Als Impf-Chef steht Christoph Berger wegen des Coronavirus im Rampenlicht. Ein SRF-Interview sorgt für Irritationen. Swissmedic widerspricht seinen Prognosen.
Christoph Berger Coronavirus
Christoph Berger war gestern bei «10vor10» sichtlich verwirrt. - Screenshot SRF
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Das Wichtigste in Kürze

  • Christoph Berger war am Mittwochabend zu Gast bei SRF-«10vor10».
  • Der Impf-Chef sprach über das Coronavirus und die Herdenimmunität.
  • Dabei prognostizierte er, der Astrazeneca-Impfstoff werde «in einem Monat» zugelassen.
  • Die Zulassungsbehörde Swissmedic will hingegen keinen Zeitpunkt nennen.

Bei der am Mittwoch ausgestrahlten Sendung von «10vor10» ging es – einmal mehr – um das Coronavirus. Fokusthema: Die Herdenimmunität. Das News-Magazin wollte wissen, ob diese in der Schweiz überhaupt erreichbar ist. Um die Frage zu beantworten, lud Moderator Arthur Honegger den höchsten Impf-Chef der Schweiz ein.

Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, sorgt jedoch mit einem merkwürdigen Interview für Fragezeichen.

Bis jetzt hiess es immer, dass sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung impfen müssen, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Dies reicht nun offenbar nicht mehr aus, wie Berger erklärt: «Es braucht 80 bis 90 Prozent, wenn wir dies erreichen wollen.» Die Zunahme begründet Berger mit dem bislang nicht garantierten Schutz vor Übertragungen trotz Impfung. Und, weil sich das Virus seither verändert habe.

Christoph Berger: «Es braucht eine Durchimpfung von 80 - 90 Prozent.» Realistisch? - SRF

90 Prozent? Klingt utopisch, merkt auch Honegger an: «Seien wir mal ehrlich, das ist nicht realistisch, oder?» Berger bejaht: «Da müssten alle Gruppen, auch Kinder, miteinbezogen werden und das ist nicht zu erreichen.»

Also, was gilt nun? Die Verwirrung bleibt.

«Coronavirus bleibt Teil von unserem Leben»

Bei der Frage, ob das Virus zukünftig ein Teil unseres Lebens bleibt, sorgt der Impf-Chef ebenfalls für Irritation.

«Corona wird ein Teil unseres Lebens bleiben, das Virus wird weggehen...ehh... das Virus wird nicht weggehen. Was aber weggeht, sind die schweren Krankheitsverläufe.»

Honegger möchte dann wissen, wie man das Vertrauen der Bevölkerung für den Impfstoff von Astrazeneca gewinnt. Das Vakzin leidet wegen Thrombosefällen, deren Zusammenhang mit der Impfung noch nicht abschliessend geprüft wurde, unter einem Image-Problem.

Coronavirus Astrazeneca
Die britische Arzneimittelbehörde untersucht Fälle von seltenen Blutgerinnseln im Gehirn nach einer Impfung gegen das Coronavirus mit dem Präparat von Astrazeneca. Foto: Matthias Bein/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Berger: «Wir haben supergute Impfstoffe. Astrazeneca ist ein guter Impfstoff.»

Ja wie jetzt? Ist Astrazeneca nun ein guter oder ein superguter Impfstoff? Das wird sich wohl der eine oder andere Zuschauer gefragt haben.

Swissmedic bremst Astrazeneca-Prognose

Am Ende des Gesprächs möchte der Moderator noch wissen, wann die Zulassung für den Astrazeneca-Impfstoff kommt. Berger antwortet darauf ganz salopp: «In einem Monat.» Für die Zulassung ist aber nicht Bergers Impfkommission, sondern die Schweizerische Arzneimittelbehörde Swissmedic zuständig.

Der oberste Impf-Chef prophezeit, dass der AstraZeneca-Impfstoff «in einem Monat» zugelassen werde. - SRF

Eine Anfrage von Nau.ch zur Klarstellung der irritierenden Aussagen liess Berger bislang unbeantwortet.

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Die Zulassungsbehörde Swissmedic hingegen will von der Monats-Prognose nichts wissen. «Über konkrete Daten von Zulassungen von Impfstoffen gibt Swissmedic während eines laufenden Verfahrens keine Auskunft.»

Wie Swissmedic seit Monaten jeweils betont, hange die Zulassung von den verfügbaren Daten der Impfstoffhersteller ab. «Voraussetzung ist, dass die Firma alle erforderlichen Daten bzw. Unterlagen einreicht und die offenen Fragen von Swissmedic befriedigend beantwortet.»

Dies scheint bei Astrazeneca weiterhin nicht der Fall zu sein. Obwohl Swissmedic im Januar eine Zulassung «in den nächsten Wochen» ankündigte. Man verfolge die Entwicklungen über die auftretenden Nebenwirkungen sehr eng, so ein Sprecher zu Nau.ch.

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