In afrikanischen Ländern nimmt die Homophobie zu. Dies zeigt sich auch in neuen Gesetzen. In Uganda müssen LGBT-Menschen nun sogar die Todesstrafe fürchten.
Uganda
ARCHIV - Kenianische Schwule und Lesben nehmen an einer der seltenen Protestveranstaltungen gegen die harte Haltung Ugandas gegen Homosexualität teil. Foto: Ben Curtis/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Ben Curtis

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Ende Mai ist es in Uganda gesetzlich verboten, «LGBT-Propaganda» zu verbreiten.
  • Sexuelle Handlungen können in Uganda sogar zur Todesstrafe führen.
  • Viele andere afrikanische Länder folgen dem homophoben Trend.
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Belastende Dokumente mit Hinweisen auf Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft in Ugandas Hauptstadt Kampala hat Sam Ganafa längst vernichtet. Der 62-Jährige leitet seit Jahren die Schwulenrechtsorganisation Spectrum in dem ostafrikanischen Land.

Aber seit zwei Monaten macht er sich damit strafbar. Denn seit Ende Mai ist es per Gesetz verboten, in Uganda «LGBT-Propaganda» zu verbreiten. LGBT ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender.

LGBT-Personen müssen in Uganda um ihr Leben fürchten

Das neue Gesetz geht jedoch noch weiter. Sexuelle Handlungen können in bestimmten Fällen sogar mit der Todesstrafe geahndet werden. «Wir sind besorgt und arbeiten in Angst», sagt Ganafa.

Er ist mit seinem Büro umgezogen, in der Nähe leben viele Muslime. «Die muslimischen Führer haben erklärt, dass sie unsere Mitglieder zu Tode hacken würden.» Doch Uganda ist nur eines von mehreren afrikanischen Ländern, das zurzeit versucht, strengere Gesetze gegen LGBT-Personen zu verabschieden.

Ghana verschärft bestehendes Strafmass

In Ghana berät das Parlament aktuell über ein Gesetz, nach dem Schwulen und Lesben mehrjährige Haft drohen könnte. Grund genug für eine Strafe könnte sein, sich als homosexuell zu bezeichnen.

Homosexuelle Beziehungen sowie die Ehe mit jemandem, der sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen hat, sollen bestraft werden. Homosexueller Geschlechtsverkehr ist in Ghana bereits illegal – das Gesetz soll das Strafmass noch einmal verschärfen.

LGBT queer
Für queere Jugendliche bedarf es einen sicheren Treffpunkt. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/DPA/WOLFGANG KUMM

Der ghanaische Parlamentarier Samuel Nartey George unterstützt den Entwurf und begründet dies mit Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. «Homosexuelle und Transgender haben statistisch gesehen eine mindestens sechsmal höhere Rate an Fettleibigkeit, Drogenmissbrauch und Selbstmordgedanken als Heterosexuelle.»

«Gesetz zum Schutz der Familie» in Kenia

Im ostafrikanischen Kenia soll demnächst im Parlament ebenfalls über ein Gesetz nach ugandischem Vorbild debattiert werden. Zumindest, wenn es nach Parlamentarier George Peter Kaluma geht.

Er will das «Gesetz zum Schutz der Familie» ins Parlament einbringen und möglichst jegliche «LGBT-Propaganda» verbieten. Dabei können homosexuelle Handlungen mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden.

Auch liberales Namibia folgt dem Trend

Selbst in vergleichsweise liberalen Ländern wie im südafrikanischen Namibia dreht sich der Wind für die LGBT-Gemeinschaft. Im Juli beschloss das dortige Parlament, das die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, ausschliesst.

Namibia verbietet Homosexualität zwar, strafrechtlich verfolgt werden Homosexuelle jedoch schon lange nicht mehr. Ähnlich wie im Nachbarland Südafrika gibt es in Namibia sogar Veranstaltungen und Demonstrationen für die Rechte Homosexueller.

Mächtige christlich-religiöse Lobby beeinflusst Gesetze

Länder wie Ghana, Kenia oder Namibia gelten als vergleichsweise funktionierende Demokratien und stabile Länder Afrikas. Sie vereint jedoch eine Gemeinsamkeit. Eine mächtige christlich-religiöse Lobby, die die Anti-LGBT-Gesetze fördert und in die afrikanischen Parlamente bringt.

Die Anerkennung der Rechte von LGBT-Menschen gilt in vielen afrikanischen Demokratien als schädlicher westlicher Import. «Lasst uns das gute Familiensystem, das wir von unseren Vorfahren geerbt haben, schützen».

uganda homosexuelle
Ein Mann trägt bei LGBT-Pride-Feierlichkeiten in Entebbe einen Aufkleber mit der Aufschrift «Einige Ugander sind schwul. Finde dich damit ab» (Archivbild). Das ugandische Parlament hat für ein strenges Anti-Homosexuellengesetz votiert. - Rebecca Vassie/AP/dpa

Das teilte der Christliche Rat in Ghana in Bezug auf den aktuellen Gesetzentwurf mit. Der Gruppe gehören 29 der grössten christlichen Kirchen des Landes an. Einige würden die Lüge verbreiten, Homosexualität sei ein Menschenrecht, hiess es weiter.

Auch Kenia, Uganda oder Tansania wollen die afrikanischen Traditionen schützen. «Unsere Kultur, unsere Traditionen, unser christliches und islamisches Erbe» würden gleichgeschlechtliche Ehe verbieten. Das erklärte Kenias Präsident William Ruto vor einigen Monaten.

Verbote wurden von Kolonialherren importiert

Dabei stammen viele der heute gültigen Verbote von Homosexualität aus der Kolonialzeit. Erst die Kolonialherren hatten sie importiert. Seit Jahren wirken zudem Gruppen von ausserhalb auf den Kontinent ein.

Darunter unter anderem konservative evangelikale Gruppen aus den USA. Diese investieren laut dem Think Tank Chicago Council on Global Affairs Millionenbeträge, um entsprechende Anti-Homosexuellen-Gesetze in Afrika zu fördern. Auch schärfere Abtreibungsgesetze stehen auf der Agenda der Gruppen.

Christliche Gruppen protestieren in Bostsuana

Die Evangelikalen treffen mit ihren Kampagnen oft auf offene Ohren. Laut Human Rights Watch liegen 33 der 69 Länder, die Homosexualität verbieten, in Afrika. In Mauretanien, Somalia und im Norden Nigerias gilt nach Angaben des Internationalen Verbandes ILGA die Todesstrafe für Homosexualität.

Selbst in Botsuana, einem der liberalsten afrikanischen Länder für die LGBT-Gemeinschaft, gingen am vergangenen Wochenende christliche Gruppen auf die Strasse. Sie protestierten gegen ein Gesetz, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisieren soll. Seit 2019 ist Homosexualität in Botsuana nicht mehr strafbar.

Homosexuelle lassen sich aus Angst seltener behandeln

Die neue Welle der Homophobie sorgt vor allem für ein Klima der Angst. Wie schwerwiegend die Folgen sind, zeigt sich bereits in Uganda. Dort gehen seit Verabschiedung des neuen Gesetzes immer weniger Homosexuelle in Kliniken. Da sie fürchten, von Ärzten angezeigt zu werden.

«Ich habe Angst, dass die Zahl der HIV-Fälle unter unseren Leuten steigen wird.» Dies sagt der Leiter einer Klinik in Kampala, die bislang Homosexuelle ohne Stigmatisierung in einer sicheren Umgebung behandelte. Er und sein Team würden nur noch per Videosprechstunde arbeiten.

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