Luises Tod vor Gericht: Wie läuft ein Zivilprozess ab?
Die 12-jährige Luise wurde im März 2023 erstochen, zwei Kinder gestanden die Tat. Vor Gericht kam der Fall nicht – bis jetzt. Der Zivilprozess wird heute verhandelt – um was genau geht es da?

Mehr als zwei Jahre nach der Tötung der 12-jährigen Luise aus Freudenberg in Deutschland kommt der Fall vor Gericht – allerdings nicht als Strafprozess, sondern in einem Zivilverfahren. Was genau ist der Unterschied und was passiert am heutigen Donnerstag (24. Juli)?
Luise wurde erstochen – warum gibt es keinen Strafprozess?
Zwei Mädchen im Alter von damals 12 und 13 Jahren hatten gestanden, Luise am 11. März 2023 erstochen zu haben.
Die Leiche war einige Kilometer von Luises Zuhause entfernt in einem Waldstück an der Grenze zu NRW in Rheinland-Pfalz gefunden worden. Die brutale Tat, das junge Opfer und das kindliche Alter der mutmasslichen Täterinnen hatten bundesweit schockiert.
Die beiden geständigen Täterinnen können strafrechtlich nicht belangt werden: Kinder unter 14 Jahren sind strafunmündig. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Worum geht es heute?
Luises Eltern und eine weitere Angehörige haben eine Zivilklage gegen die beiden minderjährigen Täterinnen eingereicht. Sie wollen Schmerzensgeld- und Hinterbliebenengeldansprüche durchsetzen. Ausserdem fordern sie die Erstattung von Beerdigungskosten. Anders als im Strafrecht können Kinder, die älter als sieben Jahre sind, im Zivilrecht für unerlaubte Handlungen haftbar gemacht werden.
Laut einer früheren Aussage eines Gerichtssprechers geht es um etwas weniger als 180'000 Euro, die die Hinterbliebenen fordern. «Gegenstand des Verfahrens wird alleine die Frage sein, ob und in welcher Höhe den klagenden Angehörigen von Luise Schadensersatzansprüche zustehen», schrieb das Landgericht.
Wie läuft das heute ab?
Zunächst gibt es um 14 Uhr eine Güteverhandlung. Das ist üblich und soll zu einer einvernehmlichen Lösung führen. Für den Fall einer gescheiterten Güteverhandlung hat das Gericht direkt danach einen Haupttermin bestimmt.
Die Öffentlichkeit soll laut Gericht für die Vernehmung der Beklagten ausgeschlossen werden. Ausserdem werde es eine sogenannte Videoverhandlung geben.
«Die Prozessbeteiligten haben daher die Möglichkeit, sich digital zuzuschalten und werden voraussichtlich nicht persönlich vor Ort erscheinen», hiess es. Allerdings ist bereits um 13 Uhr ein Pressestatement einer Gerichtssprecherin zu dem Fall geplant.
Was unterscheidet ein Strafverfahren von einem Zivilverfahren?
Bei einem Strafverfahren setze der Staat seine Strafnormen hoheitlich durch, erklärt Jens Adolphsen. Er ist an der Justus-Liebig-Universität Giessen unter anderem Professor für Bürgerliches Recht und nationales und internationales Zivilverfahrensrecht. «Das ist ein sogenanntes ex officio Verfahren. Das heisst, das wird von Amts wegen betrieben.»
Völlig anders sei das in einem Zivilverfahren, sagt Adolphsen. «Hier geht es um die Durchsetzung privater Rechte.» Der Staat stelle hier ein Forum zur Verfügung, habe aber kein eigenes originäres Interesse daran. «Das heisst, die Parteien bestimmen sehr stark, wie dieser Prozess abläuft.»
Was wird in dem Zivilverfahren entschieden?
«Bei jeder, wie wir sagen, unerlaubten Handlung, bei jeder Verletzung eines Menschen, bei jeder Tötung eines Menschen, stehen vielleicht anderen Menschen, hier den Hinterbliebenen, Schadensersatzansprüche zu», erklärt er. Dadurch könnten sie ihre Ansprüche durchsetzen.
«Und wenn das Strafrecht wegen des Alters der Täter eben nicht die Möglichkeit eröffnet, irgendwas zu realisieren, dann ist das Zivilrecht der einzige Weg in diesem Fall.»
Zivilverfahren werden laut Adolphsen grundsätzlich am Wohnort der Beklagten oder am Ort der unerlaubten Handlung, in diesem Fall der Tötung, verhandelt. Das Verfahren findet heute am Landgericht Koblenz statt.