Beim Kombinieren von Gerichten mit feinen Destillaten etwa aus Frucht, Gewürzen oder Kräutern sollte man offen für ungewohnte Aromen und Experimente sein.
Gläschen Hand Hahn Metall Flüssigkeit transparent
Aus dem Brennkessel der Spirituosen Manufaktur DSM läuft über einen Hahn eine fertige Spirituose ins Gläschen. - Deutsche Spirituosen Manufaktur/dpa-tmn
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Das Wichtigste in Kürze

  • Edelbrände und hochwertige Geiste können Aromen von Gerichten verfeinern und hervorheben.
  • Neue Kreationen aus dem Destillatbereich machen die Einsatzmöglichkeiten unendlich gross.
  • Mehr noch als Nippen eröffnet das Kochen mit Edelgeisten neue kulinarische Welten.

Haselnussgeist zum Wildbraten, Thymiandestillat übers Rindersteak gesprüht und Crème brulée mit Rosengeist parfümiert:

Edelbrände oder hochwertige Geiste können beim Kochen oder als Essensbegleiter die Aromen der Gerichte unterstützen oder Ungewohntes hervorkitzeln.

Oft sind jedoch nur Williams, Obstler oder Himbeergeist als Digestif bekannt. Die Einsatzmöglichkeiten von Destillaten sind aber durch neue Kreationen unendlich vielfältiger geworden.

Beim Pairing ungewohnte Geschmackswelten erleben

Die innovative Privatbrennerei Deutsche Spirituosen Manufaktur in Berlin zum Beispiel destilliert neben klassischen Bränden und Geiste wie Williamsbirne, Himbeere und Kirsche sehr viel Ungewöhnliches, darunter Herbstlaub, Zitrone, Rose, Thymian und Kardamom.

Hand Zitrusfrucht Spargelschäler gelb
Zitronenzesten werden für die Spirituosen auf Zitrusfrüchtebasis gewonnen. Davon hat die Deutsche Spirituosen Manufaktur viele verschiedene Sorten im Sortiment. - Deutsche Spirituosen Manufaktur/dpa-tmn

Bei experimentierfreudigen Köchen und Barkeepern sind die Destillate sehr gefragt. Diese eignen sich nicht nur zum puren Genuss, sondern auch zum Kochen oder als Destillat-Spray zum Verfeinern von Getränken und Speisen.

Robert Gierer ist Brenner und Edelbrand-Sommelier. In seiner Destillerie in Bodolz am Bodensee versucht er, aus der Frucht das Maximum zu brennen. Auch gibt er Küchenchefs Tipps, wie sie Menüs mit Edeldestillaten begleiten können.

Dabei geht es ihm um die Vielschichtigkeit der Aromen. Beim Pairing sollte man «Erfindungsgeist mitbringen, gern ausprobieren und offen sein, beim Genuss verschiedene Facetten auszuloten», sagt er.

Was Edelbrand von Geist und Spirituose unterscheidet

Ein alkoholisches Getränk aus Obst oder anderen Rohstoffen kommt entweder als Brand, Geist oder Spirituose in die Flasche.

Bei Bränden werden meist Früchte eingemaischt, vergoren und dann destilliert. Der Alkohol stammt zu 100 Prozent aus dem Zucker der Rohstoffe. Auch zuckerarmes Beerenobst wie Himbeeren, Brombeeren oder Wildbeeren fliesst als edler Brand ins Glas.

Meist werden die Früchte oder andere Ingredienzien wie Kräuter oder Gewürze aber «vergeistet».

Fläschchen Destillate Tisch Frau
Sieht aus wie Medizin: Die verschiedenen feinen Destillate eignen sich nicht nur zum puren Genuss, sondern auch zum Kochen oder zum Verfeinern von Getränken und Speisen. Darunter sind Aromen wie Herbstlaub, Zitrone, Rose, Thymian oder Kardamom. - Deutsche Spirituosen Manufaktur/dpa-tmn

Das heisst, die Rohstoffe werden mit neutralem Alkohol angesetzt, danach destilliert und etwa als Himbeer-, Haselnuss- oder Kardamomgeist verkauft.

Was nicht den Vorgaben für echte Brände oder Geiste entspricht, muss als «Spirituose» bezeichnet werden. Hier ist so gut wie alles erlaubt, etwa Farbstoffe, Zucker und künstlichen Aromastoffe.

Ein Edelbrand darf nicht aromatisiert und nicht mit Alkohol anderer Art versetzt sein. Er muss mindestens 37,5 Prozent Alkoholgehalt haben. Fruchtigen Bränden darf bis zu 18 Gramm Zucker pro Liter Alkohol zugesetzt werden.

Diese Methode, den Geschmack der Destillate abzurunden, ist bei Edelbrennern verpönt. Sie erreichen die Weichheit des Getränks allein über die Rohware und gekonntes Destillieren.

Es gilt der Grundsatz: Weniger ist mehr

Das Essen mit einem Brand oder Geist abzuschliessen, ist die bekannteste Einsatzvariante für die hochprozentigen Tropfen.

Damit zu kochen, eröffnet jedoch neue kulinarische Welten. So kann Spargelgeist eine feine Spargelcremesuppe intensivieren. Lachs kann mit Mandarinen- oder Dillgeist gebeizt werden.

Teller Lachs Gericht Besteck Flasche
Zum mit Mandarinen- oder Dillgeist gebeizten Lachs von Tim Müller passen als Getränke ein Zitrus- oder Gurkengeist, aber auch ein Himbeerbrand. - Tim Müller/Deutsche Spirituosen Manufaktur/dpa-tmn

Robert Gierer empfiehlt zu Fischgerichten Kernobstbrände wie Williams oder Quitte. Mit Wildkirsche, Schlehdorn oder Kirsche, also Steinobstbränden, lassen sich dunkle Fleischsaucen verfeinern. Für Wild bietet sich Haselnussgeist an.

Grundsätzlich gilt für Gierer: «Weniger ist mehr, nicht zu viel dazugeben.»

Raffiniert ist der Einsatz von hochprozentigen Sprays oder Destillatspritzen. Tim Müller von der Spirituosen Manufaktur spritzt zum Beispiel über sein Steinpilzrisotto etwas Steinpilzbrand. Wer kein Spray hat, kann auch einen Esslöffel davon darüber streichen.

«Ein Dessert braucht kräftige Aromen wie Haselnuss oder Waldhimbeere», erklärt Edelbrand-Sommelier Gierer. Tim Müller schwärmt von Crème brulée, die vor dem Flambieren mit etwas Rosenbrand parfümiert wird.

Blutorangengeist macht aus Vanilleeis und Kakaogeist aus Schokoladeneis ein besonderes Dessert. Und danach wird Espresso mit Kardamomgeist besprüht.

Starke Aromen: Destillate als Essensbegleiter

Nicht nur Wein, auch Edeldestillate können ein Essen für Gäste begleiten. Allerdings darf man keine Angst vor starken Aromen haben, sagt Gierer.

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Nicht nur Wein, auch Edeldestillate können ein Essen für Gäste begleiten. Allerdings darf man keine Angst vor starken Aromen haben. - Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Er empfiehlt, nicht zu viele hocharomatische Brände anzubieten, zum Beispiel nur Haselnuss oder nur Waldhimbeere.

Als Begleitung zum Rinderfilet passt für den Experten Sauerkirsche, Schlehe, Mirabelle oder Wildpflaume. Bei Desserts rät er zu Stein- oder Beerenbränden.

Tim Müller bedient sich beim Pairing aus dem Füllhorn der zahlreichen Brände und Geiste seiner Manufaktur.

«Man muss einfach schauen, wozu was passt», sagt er und empfiehlt zum leichten Fisch Destillate aus Jasmin, Quitte, Erdbeere, Mandarine oder rotem Sauerklee. Bei einem Gang mit Geflügel kommt es auf die Sauce an.

Zur Auswahl stehen zum Beispiel Holunderblüten, fruchtiger Hopfen oder Zitronengras.

«Edelbrände sind heute Genussmomente», betont Robert Gierer. Auch beim Pairing empfiehlt er: «Nur wenige Tropfen sind ausreichend. Immer nur ein kleines Nipperle.»

Tim Müller warnt ebenfalls vor zu viel Alkohol: «Maximal 1,5 cl ausschenken. Es geht darum, am Destillat zu nippen, dann weiteressen, dann wieder etwas nippen.» Um das Aroma nicht zu überdecken, bitte bei Zimmertemperatur und nicht eisgekühlt servieren.

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