In der Türkei wird morgen gewählt. Das Land muss sich zwischen Erdogan und Kilicdaroglu entscheiden. Ein Überblick.
Präsident Recep Tayyip Erdogan (69) hat keine landesweite Wahl verloren, seit seine islamisch-konservative AKP 2002 an die Macht kam.
Präsident Recep Tayyip Erdogan (69) hat keine landesweite Wahl verloren, seit seine islamisch-konservative AKP 2002 an die Macht kam. - Khalil Hamra/AP/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am Sonntag finden in der Türkei Wahlen statt.
  • Kemal Kilicdaroglu darf sich als Kandidat der Opposition gute Chancen ausrechnen.
  • Ein Überblick über die Kandidaten.

Seit 20 Jahren sitzt Recep Tayyip Erdogan (69) in der Türkei an den Schalthebeln der Macht. Nun steht er vor der schwierigsten Wahl seiner Karriere. Zwei Kandidaten treten gegen den türkischen Präsidenten an – und einer hat gute Aussichten, ihn zu schlagen. Ein Überblick über die Kandidaten.

Der Amtsinhaber: Recep Recep Tayyip Erdogan

Erdogans islamistisch-konservative AKP kam 2002 an die Macht. Seitdem hat der Präsident keine landesweite Wahlen mehr verloren. 2003 wurde er Ministerpräsident, 2014 Staatspräsident.

In seinen ersten Regierungsjahren brachte Erdogan einen beachtlichen Wirtschaftsaufschwung. Inzwischen kämpft die Türkei jedoch mit einer massiven Inflation und hoher Arbeitslosigkeit.

Unter Erdogan wechselte die Türkei 2018 zu einem Präsidialsystem. Seitdem kann er weitgehend per Dekret am Parlament vorbei regieren. Die EU-Kommission attestierte der Türkei zuletzt demokratische Rückschritte und zunehmenden Druck auf die Zivilgesellschaft.

Im Wahlkampf versucht Erdogan mit prestigeträchtigen Projekten, etwa in der Rüstungsindustrie, zu punkten. Die Türkei sei nur unter seiner Führung gross und stark, so stellt er es dar. In den vergangenen Jahren führte er eine teils aggressive Aussenpolitik. Im Ukraine-Krieg gibt er sich als Vermittler.

Erdogan verspricht, die Inflation – die unter seiner Führung Rekorde erreicht hat – in den Griff zu bekommen. Ausserdem will er die Erdbebenregion schnell wieder aufbauen. Unterstützt wird er von der ultranationalistischen MHP und kleinen islamistischen Parteien.

Der Herausforderer: Kemal Kilicdaroglu

Ein neues Gesicht ist auch Kemal Kilicdaroglu (74) wahrlich nicht. Seit 13 Jahren steht er an der Spitze der grössten Oppositionspartei CHP. Die jüngsten Umfrageergebnisse sprechen aber für Kilicdaroglu.

Seine Versprechen: Demokratie stärken, Inflation und Korruption bekämpfen. Zudem setzt er auf eine schärfere Migrationspolitik. Er präsentiert sich als Gegenentwurf zu Erdogan: Ruhiges, statt markiges Auftreten – Wahlkampfvideos aus der Küche, statt der Einweihung von Grossprojekten.

2019 entriss die Opposition bei den Kommunalwahlen dank geschickter Bündnisse Istanbul und Ankara aus den Händen der Regierung. Dieses Kunststück will Kilicdaroglu nun landesweit wiederholen.

Dafür hat er sechs Parteien unter sich zusammengebracht: von nationalistisch über konservativ und ultrareligiös bis zu seiner eigenen säkularen Mitte-Links Partei CHP. Zudem unterstützt ihn die linksgerichtete prokurdische HDP, die als Königsmacher gilt. Alle wollen das Präsidialsystem abschaffen und die Türkei wieder in eine parlamentarische Demokratie überführen.

Der Aussenseiter: Sinan Ogan

Der 55 Jahre alte Sinan Ogan steht im Schatten von Erdogan und Kilicdaroglu. Er tritt als Kandidat für eine kleine nationalistische Allianz zur Präsidentenwahl an. Rechnerisch hat er aber keine Chance.

Der Aussteiger: Muharrem Ince

Der vierte Kandidat, Muharrem Ince von der kleinen Vaterlandspartei, hatte seine Kandidatur am Donnerstag zurückgezogen. Wie «SRF» berichtet, hätte er Umfragen zufolge mit etwa 2 Prozent der Stimmen rechnen können.

Sein Rückzug dürfte der Opposition um Kilicdaroglu weiteren Auftrieb geben. Auch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Wahl in der ersten Runde entschieden wird. Falls keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent erreicht, geht es am 28. Mai in die Stichwahl.

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