Ein britischer Forscher warnt, Coronaviren könnten resistent werden gegen Desinfektionsmittel. Schweizer Apotheker winken ab: Dies sei unwahrscheinlich.
Desinfektionsmittel Coronavirus
Eine Apothekerin zeigt, wie man richtig die Hände desinfiziert. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der britische Forscher Andrew Kemp warnt vor dem Desinfektionsmittel-Gebrauch.
  • Es sei nicht bestätigt, dass das Handgel auch Covid-19-Viren abtöte.
  • Dem widersprechen Schweizer Apotheker: Das Mittel könne die Viren sehr wohl eliminieren.

Seit Beginn der Corona-Pandemie gilt regelmässige Händedesinfektion als eines der wichtigsten Mittel gegen die Weiterverbreitung des Coronavirus. Nun warnt ein britischer Wissenschaftler davor, dem Desinfektionsmittel allzu fest zu vertrauen. Andrew Kemp sagt, zu viel davon könnte verheerende Folgen haben.

Coronavirus
Auch vor dem Gang ins Schulhaus gilt es, die Hände zu desinfizieren. - Keystone

Gegenüber der Zeitung «Daily Express» erklärte der Forscher des Institute of Cleaning Science, dass er die grösste Gefahr in den überlebenden Bakterien und Viren sieht. Denn werde das Handdesinfektionsmittel häufig benutzt, so könnten die Viren gar eine Immunität dagegen entwickeln.

Dem widerspricht Samuel Allemann, Apotheker beim Schweizerischen Apothekerverband Pharmasuisse. «Im Gegensatz zu Bakterien besitzen Viren keinen eigenen Stoffwechsel und es ist eher unwahrscheinlich, dass behüllte Viren wie die Coronaviren eine spontane Resistenz gegen Desinfektionsmittel entwickeln.»

Samuel Allemann
Samuel Allemann ist Apotheker beim Schweizerischen Apothekerverband Pharmasuisse. - zvg

Studien hätten zudem eine ausreichende Inaktivierung von Sars-CoV-2 nach der Anwendung der empfohlenen alkoholischen Desinfektionsmitteln gezeigt, erläutert Allemann.

Seife oder Alkohol?

Der britische Forscher rät zudem, das Händewaschen mit Seife dem Desinfektionsmittel vorzuziehen. Auch davon hält Allemann nichts: Alkoholische Einreibepräparate, also Desinfektionsmittel, seien dem Waschen der Hände mit Seifen überlegen. «Alkoholische Einreibepräparate sind auch deutlich besser hautverträglich.»

Händewaschen mache vor allem nach jedem Toilettengang und bei makroskopisch verschmutzen Händen oder Verdacht auf alkoholunempfindliche Erreger Sinn.

Kann man gegen das Coronavirus zu viel desinfizieren?

Eine Händedesinfektion ist in bestimmten Situationen besonders relevant, erklärt Apotheker Allemann.

Solange man beispielsweise alleine im Büro am Schreibtisch arbeite, bringe eine periodische Händedesinfektion nichts. Wenn man aber zum Beispiel in der Kundenberatung längeren Kontakt mit wechselnden Personen habe, mache eine Händedesinfektion zwischen den einzelnen Kontakten Sinn.

Desinfektionsmittel
Es braucht drei bis fünf Milliliter, damit die Hände ausreichend benetzt sind. - Keystone

Damit das Mittel die Viren auch wirklich abtötet, müsse es richtig angewendet werden: Drei bis fünf Milliliter braucht es, um die gesamte Handfläche während 30 Sekunden ausreichend benetzen zu können.

Die Händedesinfektion schützt gemäss Allemann am meisten, wenn man vorher Kontakt mit potenziell kontaminierten Oberflächen oder möglicherweise ansteckenden Personen hatte. Zum Beispiel, wenn man den ÖV verlässt oder die Maske entfernt. Ebenfalls sinnvoll sei die Händedesinfektion vor dem Betreten von «sauberen» Bereichen wie dem eigenen Auto oder der Wohnung.

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