Ukraine-Krieg: Experte dämpft Erwartungen an Selenskyj-Putin-Treffen
Kommt es zum grossen Showdown zwischen Putin und Selenskyj? Experte Nicolas Hayoz ordnet die Geschehnisse zum Ukraine-Krieg ein. Und dämpft die Erwartungen.

Das Wichtigste in Kürze
- Selenskyj ist bereit für das von Putin vorgeschlagene Friedensgespräch.
- Er werde am Donnerstag in Istanbul auf ihn «warten, persönlich», so der Ukraine-Präsident.
- Osteuropa-Experte Nicolas Hayoz geht nicht davon aus, dass Putin auftauchen wird.
Am Anfang stand ein harmonisches Treffen in Kiew, bei dem Europa der Ukraine den Rücken stärkte. In Absprache mit den USA forderten die EU-Mächte eine 30-tägige Waffenruhe im Ukraine-Krieg ab Montag.
Putin ging jedoch nicht darauf ein. Er schlug stattdessen für diesen Donnerstag in Istanbul direkte Gespräche mit der Ukraine vor.
Trump verlangte, die Ukraine müsste darauf eingehen. Denn nur dann wüssten Kiew, die europäischen Partner und die USA, woran sie seien.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte auf seine Weise darauf. Er werde am Donnerstag «auf Putin in der Türkei warten, persönlich», schrieb Selenskyj auf der Plattform X.
Ukraine-Krieg: Es wird «kaum zu Begegnung kommen»
Doch Osteuropa-Experte Nicolas Hayoz geht davon aus, dass Selenskyj vergebens auf den russischen Präsidenten warten wird.
«Von diesem Treffen ist wenig zu erwarten. Abgesehen davon, dass es kaum zu einer Begegnung zwischen Selenskyj und Putin kommen wird.» Das sagt der emeritierte – also teilweise in den Ruhestand getretene – Professor der Universität Freiburg zu Nau.ch.

So oder so seien die Positionen zwischen der Ukraine und Russland völlig inkompatibel. «Selenskyj will gestützt von den Europäern einen sofortigen 30-tägigen Waffenstillstand.»
Im Gegensatz dazu steht Putin: «Er lehnt einen solchen ab und wäre nur zu für die Ukraine inakzeptablen Bedingungen bereit, ihn zu akzeptieren.»
Weiter wolle Selenskyj Friedensgespräche im Kontext eines Waffenstillstandes einleiten. Putin dagegen wolle mit seinen Bedingungen nichts anderes, als die Ukraine zu einem Vasallenstaat machen.
Ein Vasallenstaat ist ein abhängiges Land, das einem übergeordneten Staat verpflichtet ist. In diesem Fall eben Russland.
Der Tanz um Donald Trump
Bei diesem geplanten Termin sehe man wieder einmal, wie Putin und Selenskyj um Trump herum tanzen würden. «Um diesen bei der Stange zu halten», erklärt Hayoz gegenüber Nau.ch.
Und führt weiter aus: «Wenn Selenskyj sagt, dass er bereit ist, Putin in Istanbul zu treffen, dann kommt er damit Trump entgegen.»
Trump wiederum habe sich einmal mehr von Putin beeinflussen lassen.
Denn: Trump habe entgegen dem, was er mit den vier europäischen Staatschefs am Samstag «abgemacht» habe, Selenskyj aufgefordert, Putins Angebot zuzustimmen.
Zur Erinnerung: Trump und die Europäer hatten sich auf einen sofortigen Waffenstillstand oder Sanktionen geeinigt.
Einmal mehr sei alles wieder beim unberechenbaren Trump.
Von ihm könne man bereits jetzt sagen, «dass er kaum bereit sein wird, stärkeren Druck auf Putin auszuüben. Da müsste einiges geschehen vorher …», so Nicolas Hayoz zu den Geschehnissen rund um den Ukraine-Krieg.
«Vorderhand kein Waffenstillstand»
Somit ist für den emeritierten Professor klar, dass es Gespräche über den Ukraine-Krieg geben wird, jedoch ohne Putin. Ob oder dass diese Gespräche etwas bewirken werden, sei wenig wahrscheinlich.
«Es wird wahrscheinlich vorderhand zu keinem Waffenstillstand kommen, solange Putin sich hier nicht mehr unter Druck sieht.» Und er sehe sich ja nicht unter Druck. Im Gegenteil, er sehe Trump wieder auf seiner Seite, so Hayoz.
Möglich sei aber, dass es wichtige Veränderungen geben könnte, zum Beispiel auf Seiten der Europäer. Und die müssten sich wieder einmal fragen, ob und wie lange sie Putins «Spiel» weiter mitmachen. «Oder ob sie nun doch weitere Sanktionen gegen Russland verhängen wollen.»