Clubs werden zum Hotspot für die Verbreitung des Coronavirus. Nach der «Superspreader»-Nacht in Zürich fordern Wissenschaftler nun die ID-Pflicht.
Im Zürcher Club «Flamingo» kam es zum ersten bekannten Superspreader-Fall des Landes. - Instagram
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die «Superspreader»-Nacht sorgte schweizweit für Schlagzeilen.
  • Epidemiologe Marcel Tanner von der Corona-Taskforce ist wenig überrascht.
  • Er empfiehlt nun eine ID-Pflicht für Clubbesucher einzuführen.

Die Nacht vom 21. Juni sorgt schweizweit für Furore: In einem Zürcher Club kam es zu einem sogenannten «Superspreader»-Event. Mindestens fünf Personen infizierten sich im Verlauf des Abends mit dem Coronavirus. Um die 300 Leute sollten sich in Quarantäne befinden.

Betonung auf «sollten». Denn: Die Adressliste des Clubs ist unvollständig geführt und enthält dutzende Falschnamen und E-Mail-Adressen, die es gar nicht gibt. Trotzdem will Regierungsrätin Natalie Rickli (SVP) die Clubs nicht schliessen.

Experten fordern darum umso mehr Massnahmen beim Contact Tracing.

Clubs haben höchstes Risiko für Verbreitung von Coronavirus

Marcel Tanner, Epidemiologe und Mitglied bei der schweizerischen Corona-Taskforce, ist von dem Event wenig überrascht. «Die Öffnung der Clubs war wissenschaftlich betrachtet schon immer risikoreich. Denn durch Unruhe und viel Bewegung gehören diese schlicht zu potenziellen ‹Superspreading›-Locations.»

Marcel Tanner
Der Epidemiologe Marcel Tanner forderte aufgrund des Coronavirus bereits eine ID-Pflicht für Clubbesucher. - Keystone

Bei Fussballspielen beispielsweise sei es leichter, sich an die Vorschriften zu halten, da man sich an einem festen Platz aufhalte. «Auch grössere Versammlungen und Kirchen-Chöre gehören zu risikoreichen Situationen.» Dies, weil man auch hier kaum den nötigen Abstand einhalten könne, so Tanner. Probleme würden sich hier lediglich im Ein- und Ausgangsbereich ergeben.

Coronavirus
Laut einem Deutschen Epidemiologen sollten sich Ämter bei der Bekämpfung des Coronavirus vor allem auf «Superspreader» konzentrieren. - sda - KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

«Die Öffnung der Clubs und Bars sollte der Bevölkerung nach dem langen Lockdown einen Ausblick geben. Und nicht Angst vor einem erneuten Ausbruch schüren», sorgt sich der Epidemiologe um die aktuelle Situation. Das Contact Tracing müsse sich weiterentwickeln.

In Zeiten des Coronavirus werde immer wieder an die Bevölkerung und den gesunden Menschenverstand appelliert. Doch wie man auch in der Maskenpflicht-Debatte erkennen könne, bringe dies nur bedingt etwas.

ID-Pflicht würde Situation verbessern

Es sei klar, dass «wir alle Verantwortung tragen, nicht nur gegenüber uns selbst, sondern auch gegenüber der gesamten Bevölkerung».

Er ist sich sicher, dass eine Ausweispflicht dazu beitragen würde, weniger falsche Namen auf den Listen vorzufinden. «Eine ID-Pflicht würde Sinn ergeben, da die Leute sich dann wirklich verpflichtet fühlen ihre richtigen Kontaktdaten anzugeben.»

Denn: «Eine Liste mit Kontakten zu führen bringt wenig, wenn einige Personen sich als ‹Donald Duck aus Entenhausen› oder Ähnliches ausgeben.»

Coronavirus Clubs
Menschen feiern eine Party. (Symbolbild) - Pixabay

Auch Epidemiologe Marcel Salathé hält eine ID-Pflicht für möglich, verrät er gegenüber SRF. «Wie man das konkret umsetzen würde, bleibt zu sehen», meint er.

«Das System ist vorhanden, wir müssen es nur konsequent anwenden und füttern können», merkt Tanner an. Es brauche Solidarität, oder eben die Pflicht, seine Daten anzugeben. Nur so könne man eine Verbreitung des Coronavirus effektiv unterbinden.

Epidemiologe Tanner betont: «Wir alle, nicht nur die breite Bevölkerung, auch die Wissenschaft ist in der momentanen Situation stark gefragt.»

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