Lüönd: Wie ich als starke Frau in der Schweiz kämpfen muss!

Alexandra Lüönd
Alexandra Lüönd

Zürich,

Frauen würden auf den nächsten Karriereschritt verzichten, weil Stärke oftmals negative Konsequenzen habe, schreibt Alexandra Lüönd in ihrer Kolumne.

Alexandra Lüönd
Nau.ch-Kolumnistin Alexandra Lüönd. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Alexandra Lüönd schreibt eine monatliche Kolumne über Beauty-Themen.
  • Heute berichtet sie über ihre Reise als erfolgreiche Unternehmerin.
  • Mächtige Frauen seien in der hiesigen Wirtschaft nicht wirklich willkommen.

Ich werde oft gefragt, wie schwierig es war, als junge Frau ein Unternehmen aufzubauen. Meine ehrliche Antwort? Überhaupt nicht schwieriger, als wenn ich ein junger Mann gewesen wäre.

Denn: So richtig hart wurde es erst in den letzten Jahren.

Am Anfang meiner Reise als Unternehmerin sind mir die Herzen nur so zugeflogen. Ich war motiviert, fleissig und stets dankbar für alle Erklärungen und Zusprüche.

Hast du Angst vor mächtigen Frauen?

Ich habe zugehört, Verständnis gezeigt, Kompromisse gesucht. Dafür wurde ich gelobt: Ich sei unglaublich sympathisch und talentiert, ist mir immer wieder zu Ohren gekommen.

Plötzlich änderte sich die Tonlage

Doch mit dem Wachstum kamen neue Aufgaben hinzu: Harte Entscheidungen. Grosse Verantwortung. Viel Macht. Noch viel mehr Geld. Und Sichtbarkeit.

Lüönd
Lüönd im Austausch mit internationalen Partnern während eines Besuchs in Shanghai. - zvg

Der Höhepunkt: Ich wurde 2024 vom Wirtschaftsmagazin «Bilanz» zur reichsten und erfolgreichsten Schweizer Unternehmerin unter 40 Jahren gekürt. Plötzlich änderte sich die Tonlage bei gewissen Leuten.

Bilanz.
Die Nau.ch-Kolumnistin wird 2024 vom Wirtschaftsmagazin «Bilanz» zu den erfolgreichsten Unternehmerinnen unter 40 Jahren gezählt. - zvg

Unsere Gesellschaft hat kein Problem, bis...

Ich war nicht mehr «ehrgeizig», sondern «verbissen». Nicht mehr «klar», sondern «hart». Nicht mehr «selbstbewusst», sondern «arrogant». Nicht mehr «unternehmerisch», sondern «unsympathisch».

Nicht, weil ich mich verändert hätte. Sondern weil ich aufgehört habe, mich ständig zu relativieren.

Unsere Gesellschaft hat kein Problem mit erfolgreichen Frauen. Solange sie angenehm bleiben...

Dann dürfen Frauen auch viel leisten, viel arbeiten, viel erreichen. Hauptsache, sie bleiben dankbar, lächeln und überfordern niemanden. Erfolg ist akzeptiert. Die Macht nicht.

Grosse Unterschiede zwischen Mann und Frau

Ganz anders beim Mann. Er ist ambitioniert! Sie immer unzufrieden. Er ist durchsetzungsstark. Sie kalt. Er ist unternehmerisch. Sie materialistisch.

Nein, das ist nicht einfach nur mein Gefühl. Das ist belegt.

In einem Experiment der Harvard Business School erhielten MBA-Studierende zwei identische Fallstudien über eine extrem erfolgreiche Führungsperson. Der einzige Unterschied: In der einen Version hiess sie «Howard», in der anderen «Heidi».

Beide wurden als gleich kompetent eingeschätzt. Aber Howard galt als sympathisch und jemand, für den man gerne arbeiten würde. Heidi hingegen als aggressiv und unangenehm. Gleiches Verhalten. Andere Bewertung.

Kein Ausspielen von Geschlechtern

Ich erlebe diesen Mechanismus täglich. Wenn ich mich klar positioniere, wenn ich Nein sage. Wenn ich entscheide. Oder wenn ich meine Erfolge feiere.

Das soll jetzt kein Opfer-Narrativ sein. Und schon gar nicht ein Ausspielen von Geschlechtern.

Ich habe im Sommer hier in meiner Nau.ch-Kolumne geschrieben, was ich von Schweizer Frauen halte, die nur über ihre männlichen Kollegen ablästern: «Dieser Männerhass ist einfach nur peinlich!»

Aber es ist eine Feststellung – und eine wichtige Lektion für uns alle: Stärke hat Konsequenzen.

Viele Frauen verzichten vielleicht auch deshalb auf den nächsten Karriereschritt, auf mehr Sichtbarkeit, auf mehr Einfluss. Nicht aus mangelnder Fähigkeit, sondern aus Angst vor sozialer Ächtung. Aus Angst vor dem Etikett «Bossy».

Ich bezahle den Preis

Ich habe mich entschieden, diesen Preis zu zahlen. Nicht, weil es immer leicht ist. Sondern weil mir die emotionale Freiheit wichtiger ist als öffentliche Gefälligkeit.

Frauen sind in der Schweiz nicht von Beginn an benachteiligt. Sie sind in der hiesigen Wirtschaft sehr willkommen. Aber mächtige Frauen? Selbstbewusste Frauen? Erfolgreiche Frauen? Bloss nicht.

Schade, liebe Schweiz.

Alexandra Lüönd
Alexandra Lüönd. - zvg

Zur Autorin

Alexandra Lüönd ist eine führende Unternehmerin im Beauty- und Medical-Retail. Als Gründerin der Beauty2Go-Kliniken sowie «Brows & Brows» schuf sie die grössten Ästhetik-Ketten in der Schweiz. Mit «Brows & Brows» revolutioniert sie die PMU-Branche. Die 38-Jährige schreibt regelmässig Kolumnen für Nau.ch.

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