Dem Gotthard-Mythos auf der Spur
Auf dem Gotthardpass befindet sich in der einst geheimen Artillerie-Festung ein faszinierendes Museum: das Sasso San Gottardo.

Das Wichtigste in Kürze
- Auf dem Gotthardpass befindet das faszinierende Museum Sasso San Gottardo.
- In der einst geheimen Artillerie-Festung erlebt man hautnah ein Stück Militärgeschichte.
General Guisan höchstpersönlich ist es, der da uniformiert auf dem Pferd sitzt und auf dem Gotthard die Gäste begrüsst. Seit letztem Jahr prangt zum 150. Geburtstag von Henri Guisan sein Abbild am Eingangstor des Festungsmuseums Sasso San Gottardo.
Hier geht’s hinein in den Berg, um den sich so manche Mythen ranken. Während früher dieser Eingang streng geheim war, steht er heute allen offen. Bis 31. Mai war das Museum noch in der Winterpause, nun bleibt es bis Mitte Oktober geöffnet.
Vorher müssen Museumsleiter Damian Zingg und sein Team die Anlage wieder in Schuss bringen. «Es gibt laufend etwas zu renovieren und zu konservieren. Die Kanonen zum Beispiel sind grosser Feuchtigkeit ausgesetzt, sie muss man regelmässig entrosten. Die Belüftung und die Stromversorgung müssen nach dem Winter wieder hochgefahren werden.»
Herz der Alpen
Wer sich für die Militärgeschichte am Gotthard interessiert, sollte unbedingt den Weg über den Berg nehmen und nicht unten durchfahren. Der Berg ist schliesslich so viel mehr als einfach ein Loch. Er ist Quelle grosser Flüsse wie Rhone, Rhein und Ticino, Wiege der Eidgenossenschaft, das Herz der Alpen, ja sogar Europas. Und nicht zuletzt ein Symbol der Unabhängigkeit und Identität unseres Landes.

Da bietet sich ein Besuch im Innern dieses Massivs, im Museum Sasso San Gottardo, geradezu an. Dieses befindet sich in der grössten unterirdischen Verteidigungsanlage der Schweiz, die während des Zweiten Weltkrieges am Gotthard gebaut wurde.
General Henri Guisan setzte damals auf die Strategie des nationalen Reduits. Noch bis 1997 fanden darin Übungen statt. Seit 2012 ist der Ort mit Galerien, Tunnels und Festungsanlage als Museum öffentlich zugänglich.
Erste Gotthard-Influencer
Das ist definitiv eine Reise in eine andere Zeit. Allein schon die Kristallkaverne. Hier befand sich einst das Militärspital, zweistöckig, mit 60 Betten, Operationssaal und Zahnarztstuhl. Heute kann man dort in bequemen Liegestühlen vor den nackten Felsen entspannen und die Kraft des Berges tanken.
Nebenan sind die Ausstellungsräume untergebracht, die den Mythos Gotthard von allen Seiten beleuchten. Sei es die geologische Geschichte, die Natur oder Kultur des Bergmassivs.
Eine Person hat dem Gotthard weltweit zu Bekanntheit verholfen. «Johann Wolfgang von Goethe war sozusagen der erste Gotthard-Influencer», erzählt Damian Zingg. Drei Mal bereiste der Dichter zwischen 1775 und 1797 das Gotthard-Gebiet.

Die Zeitreise im Innern der Gotthard-Festung bietet noch mehr. Erst geht man im Stollen, der den unteren Ausstellungssektor mit den oben gelegenen Truppenunterkünften verbindet, rund 450 Meter zu Fuss. Danach steigt man in die kleine Stollenbahn «Metro del Sasso», die hinauf ins Herz der Artillerie-Festung fährt.
Kaum zu glauben, dass hier im Ernstfall 400 Soldaten für sechs Monate mit allem Notwendigen hätten versorgt werden müssen. Mit Wasser, Strom, Lebensmittelkonserven und Frischluft. An alles wurde gedacht: Neben den Schlaflagern hat es hier Speisesäle, Sanitärräume und Stationsbüros.
Man baute ein mit Dieseltreibstoff betriebenes Kraftwerk sowie Trinkwasserreservoire und Lüftungsanlagen in den Berg. Und da sind immer noch die eindrücklichen Artilleriestellungen, welche die gesamte Südfront am Gotthard vom Obergoms bis ins Bleniotal abdeckten. Im Ausstellungsteil stehen noch das Geschirr mit dem Reduit-Signet, Wiederbelebungsgeräte und die Wolldecken-Schüttelmaschine. Fast hat man den Eindruck, die Soldaten hätten eben erst die Festung verlassen.
Bis Oktober geöffnet
Das Sasso San Gottardo ist von 31. Mai bis 12. Oktober 2025 geöffnet. Verschiedene Besuchsmöglichkeiten laden zum Erkunden ein: ab 20 Franken für den kleinen Rundgang bis zur mehrstündigen Festungswächter-Tour für 55 Franken.

Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre erhalten kostenlosen Zutritt, ebenso Inhaber von Museumspässen.