Donald Trump kann Unmut über Epstein-Kundenliste egal sein
Viele Trump-Anhänger haben gespannt auf die vermeintliche Epstein-Kundenliste gewartet. Jetzt ist der Unmut gross. Muss sich Donald Trump Sorgen machen?

Das Wichtigste in Kürze
- Die US-Regierung wird keine weiteren Informationen zum Epstein-Fall veröffentlichen.
- Die Mitteilung sorgt für grossen Unmut unter vielen von Trumps Anhängern.
- Dem Präsidenten könne dies jedoch egal sein, so ein US-Experte.
Schreckliche Verbrechen, eine reiche, gut vernetzte Person, jahrelange Vertuschung und ein vermeintlicher Suizid: Die Skandale rund um Jeffrey Epstein bieten den optimalen Nährboden für Verschwörungstheorien.
Eine hält sich sowohl in linken als auch in rechten Kreisen besonders hartnäckig: Das FBI soll über eine «Kundenliste» verfügen. Eine Aufzählung an Personen, denen von Epstein junge Frauen vermittelt wurden, häufig minderjährig. Unter den Kunden seien auch wichtige Politiker und Promis, so die Theorie.
Während seines Wahlkampfes sagt Donald Trump immer wieder: Er werde die Epstein-Akten «wahrscheinlich» offenlegen – doch dazu kommt es nie.
Bis schliesslich Anfangs Juli vom Justizministerium und FBI ein Memo veröffentlicht wird: «Die Ermittlungen haben keine belastende ‹Kundenliste› ergeben.» Eine Offenlegung weiterer Unterlagen dazu sei «nicht angemessen oder gerechtfertigt».
Doch anstelle von Klarheit sorgt das Memo für Unruhe und Spaltung – insbesondere in der «Make-America-Great-Again»-Bewegung. Der Unmut gegenüber Trump ist gross – so gross, dass sogar der republikanische Repräsentantenhaus-Sprecher auf den Präsidenten losgeht.
«Geister, die er selbst gerufen hat»
«Trump wird die Geister, die er selbst gerufen hat, derzeit nicht los», beobachtet auch Sozialwissenschaftler und US-Politik-Experte Thomas Greven gegenüber Nau.ch.
Denn: Es waren insbesondere Donald Trump und ihm nahestehende Personen, die die Gerüchteküche zu der mysteriösen «Kundenliste» immer wieder angeheizt hatten.
Trump sprach während seines Wahlkampfs mehrfach von den Akten. Sein Vize, J.D. Vance, sagte in einem Podcast: «Wir müssen die Epstein-Liste veröffentlichen.»
Auch Justizministerin Pam Bondi befeuert die Spekulationen. Auf die Frage, ob die Epstein-Liste publiziert werde, antwortet sie gegenüber Fox News im Februar: «Es liegt gerade zur Überprüfung auf meinem Schreibtisch.»
«Die Maga-Polarisierungsunternehmer haben die Epstein-Affäre selbst aufgebauscht, um Demokraten zu verunglimpfen», erklärt Greven. Laut den Republikanern würden auf der Liste nämlich Namen wichtiger Demokraten stehen.
Sexhändler ist nicht dasselbe wie Zuhälter
Dabei muss klargestellt sein: Epstein wurde von den Behörden nie vorgeworfen, Zuhälter für andere Personen zu sein.
Er wurde beschuldigt, Dutzende von Mädchen für sexuelle Handlungen bezahlt zu haben. Dabei hat er sich ein Netzwerk an Opfern aufgebaut – unter anderem, indem er seine Opfer weitere Mädchen rekrutieren liess.
Epstein wurde zwar des Sexhandels angeklagt. Allerdings bezog sich dieser Vorwurf nicht auf den Verkauf der Mädchen an weitere Täter, wie viele glauben.
Der «Trafficking Victims Protection Act» (deutsch: Gesetz zum Schutz von Opfern des Menschenhandels) definiert bereits die Anwerbung und Unterbringung von Personen zum Zweck einer kommerziellen sexuellen Handlung als Sexhandel.
Maga-Bewegung versteift sich auf Epstein-Affäre
Trotzdem war die Antizipation auf die Herausgabe vermeintlicher Namen gross. Und für viele Trump-Supporter war die «Kundenliste» wohl ein wichtiger Pfeiler ihrer Unterstützung für den Republikaner.
«Ein Teil der Maga-Bewegung hat sich darauf versteift, Aufklärung in der Epstein-Affäre zu bekommen», sagt Greven.
Entsprechend auch die Reaktionen, als die Veröffentlichung weiterer Akten abgesagt wird: Mehrere bekannte Trump-Unterstützer wie Verschwörungstheoretiker Alex Jones oder Influencerin Laura Loomer äusserten sich erbost auf den Sozialen Medien.
Damit hat es sich aber nicht gehabt: Sogar Repräsentantenhaus-Sprecher Mike Johnson geht auf Konfrontation mit Donald Trump.
Donald Trump wirkt «hilflos»
Und Trump? «Bislang wirken seine Versuche, den Konflikt einzuhegen, eher hilflos», sagt Greven.
Der US-Präsident wendete sich auf Truth Social bereits mehrfach an seine Basis. Zu Beginn noch mit etwas Gefühl: «Wir sind im selben Team, Maga, und es gefällt mir nicht, was hier passiert.»
Zuletzt scheint er mit den Nerven jedoch am Ende zu sein: Donald Trump spricht von einem «Schwindel» der Demokraten, auf welche einige «naive Republikaner» hereingefallen seien. «Lasst diese Schwächlinge weitermachen und die Arbeit der Demokraten erledigen. Ich will ihre Unterstützung nicht mehr!», so der Republikaner.
Damit giesst Trump laut Greven Benzin ins Feuer: «Das verschärft die Brüche in der Maga-Bewegung.» Könnte ihm die Epstein-Affäre also noch so richtig zum Verhängnis werden?
«Kann ihm egal sein»
Nicht unbedingt: «Es ist gut möglich, dass der Aufruhr von kurzer Dauer ist», sagt Greven. Der Sozialwissenschaftler erklärt: «Man sollte nicht unterschätzen, wie sehr die Bewegung und die Partei insgesamt zu einem Personenkult verkommen ist.»
Und es sei Trump schon zuvor immer wieder gelungen, von Skandalen und Problemen abzulenken.

Hinzu kommt: «Er braucht die Bewegung nicht mehr so dringend: Er ist gewählt, schlechte Umfragedaten können ihm egal sein.»
Donald Trump regiere ohnehin ausschliesslich mit Dekreten, die ihm wohlgesonnene Richter meist durchwinken, so Greven.
«Und sein grosses Steuergeschenk- und Wohlfahrtsstaatkürzungsgesetz ist verabschiedet.»