Russischer Staatsterror? Prozess um geplanten Mord
Ein Russe soll im Auftrag der tschetschenischen Regierung den Mord an einem in Deutschland lebenden Oppositionellen geplant haben. Jetzt kommt der Fall in München vor Gericht.

Das Wichtigste in Kürze
- Vor einem halben Jahr führte das Urteil im «Tiergarten-Mord» zu diplomatischen Verwicklungen zwischen Russland und Deutschland.
Vor dem Oberlandesgericht München geht es heute nun um einen ganz ähnlichen Fall.
Der Russe Valid D. soll im Auftrag der tschetschenischen Regierung den Mord an einem in Deutschland lebenden Oppositionellen und Kritiker des Putin-treuen tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow vorbereitet haben.
«Anklage wegen Sichbereiterklärens zu einem Mord im staatlichen Auftrag», schreibt der Generalbundesanwalt in seiner Mitteilung. Er wirft ihm ausserdem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstösse gegen das Waffengesetz vor.
Fall erinnert an Tiergarten-Mord
Der Fall ähnelt dem «Tiergarten-Mord» in Berlin. Wegen der Erschiessung eines Georgiers im August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten war ein Russe Mitte Dezember 2021 zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Im Urteil war von «Staatsterrorismus» die Rede: Nach Überzeugung der Richter handelte der 56-Jährige im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Russland wies solche Vorwürfe zurück. Das Urteil führte zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Deutschland und Russland. Beide Staaten wiesen jeweils mehrere Diplomaten des anderen Landes aus.
«Vom Prinzip her ist der Fall ähnlich gelagert, wie der Tiergarten-Mord», sagte die Tschetschenien-Expertin Miriam Katharina Hess von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. «Man kann ihn in die Tradition russischer Auftragsmorde in Europa setzen.»
Tat war offenbar geplant
Das Vorgehen sei immer das gleiche, sagt Hess: Das Ziel sei immer jemand, der sich kritisch über die russische Regierung oder das Kadyrow-Regime äussere. Und dann suche dieses Regime sich «eine zufällig ausgewählte Person aus der Zivilbevölkerung», die keine offensichtliche Beziehung zum russischen Staatsapparat hat.
Laut Anklagebehörde soll der nun angeklagte Mann zugesagt haben, die Tat zu begehen. Den Angaben zufolge besorgte er sich eine Schusswaffe mit Munition und Schalldämpfer, brachte die Adresse des Opfers in Erfahrung und spähte im Sommer 2020 dessen Wohnort aus. Er wurde festgenommen, bevor er die mutmasslich geplante Tat durchführen konnte.
Ob das Oberlandesgericht München in dem neuen Fall ähnlich entscheidet und auch die explizite Verbindung zu Russland herstellt, wie es das Berliner Gericht getan hat, ist nun die spannende Frage.