Coronavirus: Experten von BAG und Bund zur aktuellen Lage

Optimismus bei den Fachleuten des Bundes angesichts der sinkenden Fallzahlen beim Coronavirus, An der Maskenpflicht wird (noch) nicht gerüttelt.

Medienkonferenz des BAG und Fachexperten des Bundes zur aktuellen Lage rund um das Coronavirus.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Fallzahlen mit Coronavirus sind weiter im Sinkflug.
  • Die Experten des Bundes geben eine Einschätzung der Lage ab.
  • Nächste Woche entscheidet der Bundesrat, ob die geplanten Lockerungen umgesetzt werden.

Die Fallzahlen von positiv auf Coronavirus getesteten sind weiter gesunken und erreichen wohl bald Werte von Mitte Februar. Entsprechend zuversichtlich gibt sich die Expertenrunde des Bundes und der Kantone an der heutigen Medienkonferenz. Der Fortschritt bei der Impfkampagne bewirke zudem, dass auch das Ansteckungsrisiko für Ungeimpfte sinke.

Verlauf der Anzahl laborbestätigter Fälle mit Coronavirus für die Schweiz seit 15. Februar. - covid19.admin.ch

Die Maskenpflicht für Geimpfte wollen BAG und Taskforce vorläufig aber noch nicht aufheben. Organisatorische und medizinische Bedenken bei gewissen Situationen sowie die noch unvollständige Datenlage sind Grund dafür.

Neue Impfkampagne, neue Erklärungen der Taskforce

Im Vordergrund steht die Impfkampagne des BAG, welche gestern lanciert wurde. Sie soll helfen, die Impfrate zu steigern und allen Personen die Informationen für ihren eigenen Entscheid liefern. Unter Beobachtung steht weiterhin die indische Virus-Variante, auch wenn deren Fallzahlen in der Schweiz sehr klein sind.

Martin Ackermann, Präsident der Taskforce, spricht während einer Medienkonferenz zur aktuellen Situation des Coronavirus. - Keystone

Taskforce-Chef Martin Ackermann nimmt noch einmal zu den Szenarien Stellung, die in Realität nie eintrafen. Warum die Taskforce derart daneben lag, werde zurzeit abgeklärt und sei für die Wissenschaft eine wichtige Information. Auf Nachfrage liefert Ackermann einige Angaben, was mit hineingespielt haben könnte. Verschiedene Faktoren seien schwierig zu schätzen, eine Abweichung mache aber im Endergebnis einen grossen Unterschied.

Folgende Personen haben an der Medienkonferenz teilgenommen:

- Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG.
- Adrian Kammer, Leiter Sektion Gesundheitsinformationen und Kampagnen, BAG.
- Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte.
- Martin Ackermann, Präsident, National Covid-19 Science Task Force.

Das Protokoll

14:57 Taskforce-Chef Martin Ackermann wird noch einmal gefragt, warum die Modelle der Taskforce derart daneben lagen. Genau lasse sich das noch nicht sagen, so Ackermann, man sei noch an der Arbeit. Er wiederholt, dass sich die Erwartungshaltung wohl ausgewirkt habe. Andererseits gebe es eine Reihe von geschätzten Faktoren, die eine grosse Auswirkung hätten.

Wer auch bei Regen und Kälte auf einer Terrasse Essen oder Apero geniessen will, muss sich warm einpacken. - zVg

Verändere man zum Beispiel den Ansteckungswert der britischen Virus-Variante um lediglich 10 Prozent, habe das grossen Einfluss auf die Szenarien. Ein anderer Einfluss sei die Saisonalität. Der regnerische April habe das Verhalten der Bevölkerung, die Empfänglichkeit für das Virus und dessen Überlebensfähigkeit beeinflusst. Diese Auswirkungen habe man im Voraus schlecht abschätzen können.

Desgleichen sei es schwierig abzuschätzen, wie viele soziale Kontakte die Menschen aufgrund ihres Verhaltens hätten.

14:55 Gibt es spezifische Kampagnen für Personen mit Migrationshintergrund? Bei diesen gebe es zum Teil verbreitete Skepsis gegenüber der Impfung. Adrian Kammer verweist darauf, dass man seit Anbeginn intensiv mit entsprechenden Organisationen zusammengearbeitet habe. So gebe es die BAG-Informationen auch in den am häufigsten gesprochenen Sprachen der ausländischen Bevölkerung.

14:50 Andere Staaten akzeptieren «Misch-Impfungen», ist das eine Option für die Schweiz? Eher nicht, meint Masserey, es gebe keinen Grund die mRNA-Impfung mit anderen Impfstoffen zu kombinieren. Auch gebe es keine Ahnaltspunkte, dass sich Risikopersonen ein drittes Mal impfen lassen sollten.

Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrollebeim Bundesamt für Gesundheit (BAG), liest Dokumente an einer Medienkonferenz. - Keystone

Auf Nachfrage sagt Masserey, dass es im Moment keine Studien gebe, inwiefern man auch die mRNA-Impfstoffe kombinieren könne. In der Zukunft sei das aber denkbar, dass man frei entscheiden könne, je nach Verfügbarkeit.

14:45 In Grossbritannien ist die indische Variante stark verbreitet. Könnte das im Zusammenhang mit dem dort verwendeten Impfstoff von AstraZeneca stehen? Das sei nicht ausgeschlossen, so Ackermann. Sozio-demografische Effekte seien aber wohl mit im Spiel.

11.05.2021, Indien, Neu-Delhi: Personen tragen einen Toten, der im Zusammenhang einer Corona-Infektion verstorben ist, auf einer Trage zur Einäscherung. Foto: Amit Sharma/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ - dpa

14:42 Was ist der Stand bei der indischen Variante und könnte sie die Öffnungspläne gefährden? Eine Überwachung sei implementiert. Ackermann bestätigt, dass es Gründe gebe, diese Variante eng zu verfolgen. Aber es gebe noch zu wenig Daten, um die Gefährlichkeit wirklich einzuschätzen. Betreffend der Öffnungspläne könne er keine Auskunft geben.

14:40 Die Fragerunde beginnt. Die Frage, ob es rein medizinisch einen Grund für die Maskenpflicht bei Geimpften gebe. Virginie Masserey weisst auf die organisatorischen Schwierigkeiten hin. Martin Ackermann bestätigt, dass im Normalfall kein Grund bestehe, die Maske zu tragen. Weil in seltenen Fällen auch Geimpfte ansteckend sein können, gebe es aber Situationen, wo eine Maske sinnvoll sei.

Wer vollständig gegen das Coronavirus geimpft ist, hat eine elfmal kleinere Wahrscheinlichkeit, am Coronavirus zu versterben. - keystone

BAG-Masserey ergänzt, dass die Maske weiterhin Pflicht bleibe, da noch zu wenige Personen geschützt respektive geimpft seien. Wann die Pflicht für Immunisierte, also auch Genesene, fallen könnte, kann das BAG nicht abschätzen.

14:30 Der Präsident der Kantonsärzte, Rudolf Hauri, fasst die Impfkampagnen in den Kantonen zusammen. Weil sich fast überall alle Personen ab 16 Jahren impfen lassen können, komme es vor, dass ältere Personen nicht mehr bevorzugt würden. Das sei aber ein vertretbares Vorgehen, so Hauri.

Rudolf Hauri ist Oberster Kantonsarzt von Zug und Präsident der Kantonsärzte-Vereinigung. - Keystone

Hauri ist auch zuversichtlich, dass sich die Lage normalisieren werde, auch beim Auftreten von weiteren Mutationen. Die Kantone bereiteten sich organisatorisch vor auf allfällige Auffrischimpfungen.

Dank Reihentests habe man auf Kontaktquarantäne weitgehend verzichten können. Auch ein Aufheben der Maskenpflicht könne man so ins Auge fassen. Alle Massnahmen gleichzeitig aufzuheben sei aber zu riskant.

14:25 Anhand einer Gegenüberstellung von Zahlen aus Grossbritannien, Israel und der Schweiz zeigt Ackermann dann den Impfeffekt auf. Nicht nur sinken die Zahlen insgesamt, sondern das Ansteckungsrisiko für die noch nicht Geimpften wird auch kleiner.

Die Anzahl Fälle pro 100'00 Ungeimpften im Vergleich der Länder Israel, Grossbritannien und Schweiz. - Screenshot YouTube/@Der Schweizerische Bundesrat

Mit weniger angesteckten Personen sinke auch die Wahrscheinlichkeit von Mutationen. Kinder und andere Ungeimpfte würden besser geschützt. Erfreulich sei darum die grosse Impfbereitschaft in der Bevölkerung, so Ackermann.

14:19 «Das ist ein Grund zur Freude», sagt Taskforce-Chef Martin Ackermann. Alle Zahlen seien im Sinken begriffen, die Taskforce habe dagegen einen Anstieg erwartet gehabt. Warum das so sei, erklärt Ackermann dadurch, dass die Zahlen damals im Steigen begriffen gewesen seien. Intuitiv gehe man von einem weiteren Anstieg aus.

Intuition und Modellierung hätten dann in die gleiche Richtung gezogen. Dann sei etwas Überraschendes und Erfreuliches passiert: Trotz Öffnungsschritten seien die Zahlen gesunken.

«Aus wissenschaftlicher Sicht ist es entscheidend, dass wir verstehen, warum unsere Modellierungen nicht mit dem tatsächlichen Verlauf der Epidemie übereinstimmten. Denn Modellierungen sind trotz allem eine bessere Entscheidgrundlage als das Bauchgefühl.» Die Taskforce werde dem darum nachgehen.

14:18 «Jetzt steht der solidarische Gedanke im Vordergrund», so Kammer. Mit der Impfung könne man dazu beitragen, dass alle wieder ein Leben ohne Einschränkungen führen könne. Dazu habe man zwei Möglichkeiten, mitzuhelfen.

Der neue TV-Werbespot der BAG-Impfkampagne.

Einerseits mit individualisierten Plakaten, andererseits habe man von zahlreichen Verbänden Unterstützungsangebote erhalten. Dazu lanciere das BAG die Initiative «Gemeinsam fürs Impfen». Mit dem Hashtag #ichlassemichimpfen könnten alle ihre Impfwilligkeit auf den Sozialen Medien kundtun.

14:12 Adrian Kammer, Leiter Sektion Gesundheitsinformationen und Kampagnen im BAG, beginnt seine Ausführungen mit einem kurzen Kampagnen-Clip. Das Motto der gestern lancierten Kampagne, «Ein Herz für uns alle», zeige, dass jetzt ein guter Zeitpunkt sei, sich zu informieren. Kammer betont, dass alle für sich selbst den Impf-Entscheid abwägen sollen.

14:10 Die Schweiz werde auch genügend Impfstoff erhalten, um Kinder und Jugendliche zu impfen. Ein entsprechendes Zulassungsgesuch von Pfizer ist derzeit bei Swissmedic hängig.

Vollständig Geimpfte würden das Virus vermutlich nicht übertragen, so der aktuelle Wissensstand. Masserey wiederholt aber die Empfehlungen, sich trotz erster Impfung bei Symptomen testen zu lassen. Auch die Maskenpflicht und Hygienemassnahmen bleiben für Geimpfte bestehen. Es sei zu kompliziert, Ausnahmen umzusetzen.

Die aktuelle Impfraten in der Schweiz, aufgeschlüsselt nach Personengruppen. - Screenshot YouTube/@Der Schweizerische Bundesrat

14:00 Virginie Masserey vom BAG macht als erste ihre Ausführungen zur aktuellen Lage. Die Lage entwickle sich weiterhin günstig. Das zeigt sie anhand der Zahlen für positiv Getestete, Hospitalisationen und Todesfälle. Auch der R-Wert sei nun schon mehrere Tage unter 1.

Fälle mit neuen Virus-Varianten seinen nach wie vor selten, auch bei der indischen Variante. Masserey rekapituliert noch einmal die übers Wochenende eingetroffenen Lieferungen von Impfdosen. 28 Prozent der Bevölkerung hätten mittlerweile mindestens eine Impfung erhalten. Insbesondere bei den Risikogruppen und älteren Personen sei die Impfrate hoch.