Staatsepidemiologe Anders Tegnell steht hinter dem Sonderweg Schwedens im Umgang mit dem Coronavirus. Er zweifelt den Nutzen einer Maskenpflicht an.
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Schwedens Staatsepidemiologe Anders Tegnell spricht an einer Pressekonferenz am 30. Juli über das Coronavirus. - epa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Schweden verzichtete in der Corona-Krise auf einen Lockdown.
  • Staatsepidemiologe Anders Tegnell hält nichts von einer Maskenpflicht.
  • Es gebe zu wenige Studien zu den Effekten, welche die Masken wirklich herbeiführen.

Während die meisten Länder in der Corona-Krise einen Lockdown verhängten, verzichtete Schweden als einer der wenigen Staaten darauf. Es gab keine Ausgehverbote, Schulen und Restaurants blieben offen. Viele sprechen von einem Sonderweg im Umgang mit dem Coronavirus.

Das hat bisher dazu geführt, dass das Land eine relativ hohe Sterberate hat. Diese ist etwa gleich hoch wie im vom Coronavirus stark getroffenen Italien. Dafür ist im skandinavischen Land die Zahl der Infizierten pro eine Million Einwohner deutlich höher. Seit Anfang Juli sinken die Infektionszahlen aber deutlich, von etwa 2500 auf 300 Ansteckungen pro Tag.

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Menschen geniessen an einer Promenade in Malmö das schöne und heisse Wetter am 25. Juni 2020. Mittendrin steht ein Schild, auf dem wegen des Coronavirus zum Abstandhalten aufgerufen wird. - epa

Kaum jemand steht so sehr für diesen Sonderweg wie Staatsepidemiologe Anders Tegnell. «Es ist schwedische Tradition, dass wir dem Einzelnen viel Verantwortung geben und beeinflussen», erklärt er im Interview mit der «Bild». Das habe in der Vergangenheit gut funktioniert und auch während der Corona-Krise. Deshalb habe Schweden nie einen Grund gesehen, drastischere Massnahmen einzusetzen.

Tegnell warnt vor den Effekten einer Maskenpflicht in Bezug zum Coronavirus

Eine Maskenpflicht, wie es sie in vielen europäischen Ländern gibt, hält der Epidemiologe für überflüssig: «Das Resultat, das man durch die Masken erzeugen konnte, ist erstaunlich schwach, obwohl so viele Menschen sie weltweit tragen. Es überrascht mich, dass wir nicht mehr oder bessere Studien darüber haben, welche Effekte die Masken tatsächlich herbeiführen.»

In Ländern wie Spanien oder Belgien seien die Infektionszahlen mit dem Coronavirus trotz Maskenpflicht hoch gegangen. «Zu glauben, dass Masken unser Problem lösen könne, ist jedenfalls sehr gefährlich», warnt Tegnell.

Coronavirus Schweden Spanien
Ein Besucher mit Mundschutz steht an einem Strand in Malaga, Spanien. - dpa

Die relativ hohe Sterberate in Schweden führt er auf ein «grosses Versagen» im Bereich der Langzeit- und Altenpflege zurück. «Die regionalen Ämter hätten besser vorbereitet sein müssen, dann hätte es weniger Tote gegeben. Inzwischen sind die Infektionszahlen in den Altersheimen deutlich runtergegangen und wir haben fast gar keine Neuinfektionen mehr», sagt Tegnell.

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In Schweden sind die täglichen Infektionen mit dem Coronavirus seit Anfang Juli stark gesunken, wie auf der Grafik der Johns Hopkins University zu sehen ist. - Johns Hopkins University

Ob es richtig war, die Schulen weiter geöffnet zu lassen, kann der Epidemiologe nicht abschliessend beantworten. Anhand der Daten könne man nicht sagen, dass es irgendeinen Unterschied für die Pandemie als solche gemacht hat.

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