Freizeit und Minimalismus: Wie weniger oft mehr Erholung bringt

Marcel Winter
Marcel Winter

Bern,

Die Freizeit soll eigentlich der Entspannung dienen. Doch viele Menschen bringen sich mit zu vielen Terminen selbst um die benötigte Erholung.

Freizeit
Wer sich in seiner Freizeit erholt, ist motivierter, wenn er wieder in die Arbeit zurückkehrt. - Depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • Fast ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung leidet unter Freizeitstress.
  • Die Genussfähigkeit führt zu einer höheren Lebenszufriedenheit.

Der Terminkalender für die Freizeit ist heute oft genauso vollgepackt wie der eines Managers unter der Woche: Die Abendstunden werden für Sporttraining oder Weiterbildungen genutzt, am Wochenende stehen private Treffen, kulturelle Veranstaltungen und Partys an. Das führt immer häufiger zu Freizeitstress.

Können Sie sich in der Freizeit gut erholen?

FOMO und der Arbeitsethos

Laut einer Umfrage des Gottlieb Duttweiler Instituts leidet rund ein Drittel der erwachsenen Schweizer Bevölkerung häufig oder sogar ständig unter Zeitstress. Besonders dramatisch ist, dass 19 Prozent, also fast jeder Fünfte, häufig oder sogar immer in der Freizeit unter Zeitstress stehen. Damit geht der eigentliche Sinn der Freizeit, die Erholung, komplett verloren.

Für den Freizeitstress gibt es vor allem zwei Gründe: Bei den Jüngeren ist es oft FOMO (Fear of Missing Out). Sie sehen all die tollen Aktivitäten, mit denen andere in den sozialen Medien prahlen, und wollen nichts verpassen. Selbst wenn sie den Samstag lieber auf dem Sofa verbringen würden, gehen sie dann doch zur Party.

Freizeit
Viele Menschen fühlen sich unter Zeitdruck, auch in der Freizeit. - Depositphotos

Bei den Älteren spielt der Druck der modernen Leistungsgesellschaft eine Rolle. Die Freizeit sollte für etwas Sinnvolles genutzt werden, statt sie einfach zu verbummeln. Ob es sich dabei um Sport, eine kreative Tätigkeit oder eine Form von Weiterbildung handelt: Hauptsache, es wird etwas getan. Wer montags im Büro zugibt, das Wochenende auf der Couch verbracht zu haben, erntet schnell schiefe Blicke.

Körper und Geist brauchen die Freizeit für Pausen

Ständige Aktivität führt jedoch schnell zu mentaler und körperlicher Erschöpfung. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass bereits fünf Minuten Pause ausreichen, um physiologischen Stress zu reduzieren. Dadurch werden auch die kognitiven Fähigkeiten verbessert. Je länger die Pausen andauern, desto mehr kann sich der Geist entfalten.

Arbeitsalltag
Der Körper und Geist braucht Pausen vom Arbeitsalltag und Stress. - Depositphotos

Ein bekanntes Beispiel sind grosse Philosophen und Erfinder, denen die grössten Gedanken und Geistesblitze oft beim Müssiggang kamen. Ihr Gehirn hatte Zeit, Abstand vom Alltag zu gewinnen und eigene Wege zu gehen. Dabei kam ihnen natürlich zugute, dass sie in Zeiten lebten, in denen nicht ständig elektronische Geräte um Aufmerksamkeit buhlten.

Auch bei Kindern ist bekannt, dass Langeweile letztendlich positiv ist: Gelangweilte Kinder erfinden kreative Spiele und schaffen aus dem Nichts Unterhaltung. Dies ist für ihre Entwicklung wesentlich gesünder als ein dicht getakteter Zeitplan oder ständige Zerstreuung durch das Smartphone.

Minimalistische Freizeit erlaubt Genuss

Nach dem Putzen und Bügeln am Samstag erst 15 Minuten Kaffeepause einplanen und dann zum Treffen mit der Freundin? So wird sich keine Entspannung einstellen. Wer sich dagegen ohne Zeitdruck dem Genuss hingibt, profitiert wesentlich mehr. Das haben auch die Zürcher Psychologinnen Katharina Bernecker und Daniela Becker in mehreren Studien festgestellt.

Zeitdruck
Nehmen Sie sich Zeit für sich, ohne Zeitdruck. - Depositphotos

Sie kamen zu dem schönen Ergebnis: Wer die freien Momente geniesst, ist zufriedener mit seinem Leben als diejenigen, die sich einer starken Selbstkontrolle unterwerfen.

Statt das freie Wochenende also komplett durchzutakten, ist es weitaus sinnvoller, einen kompletten freien Nachmittag zu planen. Und dann in der Hängematte den Wolken nachzusehen oder bei einem ziellosen Spaziergang den Gedanken freien Lauf zu lassen.

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