Flutopfer in Deutschland empört über herzlose Spenden
Nach der Flutkatastrophe im Juli gehen im Ahrtal bis heute zahlreiche Sachspenden ein. Zu viele, wie sich jetzt zeigt. Und nicht alle sind nur gut gemeint.

Das Wichtigste in Kürze
- Für die Flutopfer des Ahrtals wurde aus ganz Deutschland gespendet.
- Jetzt sind fast alle Betroffenen versorgt, doch die Flut an Hilfsgütern reisst nicht ab.
- Darunter ist auch Abfall, der von den Absendern als Hilfsgüter eingeschickt wird.
In der Krise rückte Deutschland zusammen: Nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erlebten die zerstörten Gebiete eine beispielslose Welle der Solidarität. Tonnenweise Sachspenden wurden an die Ahr gekarrt, von Nahrungsmitteln über Kleider und Kinderspielzeug bis hin zu Hygieneartikeln.
Doch nicht hinter jeder Zuwendung verbirgt sich eine edle Absicht. Denn bei einem Teil des Materials handelt es sich um kaputte, unbrauchbare, stark verunreinigte oder schlicht pietätlose Dinge. Rund 130 grosse Müllsäcke hätten allein in der Gemeinde Schuld entsorgt werden müssen, berichtet «Focus».
Abfall als Hilfsgüter deklariert
Resi Weiler, Küsterin der Kirchgemeinde, habe «Tränen in den Augen» gehabt, als sie als Hilfsleistung deklarierte Abfälle auspacken musste. Darunter schimmelnde Decken, dreckige, getragene Unterwäsche und zerschlissene Schuhe und Kleidungsstücke.
Weiler glaubt, dass einige Menschen einfach «ihren Keller ausgeräumt und uns geschickt» hätten. Der Gipfel sei ein riesiger Karton voller alter Karnevalskostüme gewesen. «Da fällt mir nichts mehr ein», so die Helferin. «Die Leute hier haben so gelitten – und dann kommt so ein Müll».

Das sei einfach nur «traurig, sehr traurig. Ich finde das Wort nicht, mit dem man so ein Verhalten beschreiben kann.» Vermutlich hätten die Absender «keinen guten Charakter».
Weiler betont aber, dass die allermeisten Spenden sehr geholfen hätten. Sie sei sicher, dass die allermeisten Deutschen aus tiefer Überzeugung und ehrlichen Herzens handelten. «Die Spenden haben den Menschen nicht nur das Weiterleben ermöglicht, sie haben ihnen auch Mut und Kraft und Zuversicht gegeben. Dafür kann man gar nicht genug danken!»
Gemeinde nimmt keine Spenden mehr an
Doch jetzt, elf Wochen nach der Tragödie, sind die meisten Betroffenen mit dem Nötigsten versorgt. Der Strom an Hilfsgütern reisst aber nicht ab. «Es will niemand mehr etwas», sagt eine freiwillige Helferin in der Gemeinde Schuld gegenüber «Focus». «Und eigentlich wissen wir nicht, wohin mit den ganzen Sachen.»
Vor dem Eingang der Pfarrkirche von Schuld hängt ein Schild mit der Aufschrift «Bitte keine Sachspenden mehr». Erst kürzlich schickten die Verantwortlichen einen LKW-Fahrer aus Karlsruhe wieder zurück, der tonnenweise Hilfsgüter geladen hatte. Am letzten Septemberwochenende veranstaltete die Gemeinde ausserdem einen Flohmarkt, um die Güter in Geld umzuwandeln.
Was übrig bleibt, soll jetzt weiter nach Osteuropa geschickt werden. Dort finden sie dankbare Abnehmer in bedürftigen Menschen. Die Zuwendungen kommen also, wenn auch etwas weiter entfernt, noch jemandem zugute.
