Ein Vater hat bei einem Flugzeugunglück in Bivio GR seinen Sohn (6) verloren. Als Entschädigung wurden ihm von Versicherungen 40'000 Franken angeboten.
Bivio GR
Am 12. Juni 2021 prallte ein Motorflugzeug in Bivio GR mit einem Segelflugzeug zusammen. Bei dem Unglück starben fünf Menschen. Darunter auch der sechsjährige Mattias. - sda - Kapo GR

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Vater spricht über den Verlust seines Sohnes (6), der bei einem Flugzeugabsturz starb.
  • Alessio Stivala hat viele Fragen zum verheerenden Unfall mit fünf Toten im Sommer 2021.
  • Der Abschlussbericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) soll in Kürze erscheinen.
Ad

«Jeden Tage denke ich an Matthias in seinem Flugzeug», sagt Alessio Stivala. Der Vater aus Colombier NE hat seinen sechsjährigen Sohn bei einem Flugzeugunglück in Graubünden verloren.

Zum ersten Mal spricht der 44-Jährige nun öffentlich über seinen schweren Verlust. «Matthias war die absolute Liebe. Es war fantastisch Vater zu sein. Das war mein Traum», sagt der Mann gegenüber der «SonntagsZeitung».

Haben Sie die Berichterstattung zur Flugzeugkollision in Bivio GR vor zweieinhalb Jahren mitverfolgt?

Am 12. Juni 2021 hob ein Motorflugzeug vom Flughafen in Colombier ab. Auf einer Höhe von 3200 Metern kollidierte die Maschine mit einem Segelflugzeug aus dem Thurgau. Beide Maschinen stürzten beim Piz Neir in den Bündner Alpen in die Tiefe.

Bei dem Unglück oberhalb von Bivio GR starben fünf Menschen: Der sechsjährige Matthias, seine Mutter (41), die beiden Piloten aus Neuenburg (70 und 44) und jener des Segelflugzeugs (51).

«Die Realität ist, dass ich innerlich tot bin.»

Zweieinhalb Jahre sind seit dem Unfall oberhalb von Bivio vergangen. Für Stivala ist es ein Albtraum, der nicht enden will: «Heute habe ich etwas Energie, aber schon morgen bin ich wieder am Boden zerstört. Die Realität ist, dass ich innerlich tot bin.» Nur für seine Frau stehe er noch auf, sagt Mattias' Vater, der sich das Sorgerecht mit dessen Mutter teilte.

«In den ersten vier Jahren seines Lebens kümmerte ich mich fast alleine um ihn. Wir waren wie verschmolzen miteinander. Ich dachte: Hoffentlich passiert ihm nie etwas, aber jetzt ist ihm doch was passiert.» Stivala erzählt von Albträumen – und schreiendem Erwachen.

Bivio GR
Diese Grafik zeigt, wie es zum Unglück am 21. Juni 2021 zwischen dem Motorflugzeug und dem Segelflugzeug oberhalb von Bivio GR kommen konnte. - Keystone

Viele Fragen quälen den Vater von Mattias zweieinhalb Jahre nach dessen Tod oberhalb von Bivio. Er wundert sich etwa, warum vor einem solchen Flug nicht die Erlaubnis beider Elternteile eingeholt werden müsse. Denn Stivala wusste nicht, dass seine Ex-Frau einen Flug geplant hatte. «Dagegen hätte ich mich sonst gewehrt.»

«Versicherungen boten den Preis eines Autos – für ein Kind!»

Weitere Fragen, die sich der 44-Jährige nach der Flugzeugkollision oberhalb von Bivio stellt: «Wie ist es möglich, dass die Kollisionsvermeidungssysteme nicht funktionieren oder ausgeschaltet sind? Wie ist es möglich, dass wichtige Software nicht aktualisiert wird, wie es im Untersuchungsbericht heisst?»

In diesem Abschlussbericht ist demnach auch ersichtlich, dass die Rettungskräfte erst mehr als 16 Stunden nach dem Zusammenstoss alarmiert wurden. Stivala fragt sich deshalb auch: «Wie ist es möglich, dass man nicht merkt, dass ein Flugzeug verschwunden ist?»

flugzeugunfall in Bivio GR
Die Untersuchung zu den möglichen Unfallursachen war aufwendig und dauerte mehrere Monate. Der Abschlussbericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) soll in Kürze veröffentlicht werden. - Kantonspolizei Graubünden

Unerträglich sind für den Vater auch die Entschädigungsangebote, die er von Versicherungen erhalten habe. «Sie boten mir 30'000 bis 40'000 Franken für Mattias. Der Preis eines Autos – für ein Kind! Das ist unanständig.»

Stivala hat einen Anwalt eingeschaltet, um Antworten zu erhalten. «Und damit die Verantwortlichen zahlen.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

VersicherungenSegelflugzeugFlughafenMaschinenFrankenEnergieMutterLiebeTodVaterAbsturzFlugzeugabsturz