Der Chef der Corona-Taskforce des Bundes übt Kritik. Einerseits an den erhobenen Daten und deren Geschwindigkeit, andererseits fordert er eine Maskenpflicht.
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Matthias Egger, Präsident der wissenschaftlichen Task-Force des Bundesrats im Kampf gegen das Coronavirus. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz hat zu wenig Informationen darüber, wie sich das Coronavirus ausbreitet.
  • Taskforce-Chef Matthias Egger fordert eine zentrale Datenbank für Daten aus Kantonen.
  • Auch plädiert er für eine Maskenpflicht – der Zeitpunkt sei richtig.

Seit heute Freitag ist die «ausserordentliche Lage» in der Schweiz Geschichte. Den Übergang zur «besonderen Lage» kriegt der Bürger jedoch kaum zu spüren. Der Bundesrat gibt ein grosses Stück Macht zurück an die Kantone.

Dieser berät heute über neue Lockerungen, wie etwa die Reduzierung des Mindestabstandes von zwei auf 1,5 Meter. Oder Veranstaltungen mit bis zu 1000 Personen könnten wieder erlaubt werden. Auch eine Maskenpflicht ist immer wieder Thema in den Beratungen.

Jetzt spricht der Chef der Corona-Taskforce Klartext. Matthias Egger hält wenig von weiteren Lockerungen in der jetzigen Situation.

Der richtige Zeitpunkt für eine Maskenpflicht?

Er ist beunruhigt über die Zunahme der Infektionen in den vergangenen Tagen. Nach einem stetigen Abstieg der täglichen Fallzahlen waren es diese Woche plötzlich über 30 an einem Tag. Und trotzdem werden kaum Masken getragen.

«Es gibt einen Moment, an dem man eine Maskenpflicht in Betracht ziehen muss», so Egger gestern Abend bei «10vor10». Auf Nachfrage wird er noch deutlicher: «Jetzt zum Beispiel.»

Atemschutzmaske
Rückruf von Atemschutzmasken: Die Beratungsstelle für Unfallverhütung und die Firma Prowork rufen die Masken des Typs «KN95/CE FFP2 zurück. - Keystone

Denn in Deutschland etwa ist das Tragen einer Maske im öffentlichen Verkehr bereits Pflicht. Auch in Italien teilweise.

Kritik an Daten-Erhebung des BAG

Auch bemängelt der Taskforce-Chef, dass es in der Schweiz noch immer zu wenig Informationen darüber gibt, wo und wie sich das Coronavirus ausbreitet. Dafür wäre laut Matthias Egger ein minimales Datenset für das Contact Tracing nötig.

Die Daten aus den Kantonen müssten in eine zentrale Datenbank beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) eingespeist werden. So weit sei man aber noch nicht, sagte Egger in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung».

Contact Tracing Coronavirus
Contact-Tracing setzt das Testen jeglicher Personen mit Symptomen voraus. (Symbolbild) - keystone

Wichtig wäre auch, die Viren bei allen infizierten Personen genetisch zu analysieren. Mit diesen Informationen liessen sich die Infektionsketten besser nachverfolgen.

Geschwindigkeit von Daten zu Coronavirus genüge nicht

Nicht nur die Art und die Menge der Daten seien derzeit noch mangelhaft. Auch die Geschwindigkeit, mit der die Informationen im BAG einträfen, genüge nicht. Dies wäre nötig, um die Corona-Pandemie in der Schweiz zeitlich und geografisch in Echtzeit verfolgen zu können. Das wäre aber nötig für eine fundierte Beurteilung der steigenden Fallzahlen.

BAG coronavirus
Eine Kampagne des BAG zum Schutz vor dem Coronavirus. - Keystone

Mit einem leistungsstarken Überwachungssystem könnte man bei kleineren regionalen Ausbrüchen des Coronavirus auch fokussierter Gegenmassnahmen einleiten. Etwa in dem man die Bevölkerung besonders informiere oder einzelne mit dem Ausbruch in Verbindung stehende Einrichtungen vorübergehend schliessen würde.

Aufholbedarf beim BAG in Sachen Digitalisierung

Egger nahm auch dazu Stellung, warum der Aufbau einer optimalen Datengrundlage sich verzögere. Das föderale System der Schweiz erschwere eine einheitliche Datenerfassung.

Zudem bestehe im BAG ein Aufholbedarf bei der Digitalisierung. Das erschwere den raschen Datenaustausch mit den Kantonen. Das gehe so weit, dass niemand genau wisse, wie gut das Contact-Tracing in den einzelnen Kantonen wirklich funktioniere.

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