Wladimir Putin hat nach Überzeugung der US-Regierung inzwischen ausreichend militärische Kräfte für einen möglichen Angriff auf die Ukraine zusammengezogen.
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Russland ist laut britischen Militärexperten mit der Ausrüstung und dem Training der Rekruten überfordert. (Archivbild) - Keystone

«Wir glauben zwar nicht, dass Präsident Putin den endgültigen Beschluss gefasst hat, diese Kräfte gegen die Ukraine einzusetzen», sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Freitag vor Journalisten im Pentagon. «Aber er verfügt jetzt eindeutig über diese Fähigkeit. Und es stehen ihm mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, darunter die Einnahme von Städten und bedeutenden Territorien.» Denkbar seien aber auch «provokante politische Aktionen» wie die Anerkennung abtrünniger Gebiete.

Austin und Generalstabschef Mark Milley riefen Putin zur Deeskalation auf. «Wir glauben, dass eine diplomatische Lösung hier der richtige Weg ist», sagte Milley. Austin betonte: «Ein Konflikt ist nicht unvermeidlich, es gibt noch Zeit und Raum für Diplomatie.»

Milley warnte für den Fall einer russischen Invasion vor zahlreichen zivilen Opfern in der Ukraine. «In der gesamten Ukraine gibt es viele Menschen und sehr dicht besiedelte Zentren», sagte Milley, der als ein Beispiel die Hauptstadt Kiew nannte. «Und wenn ein Krieg in einem Ausmass, das möglich ist, ausbrechen sollte, wird die Zivilbevölkerung extrem darunter leiden.» Sollten die gesammelten russischen Kräfte die Ukraine angreifen, würde das «zu einer beträchtlichen Anzahl von Opfern führen. Und Sie können sich vorstellen, wie das in dichten städtischen Gebieten, entlang von Strassen und so weiter und so fort, aussehen würde. Es wäre entsetzlich, es wäre schrecklich.»

Milley sagte, Russland habe mehr als 100 000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Ein Angriff könnte demnach «mit sehr, sehr wenig Vorwarnung» erfolgen. Austin sagte, die 8500 Soldaten in den USA, die wegen des Konflikts in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt wurden, hätten bislang keinen Marschbefehl erhalten. Austin betonte auch: «Der Präsident hat deutlich gemacht, dass keine Truppen zu Kampfzwecken in der Ukraine eingesetzt werden.»

Auf Anordnung Bidens waren am Montag 8500 Soldaten in den USA in erhöhte Bereitschaft versetzt worden, um bei Bedarf eine schnelle Verlegung in Nato-Staaten in Europa zu ermöglichen. Biden hatte betont, das sei keine Provokation, sondern eine Vorsichtsmassnahme, um Sorgen der osteuropäischen Nato-Mitglieder zu begegnen. In Europa sind regulär auch ausserhalb von Krisenzeiten Zehntausende US-Soldaten stationiert, darunter rund 35 000 in Deutschland.

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte - was Moskau dementiert. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Die Bemühungen um eine Entschärfung des Konflikts dauern seit Wochen an.

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