Gericht

Wirecard-Pleite: Deutsches Gericht prüft Ansprüche von Aktionären

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Deutschland,

Nach dem Wirecard-Kollaps hoffen Zehntausende Aktionäre auf eine Teilrückzahlung aus der Insolvenzmasse.

Wirecard
Nach dem Zusammenbruch von Wirecard setzen viele Aktionäre auf eine Teilrückzahlung aus der Insolvenzmasse. (Archivbild) - dpa

Nach der Pleite von Wirecard hoffen zehntausende Aktionäre, aus der Insolvenzmasse zumindest noch ein bisschen Geld zu bekommen. Aber haben ihre Ansprüche auf Schadenersatz denselben Rang wie die Ansprüche anderer Gläubiger, denen der insolvente deutsche Zahlungsdienstleister noch Geld schuldet?

Um diese Frage ging es am Donnerstag am Bundesgerichtshof (BGH), dem obersten deutschen Zivil- und Strafgericht, in Karlsruhe. Eine Entscheidung will das BGH am 13. November verkünden.

Im konkreten Fall verlangt die Vermögensverwaltung Union Investment von Wirecard Schadenersatz. Sie wirft dem einstigen Dax-Konzern vor, über Jahre ein nicht existentes Geschäftsmodell vorgetäuscht und seine finanzielle Lage falsch dargestellt zu haben.

Hätten Anleger die Wahrheit gewusst, hätten sie keine Aktien gekauft, argumentiert die Investmentfirma. Sie hätten deswegen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Vermögensschadens.

Insolvenzverwalter bestreitet Ansprüche

Union Investment hat daher Ansprüche in Höhe von knapp 10 Millionen Euro zur Wirecard-Insolvenztabelle angemeldet. Doch Insolvenzverwalter Michael Jaffé bestreitet die Forderungen. Er hält die Forderungen von Gläubigern bei der Verteilung der Insolvenzmasse für vorrangig. Denn: Wirecard schuldet unter anderem kreditgebenden Banken und ehemaligen Angestellten viel Geld.

Aktionäre hingegen haben zwar Kursverluste erlitten, dem Konzern aber weder Geld geliehen noch sonstige Leistungen erbracht, für die Wirecard ihnen noch eine Zahlung schuldig wäre. Wären ihre Ansprüche gleichrangig, bekämen die übrigen Gläubiger sehr viel weniger Geld. Laut Insolvenzverwalter Jaffé sind die Aktionäre nur zu berücksichtigen, falls am Ende des Insolvenzverfahrens noch Geld übrig bleibt – wonach es aber nicht aussieht.

Etwa 50'000 Wirecard-Aktionäre haben laut BGH Schadenersatz in Höhe von rund 8,5 Milliarden Euro zur Insolvenztabelle angemeldet. Insgesamt fordern die Wirecard-Gläubiger 15,4 Milliarden Euro. Die Insolvenzmasse beträgt aber nur rund 650 Millionen Euro. Voraussichtlich werden die Gläubiger also in jedem Fall nur einen sehr kleinen Teil ihrer Forderungen bekommen.

Union Investment erzielt Teilerfolg

Nachdem sie am Landgericht München zunächst abgewiesen wurde, konnte die Klage von Union Investment auf Feststellung ihrer Forderungen zuletzt einen Erfolg verbuchen. Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied im September 2024 in einem Zwischenurteil, dass Aktionäre ihre Ansprüche auf Schadenersatz als einfache Insolvenzforderungen geltend machen können.

Eine klare Tendenz, ob der BGH das ähnlich sieht, wurde in der Verhandlung nicht deutlich. Auf der Seite des Insolvenzverwalters betonten die Anwälte, den Anlegern sei beim Kauf der Aktien das damit verbundene unternehmerische Risiko bewusst gewesen. Der Anwalt der Gegenseite hielt dagegen, der freie Wille der Aktionäre beim Aktienkauf sei wegen der Täuschung durch Wirecard verfälscht worden und die Investitionsentscheidung daher nicht belastbar.

Sollte der BGH zugunsten der Aktionäre entscheiden, müsste das OLG in einer zweiten Runde klären, wie hoch diese Ansprüche sind, sagt Rechtsanwalt Michael Rozijn. Dann wird sich laut dem Experten für Gesellschaftsrecht auch die schwierige Frage stellen, wonach sich die Schadenshöhe bemisst – und wie sich überhaupt nachweisen lässt, dass die von Wirecard unterlassene Information tatsächlich den Kauf der Aktien und damit später den Verlust der Aktionäre verursacht hat.

Mehr zum Thema:

Kommentare

Weiterlesen

Musterprozess beginnt
Kommunikation
2 Interaktionen
Kommunikation online

MEHR IN NEWS

teaser
3 Interaktionen
Mit Hitlergruss
trump putin
2 Interaktionen
Vor Tomahawk-Treffen
Näfels GL
Näfels GL
Demo in Bern
38 Interaktionen
Bern

MEHR GERICHT

Shutdown
3 Interaktionen
Trump unter Druck
Richter Hammer
St. Galler Gericht
Gericht Justizia
Untersuchung
René Benko
5 Interaktionen
Prozess

MEHR AUS DEUTSCHLAND

Laura Dahlmeier
Deutschland
Hacker
Cyberangriffe
Mann mi Messer
8 Interaktionen
«Teufel im Kopf»
Dorothee Elmiger deutscher Buchpreis
1 Interaktionen
Auszeichnung