Auch Deutsche von Seilbahnunglück in Lissabon betroffen
Beim schweren Seilbahnunglück in Lissabon sind 17 Menschen ums Leben gekommen – darunter auch Deutsche, wie das Auswärtige Amt bestätigte.

Bei dem schweren Seilbahnunglück in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon sind nach Angaben des Auswärtigen Amts auch Deutsche zu Schaden gekommen. «Über die Anzahl gibt es derzeit noch keine verlässlichen Angaben», hiess es auf dpa-Anfrage aus dem Ministerium in Berlin.
Eine der berühmtesten Touristenattraktionen Lissabons wurde am Mittwochabend binnen Sekunden zu einer Todesfalle: Bei der Entgleisung der historischen Standseilbahn «Elevador da Gloria» kamen am Abend im Zentrum der portugiesischen Hauptstadt 17 Menschen ums Leben, 21 Passagiere wurden zum Teil schwer verletzt.
Die Identitäten und Nationalitäten der Opfer waren zunächst kaum bekannt. Spanische Medien berichteten von zwei verletzten Spaniern, der staatliche portugiesische TV-Sender RTP von einer verletzten Südkoreanerin. Das Institut für Rechtsmedizin kündigte an, erst nach den Obduktionen könne es weitere Informationen geben.
Auch ein Deutscher unter den Toten?
Für portugiesische Medienberichte, dass auch ein Deutscher ums Leben gekommen sei, gab es zunächst keine offizielle Bestätigung. Die Frau des Mannes sei schwer verletzt, das gemeinsame Kind leicht verletzt worden, berichteten die Zeitungen «Correio da Manah» und «Observador». Das Kind sei in der Obhut der Behörden. Zur Herkunft der Familie in Deutschland gab es zunächst keine Informationen.
TV-Bilder zeigten den Wagen auf der Seite liegend und total zerstört. In Live-Übertragungen mehrerer Sender waren dichte Rauchschwaden und Trümmer zu sehen. Sirenen heulten, während Rettungsteams hektisch und unermüdlich arbeiteten. Eine Augenzeugin sagte dem staatlichen portugiesischen TV-Sender RTP, der Wagen sei bergab gerast, gegen ein Gebäude gekracht und «wie ein Karton» auseinandergefallen.
Augenzeugen berichten von Chaos
Eine andere erzählte: «Das war ohrenbetäubend, ich und andere Passanten sind erst mal weggelaufen.» Schnell seien Sanitäter und Polizisten eingetroffen, berichtete die junge Frau, die noch sichtlich erschüttert war.
Doch was ist passiert? Und wie? Der «Elevador da Glória» fährt auf der Rua da Glória auf Gleisen hin und zurück über eine Strecke von rund 265 Metern und überwindet dabei einen Höhenunterschied von rund 45 Metern. Die Wagen werden dabei von einem Kabel bergauf gezogen und bergab gebremst.
Kurz nach 18.00 Uhr Ortszeit (19.00 MESZ) war das strassenbahnähnliche Fahrzeug am Mittwoch mit vielen Insassen wieder auf dem Weg nach unten, als es plötzlich von den Schienen abkam, die Strasse mit lautem Getöse hinunterrutschte und seitlich gegen ein Gebäude unweit des Platzes Praça dos Restauradores krachte.
Ursache unklar
Die Ursache? Bisher unbekannt. Experten vermuten, dass ein Seil gerissen sein könnte und vielleicht auch noch die Bremsen versagt haben. Vorwürfe, die Instandhaltung der Bahn sei womöglich nicht gut genug gewesen, wies der Betreiber, die Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, zurück. «Die monatlichen und wöchentlichen Wartungsprogramme sowie die tägliche Kontrolle werden sorgfältig durchgeführt», hiess es in einem Bericht.
Trotzdem liess die Stadtverwaltung von Lissabon den Betrieb aller drei Standseilbahnen aussetzen und ordnete sofortige Inspektionen an. Die portugiesische Kriminalpolizei nahm Ermittlungen auf. Sie sei mit mehreren Beamten vor Ort gewesen, berichtete der Sender «SIC Notícias».
Einen solchen Unfall mit einer der drei Standseilbahnen, die seit dem 19. Jahrhundert betrieben werden, hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben.
Trauer und politische Reaktionen nach dem Unglück
Die öffentliche Ausschreibung für eine Sanierung der Seilbahn war einem Bericht des portugiesischen Onlineportals «Eco» zufolge im August ohne Auftragsvergabe beendet worden, weil alle Angebote zu teuer gewesen seien.
«Portugal trauert», sagte Bürgermeister Carlos Moedas dem TV-Nachrichtensender «SIC Notícias» sichtlich niedergeschlagen. Es sei vor allem für die Stadt Lissabon «tragisch, ein schrecklicher Abend». Moedas rief eine dreitägige Trauer aus. Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro sagte alle seine Termine erst einmal ab.
Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa bedauerte den Unfall «zutiefst» und forderte, dass der Vorfall «rasch von den zuständigen Stellen aufgeklärt» werde.
Internationale Anteilnahme
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte Rebelo de Sousa. «Mit grosser Bestürzung habe ich von dem tragischen Unglück einer Standseilbahn in Lissabon erfahren, bei dem so viele Menschen ums Leben gekommen sind», schrieb Steinmeier. Seine Anteilnahme gelte den Familien und Angehörigen der Opfer.
Auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sprach den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. Die Flaggen vor dem Europaparlament wurden auf halbmast gesetzt.
Der «Elevador da Gloria» wurde im Jahr 1885 eröffnet und ist eine der drei historischen Stadtseilbahnen Lissabons. Er verbindet den zentralen Platz Praça dos Restauradores mit dem höher gelegenen Stadtteil Bairro Alto. Die Bahn ist heute in erster Linie eine Touristenattraktion, sie wird aber auch von vielen Einheimischen benutzt, denen die Strecke zu Fuss zu steil ist.