Debatte im EU-Parlament: Darf ein Schnitzel aus Soja sein?
Das Europaparlament stimmt über ein mögliches Verbot von Bezeichnungen wie «Tofu-Wurst» oder «Veggie-Burger» ab.

Wem die Begriffe ein Dorn im Auge sind, was Verbraucherschützer und Unternehmen von dem Vorschlag halten und wie es jetzt weitergeht – der Überblick:
In dem zur Abstimmung stehenden Bericht sind über einen Änderungsantrag mehrere Begriffe eingebracht worden. Dazu zählen «Steak», «Schnitzel», «Hamburger» und «Wurst». Sie sollen Produkten vorbehalten sein, die aus Tieren gemacht wurden.
Bislang dürfen Begriffe wie Wurst, Schnitzel oder Namen anderer typischer Fleischlebensmittel auch für pflanzliche Alternativen verwendet werden. «Für vegane und vegetarische Lebensmittel gibt es keine rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnungen, daher können aktuell allgemein übliche oder beschreibende Bezeichnungen verwendet werden», so ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Die im Europaparlament zuständige Abgeordnete Céline Imart sieht durch das Vorhaben den Verbraucherschutz gestärkt. Die Politikerin der EVP-Fraktion, zu der auch CDU und CSU gehören, teilte auf Anfrage mit, es bestehe «ein echtes Verwechslungsrisiko». Pflanzenbasierte Ersatzprodukte böten etwa nicht die gleichen Nährwerte wie ihre tierischen Originale.
Zudem gehe es bei dem Vorhaben darum, Landwirte zu schützen. Pflanzliche Lebensmittelhersteller versuchten den Ruf tierischer Lebensmittel, den Generationen von Landwirten aufgebaut hätten, für die Vermarktung von Konkurrenzprodukten zu nutzen.
Zu den Befürwortern gehört unter anderem der Verband der Fleischwirtschaft. «Fleisch sollte als wertvolles tierisches Lebensmittel klar von anderen Artikeln unterschieden werden können, ohne dass man dadurch einen Kulturkampf entfacht», sagt Geschäftsführer Steffen Reiter. Ein einfacher Weg wäre es, die Bezeichnung Fleisch klar zu schützen.
Die halten wenig davon. Der Geschäftsführer der Organisation foodwatch, Chris Methmann, spricht von «Lobbyismus im Dienste der Fleischindustrie». Niemand kaufe versehentlich Tofuwürstchen, weil er glaube, es seien Rinderwürste. Deutschlands Ernährungsminister Alois Rainer müsse klarstellen, dass Deutschland «diesen Unsinn nicht mitträgt», so foodwatch.
Verbot würde den Verkauf erschweren
Auch Stephanie Wetzel vom deutschen Verbraucherzentrale Bundesverband sieht ein mögliches Verbot kritisch. Sie teilte auf Anfrage mit, es sei wenig hilfreich, wenn Ersatzprodukte keine Namen von Produkten tragen dürfen, die typischerweise mit Fleisch assoziiert würden.
Bei einem Begriff wie «Veganes Seitan-Schnitzel» wüssten Verbraucherinnen und Verbraucher, was sie geschmacklich erwartet und welche Ersatzzutat das Produkt enthalte.
Mehrere Handelsunternehmen – darunter die Discounter Aldi Süd und Lidl, die Burgerkette Burger King sowie Hersteller wie Beyond Meat – haben sich in einen gemeinsamen Brief dagegen ausgesprochen.
Die vertrauten Begriffe böten Orientierung und ermöglichten bewusste Kaufentscheidungen, heisst es darin. Ein Verbot würde den Verkauf erschweren. «Von dem drohenden wirtschaftlichen Schaden wäre Deutschland besonders betroffen.» Dies sei der grösste Markt für pflanzliche Alternativprodukte in Europa.
Unterzeichnet hat auch die Rügenwalder Mühle, die Fleisch- und Fleischersatzprodukte herstellt. «Aus unserer Sicht ist das nicht sinnvoll. Schnitzel oder Burger beschreiben eine Zubereitungsart – nicht das Ausgangsprodukt», sagte eine Unternehmenssprecherin.
Die kurzfristigen Umstellungskosten schätze man auf einen einstelligen mittleren Millionenbetrag. Auch andere Handelsketten wie Rewe und Aldi Nord sowie der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels und der Lebensmittelverband Deutschland lehnen ein Verbot ab.
Das Parlament muss nun in Verhandlungen mit den EU-Staaten eine endgültige Einigung auf die neuen Regeln finden. Die dänische Ratspräsidentschaft teilte mit, man hoffe darauf, sich schnell einigen zu können. Ob sich für das Bezeichnungsverbot eine Mehrheit findet, ist unklar.