Wehrdienst: Deutsche Koalition beschliesst Kehrtwendung

Gerrit Fredrich
Gerrit Fredrich

Deutschland,

Nach wochenlangem Ringen hat sich Deutschlands Koalition auf eine Reform beim Wehrdienst geeinigt.

wehrdienst
Der Wehrdienst soll für junge Menschen wieder attraktiver werden. - keystone

Nach monatelangen Verhandlungen haben Union und SPD einen Kompromiss zur Neuordnung des Wehrdienstes erzielt. Die Einigung sieht ab 2026 eine verpflichtende Musterung für alle jungen Männer vor, berichtet «T-Online».

Reservistenappell
Die deutsche Koalition beschliesst eine Kehrtwendung beim Wehrdienst. (Symbolbild) - dpa

Der Beschluss markiert einen historischen Wendepunkt in der deutschen Sicherheitspolitik seit Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011.

Verteidigungsminister Boris Pistorius präsentierte am Donnerstagmorgen gemeinsam mit den Fraktionschefs die konkreten Pläne, wie das «ZDF» meldet.

Wehrdienst: Fragebogen für 700'000 Achtzehnjährige

Ab Januar 2026 erhalten alle 18-Jährigen einen Fragebogen zur Erfassung von Motivation und Eignung, berichtet der «Tagesspiegel». Für Männer ist das Ausfüllen verpflichtend, Frauen können freiwillig teilnehmen.

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Die flächendeckende Musterung aller Männer ab Jahrgang 2008 soll laut «SRF» ab Juli 2027 beginnen. Rund 300'000 junge Männer werden jährlich gemustert, wie die «Bundesregierung» auf ihrer Website mitteilt.

Freiwilligkeit mit Hintertür zur Pflicht

Das Modell setzt zunächst auf Freiwilligkeit und finanzielle Anreize für den Wehrdienst. Die monatliche Vergütung beträgt rund 2600 Euro (2393 Franken), berichtet «T-Online».

Bei längerer Verpflichtung erhalten Freiwillige zusätzlich Zuschüsse für den Führerschein. Erst ab zwölf Monaten Dienst werden sie zu Soldaten auf Zeit, wie die «Bundesregierung» erklärt.

Sollten sich nicht genügend Freiwillige melden, kann der Bundestag eine sogenannte Bedarfswehrpflicht beschliessen. Dabei könnte nach Zufallsprinzip ausgelost werden, wer dienen muss, berichtet das «SRF».

Ziel 460'000 Soldaten bis 2035

Die Bundeswehr soll massiv wachsen, um NATO-Verpflichtungen zu erfüllen. Bis 2035 strebt Deutschland 260'000 aktive Soldaten und 200'000 Reservisten an, meldet «T-Online».

Es gibt etwa 1500 Zeit- und Berufssoldaten sowie freiwillig Wehrdienstleistende weniger als ein Jahr zuvor.
Union und SPD haben einen Kompromiss zur Neuordnung des Wehrdienstes erzielt. (Symbolbild) - Frank May/dpa

Das bisherige Ziel von 203'000 Soldaten wurde nie erreicht. CDU-Fraktionschef Jens Spahn betonte die Notwendigkeit verbindlicher Aufwuchspfade mit halbjährlicher Berichtspflicht an den Bundestag.

Die veränderte sicherheitspolitische Lage durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine macht diese Massnahmen aus Sicht der Koalition unausweichlich. Der Bundestag soll das Gesetz bereits im Dezember verabschieden, berichtet die «Bundesregierung».

Kritik von Opposition und Bevölkerung

Die Grünen bezeichneten den Kompromiss als Verschlimmbesserung der ursprünglichen Pläne, berichtet das «ZDF». Die Linke kündigte Hilfsangebote für Kriegsdienstverweigerer an.

Laut ZDF-Politbarometer lehnen 84 Prozent der Deutschen ein Losverfahren für den Wehrdienst ab. Pistorius zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass Freiwilligkeit ausreichen werde, wie «T-Online» berichtet.

Parallel zur Bundeswehr sollen die zivilen Freiwilligendienste um 15'000 Stellen aufgestockt werden. Ab 2027 stehen dafür jährlich 80 Millionen Euro zusätzlich bereit, meldet das «ZDF».

Kommentare

User #6998 (nicht angemeldet)

Die Politik verkauft das neue Modell als „freiwilligen Dienst“, aber in Wahrheit ist es die Rückkehr der Wehrpflicht durch die Hintertür. Musterung für alle, Tauglichkeitsprüfung für alle – und wenn nicht genug Freiwillige kommen, wird der Pflichtdienst einfach aktiviert. Merz & Co. nennen das Verantwortung, faktisch ist es ein geschickt verpackter Zwang.

User #1530 (nicht angemeldet)

Habe ich das richtig verstanden. Die Musterung ist verpflichtend aber der Dienst fteiwillig ?

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