Ukraine Krieg: Darum sind die russischen Soldaten so brutal

Im Ukraine-Krieg halten sich die russischen Soldaten mit Brutalität nicht zurück. Sie kommen aus Gegenden, in denen Gewalt und Vergewaltigungen Alltag sind.

Ein russischer Soldat in der ostukrainischen Region Donetsk. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Brutalität der russischen Soldaten im Ukraine-Krieg schockiert die Welt.
  • Die meisten von ihnen kommen aus Gegenden, in denen Armut und Elend herrscht.
  • Eine russische Autorin berichtet, wie der Alltag in einer solchen Region aussieht.

Spätestens seit dem Massaker in Butscha ist klar: Den russischen Soldaten ist im Ukraine-Krieg jedes Mittel recht. Dabei schrecken sie auch nicht vor Vergewaltigungen und anderen Gräueltaten zurück.

Die meisten der im Ukraine-Krieg eingesetzten russischen Soldaten stammen aus Gegenden, die laut Irina Rastorgujewa «wenig einladend sind». Die russische Autorin und Journalistin wuchs auf der Insel Sachalin auf.

Dort lebte sie über 30 Jahre lang, wie sie in der «FAZ» schreibt. Auch von dort aus seien Wehrpflichtige in den Ukraine-Krieg geschickt worden.

Alkoholsüchtige verkaufen Babys für Wodka

In dieser Gegend sei in den 90er-Jahren die Gesellschaft über Nacht verarmt und in Schichten zerfallen. Gewalt und das Töten hätten sich schnell zum Alltag entwickelt: Sei es wegen des Kampfes um die Ressourcen der Insel, aus Geldmangel oder schliesslich einfach aus Spass.

Zudem sei die lokale Industrie damals zusammengebrochen. Das habe dazu geführt, dass die Menschen mehr tranken als sie assen. «Alle tranken Wodka und Drogen waren eine nette Beschäftigung für Kinder nach der Schule», schreibt Rastorgujewa. Alkoholkranke Mütter hätten damals sogar Neugeborene für eine Flasche Wodka verkauft.

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Auch Vergewaltigungen seien auf Sachalin auf der Tagesordnung gestanden. Sie habe sich eine Zeit lang um ein Mädchen aus einem Internat gekümmert, das vom eigenen Vater vergewaltigt worden sei. «Viele Kinder in Waisenhäusern und Internaten hatten solche Erfahrungen gemacht.»

«Viele wussten schon vor Ukraine-Krieg, wie man tötet und vergewaltigt»

Zudem sei der Tod in Gegenden wie Sachalin alltäglich. Rastorgujewa habe miterlebt, wie ihre Nachbarin im Treppenhaus verblutet sei. Zuvor habe der Ehemann der Frau mit einem Messer auf sie eingestochen. «Nachts hörte ich Kinder und Frauen schreien, ich hörte dumpfe Schläge, fallende Möbel, brechendes Glas.»

Nebst Tod und Gewalt sei auch Hilflosigkeit ein täglicher und ständiger Begleiter gewesen.

Das Problem: Es sei unmöglich, solche Gegenden zu verlassen: «Um von dort wegzugehen, braucht man Geld, und das lässt sich nirgendwo verdienen; auch zu bleiben ist unmöglich, denn es gibt keine Arbeit.» Da könne in den Krieg zu ziehen als der beste Ausweg erscheinen. Das biete zumindest die Chance, etwas zu verdienen.

«Viele wussten schon vor dem Krieg, wie man raubt, tötet, vergewaltigt. Es gab nichts anderes zu lernen», erzählt die Russin. Die Soldaten, die im Ukraine-Krieg Gräueltaten verübt haben, kämen aus einer Gesellschaft, in der Gewalt die Norm sei: Diese käme aus dem Elend, dem Neid und Hass, aus dem Zusammenbruch von Industrie und Wirtschaft. Und aus dem Fehlen sozialer Institutionen und funktionierender Demokratie.

Ein Maxar-Satellitenfoto von Manhusch – rund 20 Kilometer westlich von Mariupol – soll ein Massengrab aus dem Ukraine-Krieg parallel zu einem Strassenverlauf zeigen. - Satellite image ©2022 Maxar Technologies/dpa

Daran werde sich auch nichts ändern. Falls nicht zufällig eine Regierung auftauche, die sich um die sozioökonomischen Probleme küm­mere und sie am Ende auch irgendwie löse.