Ein Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri zeigt, dass die Rüstungsimporte in Europa stark gestiegen sind. Grund ist der Ukraine-Krieg.
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Ukrainische Soldaten nahe Bachmut. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Rüstungsimporte in Europa haben sich 2022 wegen des Ukraine-Kriegs fast verdoppelt.
  • Zudem ist die Ukraine zum drittgrössten Waffenimporteur aufgestiegen.
  • Das Volumen der Rüstungslieferungen zwischen Staaten nahm weltweit dagegen um 5,1% ab.
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Die vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste Zeitenwende schlägt in Europa mit voller Kraft auf den Rüstungsmarkt durch.

Die Einfuhren schwerer Waffen wie Panzer, Kampfjets und U-Boote nach Europa stiegen um 47 Prozent an. Dies im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträumen. Die Einfuhren in europäische Nato-Staaten stiegen sogar um 65 Prozent.

Dies geht aus einem Bericht hervor, den das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Stockholm am Montag veröffentlichte. Die Ukraine stieg in Folge des russischen Überfalls im Februar 2022 zum drittgrössten Importeur von Rüstungsgütern weltweit auf.

Weltweit nahm das Volumen der Rüstungslieferungen zwischen Staaten dagegen um 5,1 Prozent ab. Die USA bleiben Branchenprimus, Deutschland bleibt einer der fünf grössten Lieferanten.

Pieter Wezeman, ein Forscher am Sipri, sagte: «Auch wenn die Waffentransfers weltweit zurückgegangen sind, sind diejenigen nach Europa stark gestiegen. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine wollen europäische Staaten mehr Waffen importieren – und das schneller.»

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Ukrainische Soldaten nahe der umkämpften Stadt Bachmut. Ein Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri legt nahe, dass Rüstungsimporte nach Europa stark gestiegen sind. (Symbolbild) - AFP

Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der von diesen Staaten gekauften Waffen stammen aus den USA. 5,1 Prozent stammt aus Deutschland. Die Ukraine wurde schlagartig einer der grössten Abnehmer: Seit ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 hatte sie kaum schwere Waffen eingeführt.

2022 wurde sie durch die Militärhilfen aus den USA und Europa jedoch weltweit zur Nummer drei. Nur Katar und Indien importierten noch mehr.

Im Zeitraum 2018 bis 2022 steht die Ukraine mit 2,0 Prozent der globalen Einfuhren auf Platz 14. Ihr drittgrösster Lieferant hinter den USA und Polen ist Deutschland.

Kaum Waffenlieferungen an Ukraine vor 2022

«Vor 2022 gab es kaum Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie lagen auf einem sehr niedrigen Niveau. Vor allem, wenn man ihre Grösse und die Tatsache bedenkt, dass sie sich seit 2014 im Krieg befindet.»

Das sagte Wezeman der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei der eine Teil, der sich deutlich verändert habe.

«Europäische Staaten haben in den vergangenen zehn Jahren erheblich auf die gestiegene Bedrohung durch Russland reagiert.» Die zunehmende Nachfrage durch die meisten europäischen Länder dürfte die Importzahlen in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch viel stärker prägen.

Soll die Schweiz Waffenlieferungen an die Ukraine ermöglichen?

Die USA und Russland sind seit Jahrzehnten die weltweit dominierenden Waffenlieferanten. Doch ihr Abstand zueinander wächst: Die USA sind mit einem Anteil von nun 40 Prozent weiterhin Nummer eins unter den Exporteuren. Demgegenüber ging Russlands Anteil deutlich auf 16 Prozent zurück.

Frankreich ist Nummer drei mit starken Zugewinnen auf 11 Prozent. Die dortige Rüstungsindustrie hat auch noch deutlich mehr ausstehende Grossaufträge als Russland. Deshalb hält man es bei Sipri nicht für ausgeschlossen, dass Frankreich Russland überholt.

Sipri: Trend wird sich fortsetzen

Das Volumen der russischen Rüstungsexporte sank im Vergleich der Zeiträume 2013-2017 und 2018-2022 um 31 Prozent. Dies besonders stark in den vergangenen drei Jahren.

Die Forscher glauben, dass sich dieser Trend wegen des Ukraine-Kriegs fortsetzen wird: Russlands Streitkräfte bräuchten die Waffen selbst. Zudem dürfte die Nachfrage aus anderen Ländern gering bleiben. Dies wegen der Sanktionen gegen Russland und des zunehmenden Drucks des Westens auf diese Staaten.

Komplettiert werden die fünf grössten Exportländer durch China und Deutschland. Das deutsche Exportvolumen ging dem Bericht zufolge im Fünfjahresvergleich um 35 Prozent zurück.

Damit hatte die Bundesrepublik einen Anteil von 4,2 Prozent an den globalen Exporten (zuvor: 6,1 Prozent). Staaten im Nahen Osten waren die grössten Abnehmer deutscher Rüstungsgüter.

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Russlands Präsident Wladimir Putin. - keystone

«Bei Deutschland haben wir solche Schwankungen schon zuvor gesehen. Das hängt oft mit einer relativ kleinen Zahl an grösseren Aufträgen für Marineausrüstung zusammen, besonders für U-Boote und Fregatten.» Das sagte Wezeman vom Sipri.

Bei mehreren Grossprojekten habe es Verzögerungen gegeben, etwa bei U-Boot-Lieferungen an die Türkei, Israel und Singapur. «Darauf basierend wäre es nicht verwunderlich, wenn die deutschen Rüstungsexporte wieder steigen würden.»

Die Daten vom Institut Sipri beziehen sich auf das Volumen der Waffenlieferungen, nicht auf deren finanziellen Wert. Dem unabhängigen Institut geht es dabei um langfristige globale Trends: Die Friedensforscher legen den Fokus auf Fünfjahreszeiträume statt auf Einzeljahre.

Dies, da das Volumen von Jahr zu Jahr je nach Auftragslage stark schwanken kann. Bei der Ukraine machten sie diesmal kriegsbedingt eine Ausnahme.

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