Leon Avdullahu: Was steckt hinter seiner Nati-Absage?
Leon Avdullahu spielt lieber für den Kosovo als für die Schweizer Nati. Müssen wir den Nationenwechsel verstehen? Wir liefern mögliche Gründe.

Das Wichtigste in Kürze
- Leon Avdullahu läuft künftig für den Kosovo auf.
- Nati-Chef Pierluigi Tami sagt: «Das enttäuscht uns.»
- Dennoch gibt es Dinge, die den Nationenwechsel zumindest etwas verständlich machen.
- Das Pro/Contra der Nau-Sportredaktion.
Der nächste Dämpfer für die Schweizer Nati: Leon Avdullahu gibt seinen Nationenwechsel bekannt, läuft künftig für den Kosovo auf. Schon am 5. September könnte er beim Direkt-Duell in der WM-Quali gegen uns auflaufen...
Eine Schweinerei? Oder ist der Nationenwechsel doch verständlich? Auch auf der Nau.ch-Sportredaktion ist man nicht einer Meinung.

Andrea Schüpbach, Sport-Redaktor
«Xhaka, Freuler, Jashari, Rieder. Hätte Avdullahu bei der Schweizer Nati Stammspieler-Garantie bekommen? Garantiert nicht. Das ist Fakt.
Mit dem Nationenwechsel wird der Neo-Hoffenheimer von heute auf morgen Nationalspieler. Und Star im Team. Mit diesen Perspektiven ist der Nati-Korb nachvollziehbar.

Entscheidend für den Kosovo-Abgang sind aber wohl einmal mehr die «weichen» Gründe. Der Druck der Eltern, eine ganze Nation stolz zu machen, ist riesig.
Pierluigi Tami, Peter Knäbel und Co. kann hier kein Vorwurf gemacht werden. Man bemühte sich intensiv um den Ex-FCB-Spieler. Knäbel verfolgte gar Avdullahus Bundesliga-Debüt mit dessen Vater im Stadion.
Treffen zwischen Kosovos Verbands-Chef Agim Ademi und der Avdullahu-Seite gab es ebenfalls. Mehrere. Und schon vor einiger Zeit, wie Ademi selbst erzählt.
Ist Geld ein Thema? Wir wissen es nicht, also sicher kein Vorwurf an den kosovarischen Verband.»

Ronny Reisch, Sport-Redaktor
«Im Alter von 21 Jahren ist Avdullahu in die Bundesliga gewechselt – und bei der TSG Hoffenheim direkt gesetzt. Schon jetzt wäre er gut genug für die Schweizer Nati. Mit Jashari hätte er perspektivisch über Jahre das Mittelfeld-Duo bilden können.
Aber es kommt anders: Schon wieder entscheidet sich ein Talent gegen die Schweizer Nati. Das könnte sich im Nachhinein als ähnlich schmerzhaft herausstellen, wie einst bei Rakitic oder Petric.
Immer wieder durchlaufen Spieler die Junioren-Mannschaften der Schweiz, um dann doch für andere Nationalteams zu spielen. Das muss aufhören! Die Nati-Verantwortlichen müssen ihre Lehren daraus ziehen und die Strukturen ändern.

Nati-Direktor Pierluigi Tami sagt, man wolle nur Spieler, die sich zu hundert Prozent mit dem Land und der Nati identifizieren. Das ist auch gut so.
Aber wieso identifiziert sich ein in Solothurn geborener Schweizer, der den FCB-Nachwuchs durchlief, nicht mit der Nati? Da läuft doch etwas falsch.
Die Avancen des Kosovo waren erfolgreich. Genau wie jene von Bosnien zuletzt bei Kospo oder Albanien bei Bajrami. Die Schweiz muss ihre Überzeugungsarbeit dringend verbessern: Die Spieler brauchen eine Perspektive und Wertschätzung.
Sonst droht weiteres Ungemach. Zum Beispiel mit Albian Hajdari, neuerdings ebenfalls bei Hoffenheim. Er spielte neunmal in der U21 und bestritt ein Freundschaftsspiel für die Nati.

Wer regelmässig für die U21 der Schweiz spielt, kann sich sicher auch die A-Nati vorstellen. Im Trikot mit dem Schweizerkreuz stünden die Chancen auf Erfolge bei grossen Turnieren besser als mit dem Kosovo.
Die Nati muss endlich lernen, ihre Talente zu halten – sonst verschlechtert sie ihre Zukunft.»
