Ein historischer Moment führte Kanzlerin Merkel und Ungarns Viktor Orbán zusammen: Sie gedachten dem 30. Jahrestag der ersten Massenflucht von DDR-Bürgern.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Viktor Orbán trafen sich zum 30. Jahrestag der Grenzöffnung. - MTI/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor 30 Jahren flüchteten die ersten DDR-Bürger über die ungarische Grenze nach Österreich.
  • Angela Merkel reiste aus diesem Anlass zu einer Feier nach Ungarn.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán mit überraschend viel Lob begrüsst. Merkel geniesse «die Wertschätzung der ungarischen Nation». Zumal habe sie stets für den europäischen Zusammenhalt gearbeitet und wurde mehrfach zur Bundeskanzlerin gewählt.

Dies sagte Viktor Orbán bei einem Festakt aus Anlass des 30. Jahrestags der ersten Massenflucht von DDR-Bürgern über die ungarische Grenze nach Österreich. Deutschland und Ungarn verbinde ein «besonderes Verhältnis», so Orbán.

Merkel ihrerseits dankte den Ungarn für die Unterstützung bei der Öffnung der Grenzen 1989 und bei der folgenden Deutschen Einheit. Das durch die ungarische Seite ermöglichte «Paneuropäische Picknick» sei zum Symbol für die grossen Freiheitsbewegungen damals geworden, sagte Merkel. «Aus dem Picknick wurde die grösste Massenflucht aus der DDR seit dem Bau der Mauer 1961. Aus dem Picknick wurde ein Weltereignis.»

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Mehr als 600 DDR-Bürger drängten sich vor 30 Jahren durch das Tor im Grenzzaun zwischen Ungarn und Österreich. - dpa

Mehr als 600 DDR-Bürgern war am 19. August 1989 die Flucht über die anlässlich des Picknicks kurzzeitig geöffnete Grenze gelungen. Das Geschehen war der Vorbote zum Fall der Berliner Mauer im November.

Merkel mahnt Viktor Orbán

Zugleich mahnte die Kanzlerin die Verteidigung europäischer Werte an. In der Evangelischen Kirche von Sopron sagte sie: «Sopron ist ein Beispiel dafür, wie viel wir Europäer erreichen können, wenn wir für unsere unteilbaren Werte mutig einstehen. Wir sollten uns stets bewusst sein, dass nationales Wohl immer auch vom europäischen Gemeinwohl abhängt.»

Ungarn gehört zu den EU-Ländern, die gerade in der Migrationsfrage ihre nationalen Interessen bisher unnachgiebig verteidigen. «Es verlangt auch manchmal, über den eigenen Schatten zu springen: Um gemeinsam der Verantwortung für Europa und auch für die Welt gerecht zu werden», mahnte die deutsche Regierungschefin.

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Viktor Orbán an einem EU-Gipfel. Sein Verhältnis mit dem Staatenverbund ist jedoch angespannt. - AFP Pool/AP/dpa

Viktor Orbán drückte bei dem Treffen mit Merkel Hoffnung aus, dass sich die belasteten Beziehungen seiner Regierung zur EU-Kommission verbessern. Nach einem kürzlichen Gespräch mit von der Leyen sei er optimistisch, dass ein Neustart gelingen könne. «Es existiert ein neues Gleis statt alter Strukturen. Das ist auf jeden Fall ermutigend», sagte Orbán.

Der Abbau des Grenzzauns vor 30 Jahren habe auf die «Freiheit» der Bürger des damaligen Ostblocks abgezielt, sagt er weiter. Der Bau des neuen Zauns an den Grenzen zu Serbien und Kroatien 2015 diene der «Freiheit und Sicherheit» der Europäer. Er rechne mit neuem Migrationsdruck.

«Wir haben jetzt an den südlichen Grenzen Mauern gebaut. Aus dem Grund, dass jene Deutschen, für die wir vor 30 Jahren Mauern abgebaut haben, heute in Sicherheit leben können. Diese beiden Dinge hängen zusammen, Wir sind die Burghüter der Deutschen.»

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