Regierung

Kavala sieht sich als Opfer von Komplott der türkischen Regierung

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Türkei,

Der seit vier Jahren ohne Verurteilung im Gefängnis einsitzende türkische Menschenrechtsaktivist und Kulturförderer Osman Kavala hat sich als Opfer einer Verschwörung der Regierung von Staatschef Recep Tayyip Erdogan bezeichnet.

Osman Kavala
Osman Kavala - Anadolu Culture Center/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Türkischer Menschenrechtler seit vier Jahren ohne Verurteilung in Haft.

«Der wahre Grund für meine fortgesetzte Inhaftierung» sei das «Bedürfnis der Regierung, die Fiktion am Leben zu erhalten, dass die Gezi-Proteste das Ergebnis einer ausländischen Verschwörung waren», erklärte Kavala in einem schriftlich mit der Nachrichtenagentur AFP geführten Interview.

Kavala bezog sich dabei auf die Proteste gegen die geplante Bebauung eines kleinen Parks in der Nähe des Istanbuler Taksim-Platzes im Jahr 2013, die sich zur ersten ernsthaften Herausforderung für Erdogans Macht entwickelt hatte. «Da ich beschuldigt werde, Teil dieser angeblich von ausländischen Mächten organisierten Verschwörung zu sein, würde meine Freilassung die fragliche Fiktion schwächen, und das ist nicht im Sinne der Regierung», schrieb Kavala.

Kavala war ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben. Im Februar vergangenen Jahres sprach ein Gericht ihn von diesem Vorwurf frei. Kavala wurde daraufhin nach zweieinhalb Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen - diesmal im Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016 und Spionagevorwürfen.

Im Januar dieses Jahres hob ein Berufungsgericht den ersten Freispruch auf. Bei einer Verurteilung wegen der Spionagevorwürfe droht Kavala lebenslange Haft. Kavalas nächste Gerichtsverhandlung ist für den 26. November angesetzt.

Kavala verglich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit grossen Komplotten der Geschichte wie der antisemitischen Dreyfus-Affäre in Frankreich im späten 19. Jahrhundert. Auch zog er eine Parallele zur Hinrichtung des wegen Spionage für die Sowjetunion verurteilten US-Ehepaars Rosenberg in den 1950er Jahren. «Ich nehme an, dass die Akten über Dreyfus und die Rosenbergs besser vorbereitet waren als meine», schrieb Kavala.

Im September hatte der Europarat der Türkei unter Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) mit Disziplinarmassnahmen gedroht, falls sie den 63-Jährigen nicht bis Ende November freilässt. Kavala hält den Europarat für seine beste Hoffnung auf Freilassung. «Wenn das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird und der Schaden, der dadurch entsteht, grösser ist als der politische Nutzen, der von meiner weiteren Inhaftierung erwartet wird, könnte ich vielleicht freigelassen werden», erklärte er.

Der in Paris geborene Kavala betreibt einen der grössten Verlage der Türkei und setzt sich mit seiner Organisation Anadolu Kültür für den Dialog der Volksgruppen etwa im Kurden-Konflikt oder mit den Armeniern ein. Er gehörte zudem zu den Gründern des türkischen Zweigs der Open Society Foundation des US-Philanthropen George Soros. Die Stiftung fördert demokratische Bewegungen in zahlreichen osteuropäischen Ländern. Soros, der ungarisch-jüdischer Abstammung ist, ist das Feindbild vieler Populisten.

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