Brauchen wir Arbeit, um glücklich zu sein?
Arbeit kann glücklich machen, aber auch zutiefst unglücklich. Dabei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle.

Das Wichtigste in Kürze
- Nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist mit ihrer Arbeit zufrieden.
 - Fast ein Fünftel der Berufstätigen empfindet seine Arbeit als sinnlos.
 
Der Mensch ist nicht zum Nichtstun geschaffen. Beschäftigungen in jedweder Form geben dem Leben erst Sinn. Dazu gehört selbstverständlich auch die Arbeit, die einen Grossteil des Lebens dominiert.
Allerdings macht sie nicht immer glücklich: Laut einer Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2024 waren lediglich 54 Prozent der Schweizer Berufstätigen mit ihrer Arbeit zufrieden.
Sinnstiftende Arbeit macht glücklich
«Liebe, was du tust, und du wirst nie wieder arbeiten müssen», lautet eine alte Weisheit über das Arbeitsleben. Wer das Glück hat, in seinem Beruf aufzugehen, wird entsprechend glücklich sein und seine Arbeit lieben.
Dies können beispielsweise kreative Berufe sein. Wer gerne singt und für seinen Gesang bezahlt wird, wird seine Arbeit lieben. Neue Engagements, Konzerte und Alben sind dabei nicht nur wichtig für das finanzielle Auskommen, sondern auch für die Selbstbestätigung.

Doch auch in anderen sinnstiftenden Tätigkeiten kann die Arbeit trotz aller Belastung eine Quelle des Glücks sein: Ärzte und Ärztinnen, die Menschen heilen, oder Feuerwehrleute, die Leben retten, sind ein Beispiel hierfür.
Ebenso gelten Berufe im sozialen Bereich und in der Erziehung als sinnstiftend. Ein hohes Einkommen spielt dabei keine so grosse Rolle: Friseure sind glücklich, wenn eine zufriedene Kundin mit toller Frisur den Salon verlässt.
Wenn die Arbeit sinnlos ist: Bullshit Jobs
Fehlt jedoch das Gefühl, dass der eigene Beruf wirklich etwas bringt, entfällt dieser Aspekt. Dann macht die Arbeit nicht glücklich, sondern unglücklich.
Der Soziologe Dr. Simon Walo von der Universität Zürich hat sich 2023 in einer umfassenden Studie mit diesen sogenannten «Bullshit-Jobs» beschäftigt. Der Begriff wurde bereits 2013 in den USA geprägt.

Demnach empfand fast ein Fünftel der befragten Berufstätigen in der Schweiz ihren Job als sinnlos. Besonders häufig sagten dies Menschen, die in der Finanzbranche und im Vertrieb tätig waren. Sie haben nicht das Gefühl, etwas zur Gesellschaft beizutragen. Dies zeigt, dass ein hohes Gehalt, wie es in diesen Branchen üblich ist, nicht glücklich macht.
Keine Arbeit ist auch keine Lösung
Allerdings lässt sich daraus nicht ableiten, dass diese Menschen ohne Arbeit glücklicher wären. Es ist längst allgemein bekannt, dass sich Arbeitslosigkeit auf mehrfache Weise negativ auswirkt.
Neben dem Verlust der finanziellen Sicherheit spielen auch psychische Aspekte eine Rolle: Arbeitslosigkeit wird oft als Mangel wahrgenommen. Arbeitslose leiden unter dem Verlust ihres Selbstwertgefühls, haben weniger soziale Kontakte und sind häufiger von Depressionen betroffen.

Arbeit macht also insofern glücklich, als die Tätigkeit – selbst wenn sie als sinnlos empfunden wird – ein Grund ist, täglich aufzustehen. Der Beruf verleiht dem Tag Struktur, sorgt für Beschäftigung und Kontakte mit anderen Menschen. Dies bemerken viele Menschen, wenn sie in Rente gehen und plötzlich nicht mehr wissen, was sie mit sich anfangen sollen.
Arbeit kann viele Formen annehmen
Arbeit muss allerdings nicht unbedingt eine bezahlte Berufstätigkeit bedeuten. Viele Rentnerinnen und Rentner engagieren sich ehrenamtlich, um weiterhin sinnstiftende Arbeit zu haben. Andere widmen sich endlich ihren lange vernachlässigten Hobbys oder entdecken neue Aktivitäten für sich.

Und auch Menschen, die in ihrem eigentlichen Beruf unglücklich sind, können ihr Wohlbefinden durch Nebenjobs verbessern. Wenn sie tagsüber bei der Arbeit nicht glücklich sind, dann umso mehr, wenn sie mehrmals pro Woche abends in der Musikkneipe jobben. Oft gehen Arbeit und Hobby dabei ineinander über.
Letztendlich gilt jedoch für alle: Jede Form von Arbeit – ob bezahlter Beruf oder ein Hobby wie die Gartenarbeit – macht glücklicher als längere Zeiträume ohne Beschäftigung. Denn wer nicht weiss, wofür er aufsteht, wird keine Erfüllung finden – und damit auch kein Glück.













