Im Kampf gegen das Coronavirus zählt jede Impfdosis. Doch einige Kantone bleiben bei der Dosierung konservativ – wertvolle Impfdosen gehen verloren.
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Wer bei der Impfstoff-Dosierung sorgfältig arbeitet, kann bis zu 40 Prozent zusätzlichen Impfstoff gewinnen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Aus einem Impfstoff-Fläschchen können mehr Dosen gewonnen werden, als vorgesehen.
  • Vielen Kantonen gelingt das gut – einige Kantone bleiben bei der Ursprungs-Dosierung.
  • Die Spritzen des BAG sind zu grob für die feine Impfstoff-Dosierung.

In einem Fläschchen Impfstoff gegen das Coronavirus steckt mehr, als darauf steht: Das kleine Gefäss, aus dem der Impfstoff in die Spritze aufgezogen wird, ist bei Pfizer für fünf Impfdosen ausgelegt. Bei Moderna wären es zehn Dosen – eigentlich. Beide Impfstoffe reichen in der Praxis oft für mehr Dosen aus.

Das alles ist nicht neu: Bereits im Januar haben Pfizer und Swissmedic die Entnahme zusätzlicher Dosen erlaubt. Doch ein Vierteljahr später wenden einige Kantone die Praxis noch immer nicht an: Damit verspielen sie wertvolle Zeit in der Impfkampagne.

700'000 «versteckte» Dosen gegen das Coronavirus

Damit auch immer sicher die vorgesehene Zahl Dosen aufgezogen werden kann, geben beide Hersteller etwas Impfstoff-Menge dazu. Wer in der Lage ist, den Impfstoff präzise zu dosieren, kann aus einem Pfizer-Fläschchen sieben Dosen ziehen. Bei Moderna sind es 12 statt zehn.

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Ein Fläschchen des Pfizer-Impfstoffs gegen das Coronavirus und eine Spritze. Genau 0,3 Milliliter werden für eine Dosis benötigt, das Fläschchen enthält 2,25 Milliliter. - Keystone

Damit kann bei Pfizer 40 Prozent mehr Impfstoff gewonnen werden, als darauf steht, bei Moderna sind es 20 Prozent. In den 2,3 Millionen bisher ausgelieferten Impfdosen schlummern potenziell also rund 30 Prozent mehr Dosen – insgesamt rund 700'000. Ein guter Teil davon wurde auch verwendet.

Einigen Kantonen gelang es zeitweilig, mehr Menschen zu impfen, als der Kanton Impfdosen erhalten hatte. Dies, obwohl noch einzelne Dosen für eine Zweitimpfung zurückgehalten werden mussten.

Potenzial nicht ausgeschöpft?

Wie der «SRF Kassensturz» berichtet, hat das Vorgehen mittlerweile Praxis gemacht: Die meisten Kantone haben ihre Impfequipen angewiesen, die Impfstoff-Vermehrung zu versuchen.

In der Deutschschweiz verfolgen allerdings vier Kantone noch einen konservativen Ansatz: Basel-Stadt, Baselland, St. Gallen und Nidwalden bleiben bei der seit Januar vorgesehenen Dosen-Anzahl von sechs. Beim Moderna-Impfstoff halten sie sich an die 10 vorgegebenen Dosen.

Aus St. Gallen heisst es: «Wenn mehr Dosen entnommen werden, ist das aber nicht verboten, sondern liegt in der Verantwortung der medizinischen Fachperson vor Ort.» Empfohlen wird das Verfahren zur weiteren Dosen-Gewinnung in den Kantonen jedoch nicht.

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Leere Fläschchen bereit zur Abfüllung. In den Kantonen wurden wohl schon viele Tausend Impfdosen verschwendet. - Keystone

Eine folgenschwere Entscheidung: In den vier Kantonen wurden insgesamt 235'000 Impfungen gegen das Coronavirus verabreicht. Wurde wirklich stets nur die vorgesehene Dosis verimpft, gingen damit viele Dosen verloren: Bei optimaler Nutzung hätten mit der verwenden Impfstoff-Menge bis zu 60'000 weitere Personen geimpft werden können.

BAG trägt Mitschuld an Dosen-Verlust

Dass der Impfstoff nicht immer optimal genutzt werden kann, liegt aber auch am Impfkit des Bundesamts für Gesundheit: Jedem Impfstoff-Paket werden die benötigten Utensilien beigelegt, darunter auch die Spritzen. Diese sind jedoch zu gross, um die Dosen mit der nötigen Präzision aufzuziehen.

Haben die Impfteams keine andere Möglichkeit, sich feinere Spritzen zu beschaffen, kann seltener die siebte oder zwölfte Dosis entnommen werden. Bereits Anfang März erklärte das BAG gegenüber Nau.ch, dass man an einem neuen Impfkit arbeite. Der Kanton Schaffhausen bekräftigte gegenüber dem «Kassensturz» jedoch noch einmal, dass noch immer nicht die richtigen Impfutensilien zur Verfügung stünden.

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