Ein in Milliardenstückzahlen gefertigtes Requisit des Handy-Zeitalters verschwindet aus den ersten Mobiltelefonen: die SIM-Karte.
SIM-Karten in physischer Form gibt es immer seltener. (Archivbild)
SIM-Karten in physischer Form gibt es immer seltener. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/WALTER BIERI
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Das Wichtigste in Kürze

  • Laut dem Münchner Unternehmen Giesecke+Devrient soll es bald kein SIM-Karte mehr geben.
  • Die neue eSIM wird keine physische Karte mehr, sondern direkt im Handy eingebaut sein.
  • Auf der eSIM können zudem mehrer Verträge gleichzeitig abgeschlossen werden.

Kein Mobiltelefon funktioniert ohne SIM-Karte – eine Erfindung des Unternehmens Giesecke+Devrient. Doch die am schnellsten wachsende Kundengruppe im Mobilfunk sind nicht mehr Menschen aus Fleisch und Blut.

Im Jahr 1991 vom Münchner Unternehmen Giesecke+Devrient entwickelt, vertreibt das Unternehmen nun auch eine digitale Version namens eSIM.

Diese ist ohne Plastikkärtchen als Chip fest im Telefon verbaut. «Das iPhone 14 hat in den USA bereits keinen Slot für eine SIM-Karte mehr. Sondern nur noch eine eingebaute eSIM», sagt G+D-Vorstandschef Ralf Wintergerst.

Keine physische Karte mehr

SIM steht für «Subscriber Identity Module». Ursprünglicher Zweck der Karten war die eindeutige Authentifizierung der Nutzer im Mobilfunknetz. Inzwischen sind viele Sicherheitsfunktionen hinzugekommen.

Der praktische Nutzen der eSIM liegt unter anderem darin, dass keine physische Karte in den Schlitz eingeführt werden muss. Urlauber oder auch Geschäftsreisende in Übersee kaufen bislang häufig eine zweite SIM, um einer astronomisch hohen Telefonrechnung vorzubeugen. Auf einer eSIM können mehrere Verträge gleichzeitig laufen.

eSim-System vorallem für Maschinen gedacht

Doch hat das Unternehmen mit der eSIM vor allem eine Zielgruppe im Sinn, die weder telefoniert noch Whatsapp schreibt: Maschinen. «Das eSIM-System ist heute auch beispielsweise in BMW-Modellen verbaut», sagt Wintergerst. «Wir investieren stark in Lösungen für das Internet der Dinge, um die Verbindungsdienstleistungen zwischen den verknüpften Devices auszubauen.»

Das «Internet of Things», im branchenüblichen Kurzsprech «IoT» genannt, ist mittlerweile der eigentliche Wachstumsmarkt. Das Hamburger Marktforschungsunternehmen IoT Analytics schätzt, dass es Ende 2022 weltweit 14,3 Milliarden vernetzte Geräte gab. Davon waren knapp 2,9 Milliarden über Mobilfunk, wie ein Sprecher erläutert. Die übrigen Maschinen sind grossenteils über WLAN oder Bluetooth mit der Aussenwelt verbunden.

Bis 2027 könnte es laut Prognose von IoT Analytics schon 27 Milliarden vernetzte Maschinen und Geräte geben. Davon wären sechs Milliarden über Mobilfunk. Und eines Tages wird die Zahl der Maschinen mit Mobilfunkverbindung voraussichtlich die Zahl der Menschen auf dem Planeten überschreiten.

«Track und Trace»

Es gibt viele denkbare Anwendungen – primär Gerätschaften und Maschinen, die sich bewegen oder fernab eines Servers stehen. Autos sind nur ein Beispiel. «Unsere neue Tochtergesellschaft Mecomo bietet Track und Trace und Dienstleistungen für grosse Logistikunternehmen an», sagt Wintergerst.

«Damit lässt sich feststellen, wo sich eine Ware gerade befindet. Ich habe geglaubt, das wäre ein längst gelöstes Problem, ist es aber nicht.» Selbst an Flughafen stünden Gepäckcontainer häufig herum und das Personal muss eine Viertelstunde suchen. Das kann man relativ einfach lösen», sagt der Manager.

Digitale Landwirtschaft

Als weiteres Beispiel nennt der G+D-Vorstandschef die digitale Landwirtschaft. «Über Sensoren lässt sich messen, wie es um Bewässerung und Pflanzenwachstum bestellt ist.»

Da der Sensor die Messergebnisse an einen Server übermitteln muss, ist eine Verbindung notwendig. Auf Acker, Weide und im Obstgarten sind Bluetooth oder WLAN wegen mangelnder Reichweite nicht nutzbar. Die naheliegende Lösung ist der Mobilfunkanschluss.

Der eSIM-Chip wird nach Worten des Managers bei der Herstellung des Telefons eingebaut. Von den Kunden werden dann in einem komplett digitalen Geschäftsmodell Gebühren für Aktivierung und Softwarelizenzen gezahlt.

Menschen wollen die neusten Modelle der Handys

Handys haben vergleichsweise kurze Produktzyklen, viele Menschen legen sich gern die neuesten Modelle zu. Sichtbar wird dies in den Zahlen des deutschen Digitalbranchenverbands Bitkom: Seit 2006 wurden demnach in der Bundesrepublik über 284 Millionen Mobiltelefone verkauft.

Da oft bei weiterlaufendem Vertrag nur die Telefone gewechselt werden, lässt sich das nicht mit dem SIM-Absatz gleichsetzen. Doch kann kein Zweifel bestehen, dass auch die Zahl der Karten nach wie vor steigt.

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