Erneut Deutscher in Türkei vor Gericht
Ein Deutscher muss heute Dienstag in Istanbul vor Gericht. Ihm wird eine Mitgliedschaft zu einer Terrororganisation vorgeworfen.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Türkei steht heute ein deutscher Sozialarbeiter und Journalist vor Gericht.
- Ihm wird vorgeworfen, Mitglied einer verbotenen Partei zu sein.
Nach sieben Monaten in Untersuchungshaft steht heute Dienstag in der Türkei erneut ein Deutscher wegen angeblicher Verbindungen zu Terroristen vor Gericht. Der Kölner Sozialarbeiter und Journalist Adil Demirci war im April in Istanbul festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft Demirci unter anderem Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vor. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. Aus dem Auswärtigem Amt hiess es, Generalkonsul Michael Reiffenstuel werde den Prozess beobachten.
Der Anklageschrift zufolge, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, hat Demirci «im Namen der MLKP» in den Jahren 2013 bis 2016 an «unerlaubten Demonstrationen mit Molotov-Cocktails» teilgenommen, ausserdem an Gedenkveranstaltungen für getötete Mitglieder, die in Propagandaveranstaltungen ausgeartet seien. Es handelte sich den Gerichtsakten zufolge teilweise um Zeremonien für Mitglieder der bewaffneten Fraktion der Organisation, die in Syrien gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft hatten.
Anonyme Denunziation
Demirci weist alle Terrorvorwürfe zurück, hat aber zumindest laut Anklageschrift zugegeben, bei den Trauerzeremonien dabei gewesen zu sein. Bei seiner Festnahme soll Demirci für einen Kurzurlaub in Istanbul gewesen sein. Die Behörden fanden ihn offenbar auf eine Anzeige hin, in welcher der Absender die Adresse seiner Verwandten sowie sein Abreisedatum vermerkt hatte. Solche oft anonym verschickten Denunziationen spielen in vielen ähnlichen Fällen eine Rolle.
Der Prozess gegen Demirci ist der dritte gegen deutsche Staatsbürger wegen «Terrorvorwürfen» innerhalb kurzer Zeit. Erst vor einer knappen Woche hatte ein Gericht eine Sängerin mit kurdischen Wurzeln aus Köln wegen Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK verurteilt. Ende Oktober hatte ein Gericht auch den Deutschen Patrick K. wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt.
Serie von Festnahmen
Im vergangenen Jahr hatte eine Serie von Festnahmen deutscher Staatsbürger zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt. Dagegen wurden mehrere prominente Untersuchungshäftlinge - darunter der «Welt»-Reporter Deniz Yücel, der Menschenrechtler Peter Steudtner und die Übersetzerin und Journalistin Mesale Tolu - ab Ende 2017 freigelassen und durften ausreisen. Das werteten Beobachter als ein Zeichen des Entgegenkommens der türkischen Regierung, welche die gespannten Beziehungen zu Deutschland wieder entspannen möchte.
