In immer mehr Ländern kommt es zu nicht sofort entdeckten Coronavirus-Ausbrüchen. In Europa ist Italien schwer betroffen, die Fallzahlen schnellen hoch.
Coronavirus in Italy
In Italien ist das Tragen eines Mundschutzes inzwischen an der Tagesordnung. - keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In Italien steigen die Coronavirus-Fallzahlen in zwei Regionen sehr schnell an.
  • Nun will die Regierung die Ausbreitung stoppen und lässt die betroffenen Städte abriegeln.
  • Die italienischen Behörden suchen verzweifelt nach Patient 0.

Es ist der weitaus schlimmste bekannte Ausbruch des neuen Coronavirus in Europa: In Italien ist inzwischen bei mehr als 60 Menschen Sars-CoV-2 nachgewiesen worden, zwei Menschen starben, wie örtliche Behörden mitteilten.

46 Infektionen wurden bis zum Samstagabend in der norditalienischen Lombardei erfasst, 12 in Venetien, einer in der Region Piemont.

Nun reagieren die Behörden: Die Regierung in Rom teilte am Samstagabend mit, dass die am stärksten betroffenen Städte abgeriegelt werden sollen. Damit soll die Ausbreitung des Coronavirus im Norden des Landes gestoppt werden.

italien coronavirus
Mann mit Atemschutzmaske im italienischen Codogno. - AFP

Der grosse Ausbruch in der Lombardei geht auf einen 38-Jährigen zurück, der schwer erkrankt in der Klinik der Kleinstadt Codogno behandelt und am Donnerstag positiv auf den Erreger getestet wurde.

Zwei Todefsälle in Italien

Zwei Todesfälle werden mit dem Virus in Verbindung gebracht. Bei einer am Donnerstag verstorbenen 77-Jährigen aus der Lombardei wurde Sars-CoV-2 posthum nachgewiesen.

Sie werde nun als Covid-19-Todesopfer geführt, auch wenn unklar sei, woran genau sie starb, teilte der Gesundheitsbeauftragte der Lombardei, Giulio Gallera, mit.

Coronavirus Italien
In Italien starben bereits zwei Menschen am Coronavirus. - ANSA/AFP

Die Lungenerkrankung gilt auch bei einem 78-Jährigen aus Venetien als mutmassliche Todesursache, wie ein Sprecher des italienischen Zivilschutzes mitteilte.

Der Erreger wurde demnach unter anderem bei der Frau und einer Tochter des am Freitag verstorbenen Mannes nachgewiesen.

Schulen bleiben geschlossen

In einem Dutzend Gemeinden der Lombardei wurden Schulen und ein Grossteil der Geschäfte vorübergehend geschlossen. Rund 50'000 Einwohner sind aufgerufen, möglichst zuhause zu bleiben.

Grossveranstaltungen wie Gottesdienste, Karnevalsfeste und Sportevents wurden verboten. Auch nahe der betroffenen Region liegende Städte wie Cremona und Piacenza schlossen Schulen und sagten Großveranstaltungen ab.

Coronavirus - Italien
Italien, Casalpusterlengo: Mitarbeiter der Unilever-Fabrik, in der ein 38-jähriger Mitarbeiter an dem neuartigen Coronavirus (Sars-CoV-2) erkrankt ist, tragen auf der Strasse Mundschutz. - dpa

Auch in Venetien - dort ist die Gemeinde Vo nahe Padua betroffen - wurden Massnahmen ergriffen, die eine weitere Ausbreitung des Virus verhindern sollen.

Die Universitäten der Region sollten in der kommenden Woche schließen, teilte der Präsident der Region, Luca Zaia, mit. Noch diskutiert werde, ob der eigentlich bis Dienstag dauernde Karneval in Venedig vorzeitig beendet wird.

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte kam zu Krisengesprächen mit der Zivilschutzbehörde des Landes zusammen.

Suche nach «Patient 0» in der Lombardei

Wo sich der schwer erkrankte 38-Jährige in Codogno ansteckte, auf den alle Fälle in der Lombardei zurückgehen, war zunächst unklar.

Der Verdacht, er könnte sich bei einem kürzlich aus China zurückgekehrten Freund infiziert haben, bestätigte sich nicht: Tests hätten ergeben, dass dieser Mann nie mit dem Virus infiziert war, hiess es am Abend.

Coronavirus
Italienische Touristen aus dem Coronavirus-Gebiet werden mit Lastwagen in Quarantäneunterkünfte bei Rom gebracht. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/EPA/CLAUDIO PERI

Für den Ausbruch in Venetien wurde eine Einschleppung durch dort arbeitende chinesische Geschäftsleute vermutet.

Der Fall im Piemont geht auf Kontakte zu Infizierten in der Lombardei zurück. Vor den zwei aktuellen Ausbrüchen waren in Italien erst drei Infektionen erfasst.

Diamond-Princess-Rückkehrer

In Berlin landeten am Samstag sechs deutsche Passagiere der «Diamond Princess», die im japanischen Yokohama zwei Wochen unter Quarantäne gestanden hatte.

Die Rückkehrer aus Berlin, Niedersachsen und Hessen sollen vorsorglich zwei Wochen in häuslicher Quarantäne bleiben, um sicher ausschliessen zu können, dass die mit Sars-CoV-2 infiziert sind.

Coronavirus
Ein Beamter in Schutzanzügen misst die Temperatur der Passagiere, die von dem unter Quarantäne stehenden Kreuzfahrtschiff «Diamond Princess» aussteigen. - dpa

32 Briten und andere Europäer von dem Kreuzfahrtschiff, die am Samstag in London landeten, sollen 14 Tage in einem Krankenhaus in Quarantäne bleiben.

Auch für 19 italienische Rückkehrer wurde eine solche Quarantäne in einem Militärkomplex in Rom angewiesen.

Zwar waren alle von Bord gehenden Reisenden in Japan negativ auf das Virus getestet worden, bei mindestens drei von ihnen wurde der Erreger in ihrem Heimatland später aber doch nachgewiesen.

Am Samstag wurde ein solcher Fall dann auch aus Japan bekannt: Bei einer zunächst negativ auf Sars-CoV-2 getesteten Frau in ihren 60ern sei das Virus nachgewiesen worden, berichtete der Fernsehsender NHK.

Die Regierung in Tokio hatte die Frau ebenso wie Hunderte andere japanische Passagiere mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren lassen und keine weitere Quarantäne angeordnet. Diese Entscheidung war unter Experten auf Unverständnis gestossen.

Diamond Princess Coronavirus
Die «Diamond Princess» stand zwei Wochen vor Japan unter Quarantäne. - AFP

Insgesamt haben sich nach derzeitigem Stand weit über 600 der 3700 Passagiere und Crewmitglieder der «Diamond Princess» nachweislich mit dem Virus angesteckt.

Zwei japanische Passagiere starben, ein infiziertes Ehepaar aus Hessen wurde zunächst noch in einer japanischen Klinik betreut.

Die Infizierten vom Schiff nicht mitgerechnet haben sich in Japan inzwischen bereits mehr als 100 Menschen mit Sars-CoV-2 angesteckt, darunter auch Kinder.

Korea im Ausnahmezustand

Auch auf der koreanischen Halbinsel spitzt sich die Lage zu: Wie die Gesundheitsbehörden am Samstag mitteilten, wurden in Südkorea binnen eines Tages 229 weitere Ansteckungen mit Sars-CoV-2 nachgewiesen.

Damit stieg die Zahl erfasster Fälle auf 433. In keinem anderen Land außerhalb Chinas, wo Covid-19 im Dezember ausgebrochen war, wurden bisher mehr Infektionen gemeldet. Bisher sind zwei Todesfälle erfasst. Über 6000 Menschen stehen unter Quarantäne.

Coronavirus
Arbeiter desinfizieren wegen dem Coronavirus Busse in Südkorea. - YONHAP/AFP

Die Mehrheit der neuen Fälle konzentriert sich auf die südöstliche Großstadt Daegu und deren Umgebung.

Zu den Betroffenen gehören zahlreiche Mitglieder der Shincheonji Kirche Jesu. Als Ursprung gilt eine 61-jährige Anhängerin der christlichen Sekte, die trotz Krankheitssymptomen zunächst einen Virustest verweigert haben soll.

Fünf Todesfälle im Iran

Im Iran, wo vom Gesundheitsministerium in kurzer Folge fünf Todesfälle bei Patienten mit Covid-19 gemeldet wurden, überschattete die Furcht vor dem Virus am Freitag die Parlamentswahl.

In den Wahllokalen trugen viele Wähler und Wahlbeobachter Schutzmasken. Bis Samstag waren rund 30 Menschen positiv auf das Virus getestet worden, die tatsächliche Zahl Infizierter könnte aber weitaus höher liegen.

Coronavirus - Iran
Iraner mit Schutzmasken gehen auf einer Strasse in der Hauptstadt Teheran. Aus Furcht vor einem Überschwappen des nun auch im Iran nachgewiesenen Coronavirus hat der Irak seine Grenze zum Nachbarland Iran geschlossen. - dpa

In der Hauptstadt Teheran sind inzwischen in fast allen Drogerien, Apotheken und Supermärkten Desinfektionsmittel ausverkauft.

In China starben schon über 2300 Menschen

In China lag die Zahl in der offiziellen Statistik erfasster Infektionen am Samstag bei gut 76 000, mehr als 2300 Menschen starben an der Lungenkrankheit.

Experten gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer in der Volksrepublik aus. Die mit Abstand meisten Todesfälle und Infektionen werden weiter aus der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei gemeldet, wo Covid-19 im Dezember in der Millionenstadt Wuhan ausgebrochen war.

Coronavirus
Woher das Coronavirus stammt, ist weiter unklar. Entstand es im Labor? Oder auf natürliche Art? - dpa

Die Auswirkungen der Epidemie auf die chinesische Wirtschaft werden immer sichtbarer. Wie der chinesische Autoverband CPCA mitteilte, brachen die Verkäufe vom 1. bis 16. Februar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 92 Prozent ein.

Waren 2019 in den ersten beiden Februarwochen noch 59'930 Autos verkauft worden, konnten die Händler jetzt nur noch 4909 Fahrzeuge absetzen.

Grosse Teile der chinesischen Wirtschaft sind wegen Covid-19 sowie den damit verbundenen Maßnahmen praktisch zum Erliegen gekommen.

Für deutsche Hersteller wie Mercedes-Benz, Audi, BMW, Volkswagen und Porsche ist China der wichtigste Markt.

Coronavirus
Das Coronavirus hält China in Atem. - dpa-infocom GmbH

Bei VW steht die Volksrepublik für gut 40 Prozent der Auslieferungen. Und bei der Umstellung auf Elektro-Autos sind die Konzerne auf Batteriezellen aus China angewiesen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

RegierungGiuseppe ConteBMWAudiMercedesPorscheVolkswagenCoronavirus