Dem Braunschweiger Landgericht steht einer der wohl aufsehenerregendsten Strafprozesse seiner Geschichte bevor: das «Dieselgate»-Verfahren gegen den einstigen Volkswagen-Boss Martin Winterkorn. Der Start der Hauptverhandlung verzögert sich nun aber.
Der Prozess gegen Martin Winterkorn wurde um gut zwei Monate verschoben. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Der Prozess gegen Martin Winterkorn wurde um gut zwei Monate verschoben. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa - dpa-infocom GmbH

Dem Braunschweiger Landgericht steht einer der wohl aufsehenerregendsten Strafprozesse seiner Geschichte bevor: das «Dieselgate»-Verfahren gegen den einstigen Volkswagen-Boss Martin Winterkorn. Der Start der Hauptverhandlung verzögert sich nun aber.

Der Diesel-Betrugsprozess beginnt gut zwei Monate später als zunächst geplant. Das kündigte das Landgericht Braunschweig an. Demnach soll die Hauptverhandlung im zentralen «Dieselgate»-Verfahren statt am 25. Februar nun erst am 20. April starten. Zur Begründung wurde die derzeitige Corona-Lage genannt.

Winterkorn steht demnächst zusammen mit vier weiteren Führungskräften von Volkswagen vor Gericht. Die Anklage lautet auf gewerbs- und bandenmässigen Betrug im Zusammenhang mit den Abgas-Manipulationen an Millionen Autos. Diese hatten 2015 die Dieselkrise ausgelöst.

Die 6. Strafkammer des Landgerichts hob die bisher angepeilten Termine nun auf. Ein neuer Plan wurde für die Zeit ab dem 20. April festgesetzt. Der gesamte Prozess mit über 130 Verhandlungstagen dürfte dann weiterhin bis zu zwei Jahre dauern. Wegen des vermuteten grossen Interesses wurde er in die Braunschweiger Stadthalle verlegt.

Es hatte bereits zum Jahreswechsel Hinweise darauf gegeben, dass das Gericht die Hauptverhandlung verschieben könnte. Möglicherweise auch wegen des Gesundheitszustands von Winterkorn. Die Kammer hatte sich zu dessen Verhandlungsfähigkeit von einem Gutachter beraten lassen. Sie nahm hierauf in der Entscheidung zur Verschiebung keinen Bezug, sondern nannte die Pandemie-Situation.

Verschärfte Schutzmassnahmen hätten den Prozessauftakt zwar wohl «nicht direkt betroffen», hiess es. Für die Kammer brächten die politischen Beschlüsse im Kampf gegen Corona gleichwohl eine Bewertung zum Ausdruck. Diese lasse die Verlegung auf einen Zeitpunkt im Frühjahr als sachgerecht erscheinen.

Zuletzt war auch nicht klar, ob Winterkorn (73) überhaupt regelmässig im Gerichtssaal wird erscheinen können. Er soll nach Angaben aus seinem Umfeld gesundheitlich angeschlagen sein. Berichten zufolge soll der Ex-Manager vor einer wichtigen Operation stehen, die den Ablauf der Hauptverhandlung zusätzlich durcheinanderbringen könnte.

Das Landgericht hatte dazu erklärt: «Die Verhandlungsfähigkeit eines Angeklagten setzt seine Fähigkeit voraus, in- oder ausserhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.» Sollte diese Fähigkeit eingeschränkt sein, könnten beispielsweise auch Pausen oder Unterbrechungen eine Option sein, um das Verfahren zu durchlaufen.

Im September 2015 hatte Volkswagen nach Prüfungen von Behörden in den USA Manipulationen an Abgaswerten zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass auf der Strasse deutlich mehr giftige Stickoxide ausgestossen wurden als in Tests. Die Enthüllungen traten den Abgasskandal los, der den Konzern bis heute weit über 30 Milliarden Euro an juristischen Ausgaben kostete. Darüber hinaus erfasste eine tiefe Vertrauenskrise die gesamte Autobranche.

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