In der Schweiz werden immer weniger Menschen auf das Coronavirus getestet. Dabei liegt die Schweiz bereits jetzt im Europa-Vergleich weit hinten.
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Eine Fachkraft nimmt bei einer Kollegin einen Abstrich für den Test auf das Coronavirus. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz macht deutlich weniger Corona-Tests als andere Länder.
  • Trotzdem warnt das BAG davor, dass es möglicherweise zu Engpässen kommen könnte.
  • Umfangreiches Testen garantiert ein effizientes Contact Tracing.

In der Schweiz wird nur wenig auf das Coronavirus getestet. Obwohl die Fallzahlen ansteigen, bleiben die Testzahlen niedrig. Wird weniger getestet, bedeutet dies, dass das Risiko, Fälle zu übersehen, steigt.

Doch sind die Testzahlen der Schweiz tatsächlich so niedrig? Ein Blick auf Europa zeigt: In den meisten Ländern werden deutlich mehr Tests pro Einwohner durchgeführt. Dennoch warnt das BAG vor möglichen Engpässen in den kommenden Monaten.

Grossbritannien macht dreimal so viele Tests aufs Coronavirus

Jüngst sind die Testzahlen in der Schweiz wieder gestiegen. Da deutlich mehr Fälle registriert werden, erstaunt das nicht. Doch die Positivitätsrate stieg ebenfalls: Lange pendelte sie um fünf bis sechs Prozent, in den letzten Tagen lag sie jedoch etwa bei zehn Prozent. Die Anzahl Tests ist also nicht im gleichen Masse gestiegen wie die Anzahl Fälle.

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Anzahl Tests (linke Skala) und Positivitätsrate (rechte Skala) in den vergangenen Monaten. - BAG/Nau.ch

Die niedrige Anzahl Tests in der Schweiz bestätigt sich im Vergleich mit anderen europäischen Ländern. In Kalenderwoche 40 wurden in der Schweiz nur 79,3 Tests pro 10'000 Einwohner durchgeführt. Gleichzeitig waren es in Grossbritannien 271 Tests pro 10'000 Einwohner – mehr als dreimal so viele. Auch in Frankreich (167,5) und Deutschland (131,8) lag die Zahl der Tests deutlich höher.

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Anzahl Tests und Fälle (linke Skala) sowie Psitivitätsrate (rechte Skala) der Schweiz im Vergleich mit anderen europäischen Ländern: Die Anzahl Tests ist deutlich niedriger. - BAG/Statista.de/UK.gov/Santé Publique France

Damit lag in Grossbritannien die Positivitätsrate der Tests niedriger als in der Schweiz. Dies, obwohl die Zahl der Fälle dreimal so hoch ist wie in der Schweiz. Nach wie vor bleibt die Dunkelziffer der nicht erkannten Fälle sehr schwer zu quantifizieren. Doch die niedrige schweizerische Testzahl legt nahe, dass mehr Fälle unerkannt bleiben, als beispielsweise in Grossbritannien.

Negative Auswirkungen aufs Contact Tracing

Bleiben viele Infektionen unentdeckt, bedeutet das, dass das Contact Tracing weniger effizient ist: Die Eindämmung der Pandemie mittels Contact Tracing setzt darauf, dass möglichst viele Infizierte isoliert werden. Somit sollen sie keine weiteren Personen ansteckten. Doch das funktioniert nur, wenn die meisten Fälle auch registriert werden.

Ein neuer Beschluss aus dem Kanton Waadt sorgt in diesem Zusammenhang für Aufregung: Seit Neuestem sollen sich im am schwersten vom Coronavirus betroffenen Kanton Waadt nur noch Menschen mit deutlichen Covid-19-Symptomen testen lassen.

Salathé kritik waadt coronavirus
Die Massnahme des Kantons Waadt stösst bei Epidemiologe Marcel Salathé auf Kritik. - twitter.com/marcelsalathe_d

Damit sei die bisherige Strategie zur Eindämmung nicht mehr möglich, warnt Epidemiologe Marcel Salathé: Es drohe ein Kontrollverlust. Auch im Kanton Thurgau wird gewarnt, dass die Tests knapp werden.

BAG warnt vor Test-Engpass

Das BAG beschwichtigt: «Zum aktuellen Zeitpunkt stehen genügend Materialien für die Covid-19-Testung zur Verfügung», erklärt BAG-Sprecher Jonas Montani auf Anfrage.

Die Lagerbestände seien jedoch niedrig, gesteht das Bundesamt ein: «Aufgrund der bereits langanhaltenden enormen Nachfrage nach solchen Tests war ein grösserer Aufbau von Lagern nicht möglich. Erste Erhöhungen der Liefermengen konnten jedoch diese Woche bereits mit ausgewählten Lieferanten vereinbart werden.»

Coronavirus weniger Tests
Eine Probe wird für den Test auf das Coronavirus vorbereitet. - Keystone

Doch das BAG gesteht ein, dass es möglicherweise zu Engpässen kommt: Der Testbedarf steige und die globale Nachfrage sei gross. Daher «muss in den nächsten Monaten mit einer begrenzten Menge an zur Verfügung stehenden Testmaterialien gerechnet werden». Eine Anpassung der Testkriterien – mit entsprechend negativen Folgen fürs Contact Tracing – wäre dann die Folge.

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