Das sind jetzt Macrons Optionen in Mega-Krise
Nach dem Rücktritt des Premiers hat Macron drei Möglichkeiten: einen Nachfolger suchen, Neuwahlen ausrufen oder zurückzutreten. Das Problem der Schulden bleibt.

Das Wichtigste in Kürze
- Emmanuel Macron muss nach dem Rücktritt von Lecornu einen neuen Premier suchen.
- Alternativ kann er Neuwahlen ausrufen oder als Präsident zurücktreten.
- Diese beiden Optionen könnten dem Rassemblement National in die Karten spielen.
Am Montag trat Sébastien Lecornu als Premierminister Frankreichs nach nur vier Wochen zurück. Er war bereits der fünfte Premier, der unter Emmanuel Macron das Handtuch warf. Für den Präsidenten beginnt nun das Abwägen seiner Optionen – und möglicherweise die Suche nach Premierminister Nummer sechs.
Nach dem Rücktritt von Lecornu sagte Macron, er werde sich seiner «Verantwortung» stellen. Dies wird als Andeutung auf einen Rücktritt vor Ablauf seiner Amtszeit in zwei Jahren interpretiert.
Diese Option wird von Experten aber als eher unwahrscheinlich eingeschätzt. Der 47-Jährige hat einen Rücktritt stets ausgeschlossen, da die Gefahr eines Rechtsaussen-Präsidenten des Rassemblement National besteht.
Mujtaba Rahman von der Denkfabrik Eurasia hält es laut der «Bild» für wahrscheinlicher, dass Macron einen neuen Premier ernennen wird. Dieser könnte aus dem rechten oder linken Lager kommen, um die Pattsituation im Parlament aufzulösen.
Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik dagegen sieht Neuwahlen als wahrscheinlich an. Doch auch damit ist ein grosses Risiko verbunden: Das Rassemblement National könnte sich mit den Republikanern verbünden und einen Sieg einfahren. Dann hätte dieses Rechts-Bündnis Anspruch auf das Amt des Premierministers.
Rassemblement National hat Präsidenten-Amt im Visier
In diesem Fall müsste Macron eine Koalition eingehen und den Rechten einen Teil der Regierungsverantwortung abgeben. Dadurch erhielte er aber die Möglichkeit, Frankreich zu zeigen, dass auch das Rassemblement National die Arbeit nicht besser macht.
Für die Rechtsaussen-Partei wäre das im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2027 ein grosses Risiko. Denn sie will dann das Präsidenten-Amt holen. Aushängeschild Marine Le Pen darf zwar nicht antreten, sofern kein Berufungsgericht das Urteil gegen sie wegen Veruntreuung nicht aufhebt. Mit Jordan Bardella steht aber ihr Ziehsohn bereit, um für das Amt zu kandidieren.

Macrons Premierminister waren alle an der grossen Aufgabe, den Haushalt zu stabilisieren und den Schuldenberg abzubauen, gescheitert. Frankreich hat 3,3 Billionen Euro Schulden, was 114 Prozent des BIP entspricht. Sparmassnahmen sind stets gescheitert – entweder im zerstrittenen und kaum kompromissbereiten Parlament oder am Widerstand des Volkes.
«Risiko einer Staatsschuldenkrise steigt mit jedem Jahr»
Für Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, ist dann auch das grundlegende Problem, dass es im Parlament keine klaren Mehrheiten gibt. Gegenüber dem «Spiegel» betont er, dass das Problem bestehen bleibe, egal, wer neuer Premierminister werde. Politische Mehrheiten, die für Sparmassnahmen nötig sind, fehlten in der Nationalversammlung schlichtweg. In Frankreich drohe zudem ein Ansteigen der Staatsschulden in den nächsten zehn Jahren auf 150 Prozent des Bruttoinlandproduktes.
Und das könnte Folgen für ganz Europa haben: «Das Risiko einer neuen Schuldenkrise steigt mit jedem Jahr, in dem die Staaten ihre zu hohen Defizite nicht reduzieren.» Die entscheidende Frage dabei sei, ob die Investoren irgendwann das Vertrauen verlören und sich zurückzögen.
Krämer warnt, dass eine Staatsschuldenkrise auch die Stabilität des Euros und der Währungsunion in Frage stellen werde. «Das haben wir in der Vergangenheit schon erlebt.» Der Ökonom beruhigt aber auch: «Im Moment spiegelt sich das jedoch nicht im Wechselkurs wider.»