Kroatiens Bürger entscheiden über die Zukunft ihres Landes inmitten politischer Spannungen.
Wahlplakate in Zagreb: Kroatien wählt ein neues Parlament. Foto: Darko Bandic/AP/dpa
Wahlplakate in Zagreb: Kroatien wählt ein neues Parlament. Foto: Darko Bandic/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Darko Bandic

In Kroatien hat am Mittwochmorgen die Parlamentswahl begonnen. Rund 3,7 Millionen Bürger sind dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Gewählt werden 151 Abgeordnete der aus einer Kammer bestehenden Volksvertretung.

Überschattet war der Wahlkampf von der bitteren Feindschaft zwischen Staatspräsident Zoran Milanovic und Regierungschef Andrej Plenkovic. Letzte Umfragen sahen die konservative Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) von Plenkovic in Führung vor der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (SDP).

Präsident Milanovic, der aus der SDP kommt, hatte einen Monat vor der Wahl überraschend angekündigt, Ministerpräsident an der Spitze einer SDP-geführten Regierung werden zu wollen. Als Staatspräsident mit einer eher beschränkten Machtfülle hatte er sich mit populistischer Rhetorik den extremen Rechten in Kroatien angenähert.

Milanovics umstrittene Taktiken

Den Regierungsanspruch begründet er mit grassierender Korruption im von HDZ regierten Staat. Seine Beschimpfungen politischer Gegner als «Gangster», «Stallfliegen» und «Parasiten» brachten ihm den Beinamen «Kroatischer Trump» ein.

Plenkovic regiert seit 2016 in Kroatien, die HDZ war in den 33 Jahren seit der Unabhängigkeit Kroatiens 26 Jahre lang an der Macht. Der amtierende Regierungschef setzte den von seinen Vorgängern begonnenen Ausbau korrupter Netzwerke in Staat und Verwaltung fort.

In fast acht Jahren seiner Amtsführung verlor er 30 Minister wegen Korruptionsaffären. Zugleich positioniert sich Plenkovic prowestlich und proeuropäisch.

Koalitionsoptionen nach dem Wahlausgang

Mit der jüngsten Ernennung des HDZ-loyalen Oberstaatsanwalts Ivan Turudic scheint er aber nun der Korruptionsbekämpfung ein Ende bereiten zu wollen. Milanovic war schon von 2011 bis 2015 als damaliger SDP-Chef Ministerpräsident.

Seit er Staatspräsident wurde, liess er eine zunehmend nationalistische, Corona leugnende und prorussische Haltung erkennen. Unter anderem versuchte er vergeblich, die Nato-Beitritte Finnlands und Schwedens zu verhindern. Das – verfassungsrechtlich fragwürdige – Eintreten von Präsident Milanovic in den Wahlkampf verringerte in Umfragen den Abstand zwischen HDZ und SDP.

Die Koalitionsoptionen für beide Grossparteien werden vom Wahlausgang abhängig sein. Als potenzielle Koalitionspartner dürften die rechts-nationale Most (Brücke), die rechtsextreme Heimatbewegung sowie die Parteien der ethnischen Minderheiten zur Verfügung stehen. Die Wahllokale schliessen um 19.00 Uhr. Mit aussagekräftigen Teilergebnissen wird am späten Abend gerechnet.

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