Pistorius-Reform stockt: Warum der Wehrdienst scheitert
Der Wehrdienst-Streit in der Koalition eskaliert. Pistorius will auf Freiwilligkeit setzen, doch die Union blockiert.

Verteidigungsminister Boris Pistorius verteidigt seinen Gesetzentwurf gegen das umstrittene Losverfahren der Union im Konflikt um die Wehrpflicht. Der Bundestag berät am Donnerstag über das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz, während Pistorius gegen Sabotage-Vorwürfe kämpft.
Der Kompromiss zwischen Union und SPD scheiterte am Dienstag, berichtet das «ZDF». Die geplante Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt, nachdem der Verteidigungsminister sein Veto eingelegt hatte.
Boris Pistorius im Verteidigungsmodus
Pistorius wehrt sich gegen die Kritik des Unionspolitikers Norbert Röttgen entschieden. Er torpediere nicht und sei nicht destruktiv, sagte der SPD-Politiker dem «Tagesspiegel».

Er habe lediglich Bedenken gegen die Änderung zweier elementarer Stellen seines Gesetzentwurfs geäussert.
Musterung statt Losverfahren gefordert
Die Bundeswehr brauche flächendeckende Musterungen ab 2027, betont Pistorius. Diese seien im aktuellen Kompromiss nicht enthalten, wie «evangelisch.de» berichtet.
Der Minister stellte sich damit gegen das vorgeschlagene Losverfahren. Dieses würde zu viel Zeit kosten, argumentiert der Verteidigungsminister weiter.
Die Truppe müsste bei allen ausgelosten jungen Männern noch einmal aktiv werben. Das verzögere den dringend notwendigen Aufbau der Bundeswehr erheblich.
Gesetzentwurf setzt auf Freiwilligkeit
Das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz tritt nach derzeitigen Planungen am 1. Januar 2026 in Kraft. Alle jungen Männer müssen dann einen digitalen Fragebogen ausfüllen, erklärt das Bundesverteidigungsministerium auf seiner Website.
Frauen können den Fragebogen freiwillig beantworten. Der Sold im neuen Wehrdienst liegt bei rund 2200 Euro (rund 2044 Franken) netto.
Alle Wehrdienstleistenden werden als Soldatinnen und Soldaten auf Zeit berufen, berichtet die «taz». Das bedeutet deutlich bessere Bezüge als bisher.
Union fordert Pflichtelemente
Die Union favorisiert ein vierstufiges Modell mit Losverfahren im Bedarfsfall. Wenn sich nicht genügend Freiwillige melden, sollen ausgeloste Männer verpflichtet werden.
Die SPD lehnt diesen Vorschlag ab. Grünen-Fraktionschefin Britta Hasselmann kritisierte das Losverfahren als «total amateurhaft», so der «Bayrische Rundfunk».

Die Bundeswehr sei keine Losbude, der Wehrdienst keine Lotterie, sagte sie laut «Kurierverlag». Auch der Linken-Chef Jan van Aken bezeichnete das Verfahren als makaber.
Debatte im Bundestag am Donnerstag
Die erste Lesung des Gesetzentwurfs findet am Donnerstag um 16.15 Uhr statt. Das 104 Seiten umfassende Gesetzesvorhaben wird trotz fehlender Einigung zwischen den Koalitionspartnern beraten.
Der Ausgang der parlamentarischen Beratungen bleibt offen, berichtet «mannheim24.de». Pistorius sieht den Zeitplan für das Vorhaben nicht gefährdet.
Dass es bei Inhalten und Verfahren «mal rumpelt», sei «doch völlig normal», sagte er laut der «Zeit». Die Bundesregierung halte am Ziel fest, den Gesetzgebungsprozess bis Jahresende abzuschliessen.