Feuerameisen: Hunger treibt sie zum Kannibalismus
Bei Hunger greifen rote Feuerameisen ihre Königinnen an und fressen sie – ausgelöst durch Vibrationen, nicht Chemie.

Rote Feuerameisen werden bei Hunger zu Kannibalen. In Zeiten von Hungersnot greifen die Arbeiterinnen gezielt ihre Königinnen an und verschlingen sie. Über dieses «ungewöhnliche Verhalten» berichtet ein Forschungsteam um den Schweizer Ameisenforscher Laurent Keller in einer neuen Studie im Fachblatt «Current Biology».
Die Erkenntnis könnte neue Ansätze zur Kontrolle der invasiven und aggressiven Ameisenart liefern, wie Keller der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. «Wenn man sie in seinem Garten hat, ist es unmöglich, draussen zu essen», so Keller. In der Schweiz kommt die aus Argentinien stammende Feuerameise (Solenopsis invicta) bislang nicht vor.
Vibrationen statt Pheromone
Dafür sind laut Keller die Winter noch zu kalt. Doch weltweit breitet sich die Ameisenart immer weiter aus. Im Jahr 2023 wurde sie erstmals in Europa nachgewiesen, auf Sizilien.
In der Studie beobachten Keller und seine Kollegin Zheng Yan, wie hungernde Arbeiterameisen gezielt die geflügelten, noch unverpaarten Königinnen angriffen, die das Nest verlassen wollten, um sich zu paaren.
Der Kannibalismus wird nicht durch chemische Signale ausgelöst, wie man es bei Ameisen gewohnt ist, sondern durch Vibrationen. Während der Hungersnot stridulieren die Arbeiterinnen – das bedeutet, sie erzeugen Vibrationen, indem sie bestimmte Körperteile aneinander reiben.
Vibrationen lösen Kannibalismus aus
Diese Vibrationen werden als Signal an andere Arbeiterinnen weitergegeben und lösen in der gesamten Kolonie eine Kettenreaktion aus, die in einem kollektiven Angriff auf die jungen Königinnen gipfelt. «Es ist das erste Mal, dass ein Vibrationssignal nachgewiesen wurde, das so einen drastischen Effekt wie den Kannibalismus auslöst», erklärte Keller in einer Pressemitteilung.
Laut Keller könnte es möglich sein, solche Vibrationen gezielt einzusetzen, um das Verhalten der Ameisen zu beeinflussen und so ihre Ausbreitung in neuen Gebieten zu stoppen.










