Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat ein Gesuch des deutschen Anwalts Hanno Berger um Entlassung aus der Auslieferungshaft abgewiesen. Das Gericht geht von Fluchtgefahr aus. Dem 70-Jährigen wird vorgeworfen, der Drahtzieher der Cum-Ex-Geschäfte in Deutschland zu sein, bei dem er den Staat um rund 400 Millionen Euro geprellt haben soll.
Ein Rechtsanwalt des Hauptbeschuldigten Hanno Berger mit eine Akte mit der Aufschrift «Dr. Berger». Foto: Boris Roessler/dpa/Archiv
Ein Rechtsanwalt des Hauptbeschuldigten Hanno Berger mit eine Akte mit der Aufschrift «Dr. Berger». Foto: Boris Roessler/dpa/Archiv - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die deutschen Behörden ersuchten die Schweiz um Auslieferung des Deutschen.

Gegen ihn und weitere Personen laufen in den Bundesländern Hessen und Nordrhein-Westfahlen Strafverfahren, wie die NZZ am Montag berichtete.

Das Bundesamt für Justiz (BJ) stellte Ende Juni einen Auslieferungshaftbefehl aus. Am 7. Juli wurde Berger von der Bündner Kantonspolizei festgenommen. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Entscheid der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hervor.

Aufgrund seines Gesundheitszustands wurde Berger ins Kantonsspital Graubünden verlegt. Dieses entliess den Mann am 9. Juli mit der Feststellung, dass er keine Spitalpflege mehr benötige und in ein Gefängnis verlegt werden könne.

Dort soll Berger während des laufenden Auslieferungsverfahrens bleiben, wie das Bundesstrafgericht entschieden hat. Entgegen der Sicht von Bergers behandelndem Arzt gebe es keine Gründe, die dagegen sprechen würden.

Alle notwendigen medizinischen Behandlungen könnten auch von der Justizvollzugsanstalt veranlasst werden, schreibt das Gericht. Aus dessen Entscheid geht hervor, dass sich Berger einer amtsärztlichen Untersuchung verweigerte.

Eine Ersatzmassnahme wie eine Schriftensperre oder dergleichen anstelle der Auslieferungshaft schliesst das Bundesstrafgericht aufgrund der hohen Fluchtgefahr aus. Die von Berger angebotene Kaution von 100'000 Franken wurde vom BJ als «völlig ungenügend» beurteilt.

Dieser Ansicht schliesst sich die Beschwerdekammer an. Trotz des in der Schweiz deklarierten Vermögens von 5,5 Millionen Franken sei nicht auszuschliessen, dass Berger über weitere Vermögenswerte verfüge.

Über die Auslieferung selbst muss das BJ noch entscheiden. Auch gegen diese Verfügung kann Berger wieder Beschwerde einlegen.

Bei den Cum-Ex-Geschäften handelt es sich um Aktiendeals, bei denen allein der deutsche Staat um Milliarden betrogen wurde. Indem Aktien um den Dividendenstichtag herum mehrmals verschoben wurden, wurde vernebelt, wer Anrecht auf eine Steuerrückerstattung hatte. So erstattete der Staat mehrmals eine nur einmal bezahlte Steuer zurück. (Entscheid RH.2021.8 vom 5.8.2021)

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FrankenGerichtStaatArztEuroNZZ