Kann auch in der Schweiz eine Standseilbahn entgleisen?
Das Unglück in Lissabon hat auch hierzulande Sorgen geweckt. Doch Fachleute betonen: Schweizer Standseilbahnen gehören zu den sichersten der Welt.

Das Wichtigste in Kürze
- In Lissabon entgleiste die Standseilbahn Gloria – 16 Menschen starben, 21 wurden verletzt.
- Ursache könnte ein Seilriss mit versagenden Bremsen sein, die Ermittlungen laufen.
- In der Schweiz gilt ein solches Szenario als sehr unwahrscheinlich.
Der tragische Unfall in Lissabon hat weltweit für Erschütterung gesorgt: Die historische Standseilbahn Elevador da Gloria entgleiste mitten im Stadtzentrum. 16 Menschen kamen gemäss aktuellem Stand ums Leben, mindestens 22 wurden verletzt.
Die Ursache ist noch unklar – Experten vermuten einen Seilriss und versagende Bremsen. Die drei städtischen Standseilbahnen stehen derzeit still, die Behörden ermitteln.
«Kein einziger tödlicher Unfall aus technischen Gründen»
Die Tragödie wirft auch im Seilbahn-Land Schweiz Fragen auf: Könnte sich eine solche Katastrophe hierzulande ebenso ereignen? Fachleute geben Auskunft.
«Die Standseilbahnen in der Schweiz sind sehr sicher», sagt Markus Setz, Betreiber der Webseite Standseilbahnen.ch. Seit der Eröffnung der ersten Bahn 1877 habe sich «kein einziger tödlicher Unfall aus technischen Gründen» ereignet.
Ein Zugseilriss sei zudem äusserst selten. Das letzte Mal passierte dies 1972 in Lugano – aber damals griffen die Bremsen zuverlässig, verletzt wurde niemand.
Auch Seilbahningenieur Reto Canale hält ein Szenario wie in Lissabon für «sehr unwahrscheinlich». In der Schweiz seien «sicher wirkende Bremsen installiert, welche das Fahrzeug bei einem Zugseilriss automatisch sicher abbremsen und anhalten können».
Bei den meisten Standseilbahnen sind das sogenannte Zangen- oder Fangbremsen, die auf die Schienen respektive die Zahnstangen wirken. Diese Notvorrichtungen könnten den Wagen «auch in der stärksten Steigung innert sehr kurzer Zeit zum Stehen bringen», betont Seitz.
Standseilbahnen sind also doppelt abgesichert: Zum einen durch die stationären Bremsen beim Antrieb, zum anderen durch die Fangbremsen am Wagen.
Auch historische Bahnen gelten als sicher
Laura Wyss von der Branchenorganisation Seilbahnen Schweiz verweist zudem auf strenge Vorgaben. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) prüfe regelmässig sämtliche Anlagen.
«Bei Standseilbahnen werden umfassende Kontrollen in Form eines Audits in der Regel alle fünf Jahre durchgeführt. Dabei wird die gesamte Anlage auch sicherheitstechnisch begutachtet», sagt Wyss.
Seitz ergänzt: «Bei den grossen Standseilbahnen werden die Wagen alle sechs oder zwölf Jahre zu einer spezialisierten Firma transportiert. Dort werden sie bis ins kleinste Detail zerlegt und überprüft.»
Ein erhöhtes Risiko bei älteren Bahnen sehen die Experten nicht. «Eine gute Wartung vorausgesetzt, sind historische Standseilbahn in der Schweiz genauso sicher wie alle Standseilbahnen», sagt Setz.
Canale stimmt zu: «Auch Standseilbahnen aus dem 19. Jahrhundert erfüllen die heutigen Vorgaben, etwa indem sie bereits Zangenbremsen auf den Fahrzeugen haben.»
Hinzu kommt laut Wyss, dass die Behörden bei älteren Anlagen häufigere Kontrollen (beispielsweise der Seile) anordnen können.