhindert haben. Den Behörden seien gewichtige Hinweise auf teilweise schwere Unregelmässigkeiten vorgelegen - gehandelt wurde aber nicht.

Die Behörden hätten systematisch weggeschaut, als fast 900 Kinder aus Sri Lanka meist illegal in der Schweiz adoptiert wurden. Dies war das Fazit eines Berichts der ZHAW, den das Bundesamt für Justiz (BJ) im Februar dieses Jahres vorstellte.

Bundesrat veröffentlicht umfassenden Bericht zu Kindern aus Sri Lanka

Am Montag hat der Bundesrat nun einen eigenen, fast siebzig Seiten umfassenden Bericht zur Studie veröffentlicht. Dazu hat er erklärt, wie er die Verfehlungen politisch aufarbeiten will.

Der Bundesrat bedauere, dass Bund und Kantone ihre Verantwortung gegenüber den aus Sri Lanka adoptierten Kindern nicht wahrgenommen hätten. Dies heisst es in einer Mitteilung des Bundesrats. Im Bericht drückt er auch den Adoptierten und ihren Familien sein Bedauern aus.

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Die Schweizer Behörden stellten sich blind: Knapp 900 Babys und Kleinkinder aus Sri Lanka wurden zwischen 1973 und 1997 offenbar zumeist illegal in die Schweiz adoptiert. - sda - Keystone

«Trotz früher und eindeutiger Hinweise auf illegale Adoptionsvermittlungen in Sri Lanka» seien die Missstände zu lange geduldet worden. «Diese Versäumnisse prägen das Leben der damals adoptierten Personen bis heute», heisst es weiter in dem Bericht.

Aufgrund der Erkenntnisse des Berichts hat der Bundesrat mehrere Massnahmen beschlossen. Etwa sollen die Betroffenen bei ihrer Herkunftssuche stärker unterstützt werden. Eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Kantonen, Betroffenen und privaten Organisationen soll prüfen, welche Massnahmen dafür notwendig sind.

Aufarbeitung der Adoptionen sollen ausgeweitet werden

Weiter soll die historische Aufarbeitung der illegalen Adoptionen in der Schweiz ausgeweitet werden. Der Bundesrat gibt eine ergänzende Studie in Auftrag. Diese soll klären, ob es auch bei Adoptionen aus anderen Herkunftsländern systematische Unregelmässigkeiten gab.

In der ersten Studie der ZHAW wurde darauf hingewiesen, dass auch andere Länder untersucht werden sollten - insbesondere Indien. Aus diesem Land hat die Schweiz in der Vergangenheit drei Mal so viele Kinder adoptiert wie aus Sri Lanka.

«Ereignisse dürfen sich nicht wiederholen»

Die zweite nun in Auftrag gegebene Studie der ZHAW soll sich auf eine Analyse des Bundesarchivs beschränken. Und eine erste Bestandesaufnahme sein, wie es in dem Bericht des Bundesrats heisst.

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Das Bundeshaus in Bern. - Keystone

Und schliesslich soll eine Expertengruppe die heutige Organisation, die Zuständigkeiten und die Verfahren bei Adoptionen überprüfen. «Die Ereignisse dieser Zeit dürfen sich nicht wiederholen», schreibt der Bundesrat dazu. Sollte die Analyse der heutigen Adoptionsverfahren Mängel aufzeigen, werde der Bundesrat Gesetzesänderungen vorschlagen. Damit solle sichergestellt werden, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt der internationalen Adoptionsverfahren stehe.

Der Bericht des Bundesrats geht zurück auf ein Postulat der Waadtländer alt Nationalrätin Rebecca Ana Ruiz (SP).

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