Fussball-Talk: FCB Sofameister? Derbypleite für FCZ & GC verboten!
Der FCB zeigt im Spitzenkampf eine Gala und steht vor dem Titel. Das Zürcher Derby vom Samstag verspricht viel Brisanz. Willkommen beim Fussball-Talk.

Das Wichtigste in Kürze
- Gleich mit 5:1 bezwingt der FCB Verfolger Servette und hat neun Finger am Meisterkübel.
- YB verliert nach dem Cup-Aus auch in Lausanne.
- Der FCZ verliert in Sion und muss jetzt die Fans mit einem Derby-Sieg versöhnen.
- Auch für GC wird das Derby nach zwei Niederlagen gegen Winterthur elementar wichtig.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Mischi, du warst im Joggeli bei der von euch beiden angekündigten «Meisterprüfung» für den FCB. Euer Fazit nach dem Basler Schaulaufen gegen Servette?
Mischi Wettstein: Da packe ich gerne einmal die Superlativen aus: Der FCB wird verdienter Schweizer Meister! Den Cup-Halbfinal eingerechnet, hat Rotblau zuletzt siebenmal in Serie gewonnen. Sie sind da, wenn es darauf ankommt.
Der FCB ist ein verdienter Meister und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Doublegewinner. Wer hätte das vor einigen Monaten gedacht? Bis auf Shaqiri (und wohl bei Dave Degen im ‹Hinterstübli›) wohl keiner…

Christoph Böhlen: Das ist das richtige Stichwort, Mischi: Xherdan Shaqiri hat alle Kritiker Lügen gestraft und aus dem FCB ein Meisterteam gemacht. Er liefert Woche für Woche ab, verpasst kein Spiel und macht im Vergleich zu den restlichen Teams der Liga den grossen Unterschied. Wow!
Die einzige Frage, die sich stellt: Shaq setzt den Massstab mit dieser Saison dermassen hoch. Das kann er im kommenden Jahr eigentlich nicht mehr toppen?
Mischi Wettstein: Da kann ich dir nicht widersprechen. Er hat angesagt, dass er nach Basel zurückkehrt, um Titel zu holen. Und jetzt steht er vor dem Double. Wenn dann Teams wie Servette so naiv agieren und ihm derart viel Platz lassen, sind sie selbst schuld! Es stellt sich ja nur noch die Frage, wann der FCB den Titel eintütet.
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Christoph Böhlen: Mich würde es gar nicht überraschen, wenn die Messe schon nächsten Samstag gelesen ist. Je nach Ergebnis kann der FC Basel am Sonntag wie die Bayern Sofameister werden.
Nau.ch: Bleiben wir beim Sonntag, wechseln aber die Tabellenregion: Der FCZ kassiert in Sion die dritte Niederlage in Serie.
Mischi Wettstein: So ganz überrascht hat mich diese Niederlage nicht. Ich war am Freitag am Medientermin und hatte den Eindruck, dass das Verpassen der Top 6 beim FCZ Spuren hinterlassen hat.
Beim Spiel gegen Sion hatte ich zwar den Eindruck, dass das Team gewillt ist. Aber wenn der Kopf noch nicht leer ist, bringt es auch das Fleisch nicht auf den Platz.
Es ist ganz einfach: Der FCZ kann mich und die Fans am Samstag mit einem Derbysieg gegen GC versöhnen.
Christoph Böhlen: Was war am Sonntag mit Junior Ligue los? Er wird oft als «A-Talent» gelobt, man prophezeit ihm eine grosse Karriere. Aber da muss im Kopf noch einiges gehen beim jungen Verteidiger.

Er müsste schon nach der Rangelei mit Hajziri vom Platz fliegen, dann kurz darauf beim Foul, das zum Freistoss vor dem 0:2 führt.
Kein Wunder, wechselt ihn Ricardo Moniz direkt danach aus. So kannst du nicht auftreten, auch nicht, wenn es sportlich nur noch um die goldene Ananas geht.

Nau.ch: Mischi, du hast es bereits angekündigt: Es wartet das Zürcher Derby! Und da ist GC besonders gefordert, die Hoppers verlieren erneut gegen Winterthur.
Mischi Wettstein: Man muss festhalten: In der ersten Halbzeit war GC die bessere Mannschaft. Und nach dem 0:1 haben sie eine Riesenchance bei Sekos Lattenkopfball. Das sind Fakten.
Aber es war eben auch zu sehen, dass es danach kein Aufbäumen gab. Es wirkt, als hätte das Team nicht genügend Benzin im Tank. An Identität fehlt es nicht erst seit dem letzten Samstag.
Der aktuelle Zustand, muss den Verantwortlichen zu denken geben, das ist besorgniserregend – aber nicht hoffnungslos!
Christoph Böhlen: Das hörte ich schon nach der Heimpleite vor einer Woche: GC sei phasenweise besser gewesen. Was kann man sich davon kaufen? Im Abstiegskampf geht es nicht nur um spielerische Faktoren. Es braucht die Typen, die sich gegen jeden Gegner zerreissen.
Wo war zum Beispiel der hochgelobte Giotto Morandi? Ihn sieht man eigentlich nur bei stehenden Bällen. Und bei Vorzeigekämpfer Amir Abrashi sieht es so aus, als wäre sein Akku derzeit nicht voll. So wird es ganz hart für die Hoppers.
Im Gegensatz dazu wissen die Winterthurer, worum es geht. Dort wird solidarisch gekämpft, da sind Emotionen drin. Das ist die Handschrift von Uli Forte.

Mischi Wettstein: Zum Thema Trainer möchte ich noch etwas sagen: Dass GC-Coach Tomas Oral nach dem Spiel nicht in der Mixedzone erscheint, ist so schwach, wie der Auftritt seines Teams. Hinstehen und sich der Verantwortung stellen, das gehört zu seinem Job!
Oder hat der Medienverantwortliche von GC nicht gewusst, wo sich die Mixedzone auf der Schützenwiese befindet? Zum Fremdschämen.
Nau.ch: Bleiben wir doch gleich bei den Themen Zürcher Derby und Trainer: Wird das Spiel zwischen dem FCZ und GC vom Samstag zur Flugshow?
Mischi Wettstein: Wenn der «Positiv-Wahnsinnige» Ricardo Moniz eine kleine Chance haben will, seinen Job zu behalten, muss er das Derby gewinnen. Wenn das nicht klappt, reisst wohl der allerletzte Geduldsfaden bei den Fans und den Verantwortlichen.
Christoph Böhlen: Ich muss dir widersprechen, Mischi. Ich bin fest davon überzeugt, dass der FCZ so oder so an Trainer Ricardo Moniz festhalten wird. Sie wollen auf Junge setzen und brauchen dafür einen detailversessenen Ausbilder, der zudem den Kurs von Sportchef Milos Malenovic mitträgt. So einen Trainer findest du nicht so schnell.

Zudem: Wenn du die Achse um Gbamin und Zuber mit einem weiteren Routinier stärkst, kann es nächste Saison durchaus aufwärtsgehen. Für mich ist GC-Trainer Oral da weit gefährdeter, oder was meinst du?
Mischi Wettstein: Bei Tomas Oral glaube ich, dass sich GC gar nicht so gefährdet sieht, wie der Blick auf die Tabelle zeigt. Sie werden sich anhand der ersten Halbzeit gegen Winterthur Mut machen. Das kann man machen, es ist aber ein schmaler Grat.
Gut vorstellbar, dass die Verantwortlichen nicht tatenlos zuschauen. Sondern einen Impuls setzen, der dem Team in dieser heiklen Phase helfen kann. Das muss nichts mit der Position des Cheftrainers zu tun haben.
Nau.ch: Schauplatzwechsel: Im Duell der Cup-Halbfinal-Verlierer bezwingt Lausanne zuhause YB mit 3:2.

Mischi Wettstein: Böhli, bestrafst du dich jetzt eine Woche nach der Jahrhundert-Blamage im Cup mit einer neuen, zusätzlichen Woche Hausarrest?
Christoph Böhlen: Nein, keine Angst – so schlimm ist es nicht. Der Auftritt war zumindest in der ersten Halbzeit ordentlich. Aber so, wie du beim FCZ spürst, dass die Enttäuschung über die Relegation-Group da ist – so spürst du bei YB immer noch den Cup-Rückschlag.
Es fehlt die letzte Überzeugung, die letzte positive Anspannung. Klar will man in den Europapokal, aber Meistertitel und Cupsieg sind weg. Das sorgt für eine Leere. Und wenn du dann auch noch so anfällig auf Standard-Gegentore bist, kannst du nicht gewinnen.
Giorgio Contini ist es zu Beginn seiner Amtszeit gelungen, YB defensiv wieder stabiler zu machen. Man kassierte kaum Gegentore und war offensiv meist in der Lage, einen Treffer zu erzielen.
Seit in der Defensive aus Verletzungsgründen wieder viel gewechselt werden muss, geht es wieder in die andere Richtung.
Mischi Wettstein: Wenn man so verteidigt wie beim 1:3 von Teddy Okou, muss man sich nicht wundern. So holst du unmöglich Punkte.
Christoph Böhlen: Christoph Spycher hat schon in der Pause des Spiels gesagt, dass es im Sommer wieder Veränderungen geben wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich das Kader auf die neue Saison anders präsentiert. Und das ist bestimmt keine schlechte Idee. Vielleicht hat das Cup-Aus eben doch etwas Gutes.
Nau.ch: Bleiben zwei Affichen des vergangenen Spieltages. Das Spiel des FCSG in Yverdon wird kurzfristig verschoben. Und der FCL verliert zuhause gegen Lugano.
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Christoph Böhlen: Die St. Galler haben sich offenbar über die Absage auf dem «sonst schon kaum bespielbaren Rasen» (O-Ton aus der Medienmitteilung) geärgert. Dabei geht es für die Espen ja um gar nichts mehr in dieser Saison… Bin gespannt, wie das Maassen-Team am Dienstag gegen den Abstiegskandidaten auftritt.
Mischi Wettstein: Mit der FCL-Heimniederlage habe ich nicht gerechnet – und die Luzerner sicher auch nicht. Aber an der Stelle möchte ich gerne das Thema der Woche aufgreifen: Ich gratuliere dem Club aus deinem «Vogellisi-Land» im schönen Berner Oberland herzlich zum verdienten Aufstieg.
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Christoph Böhlen: Es ist hochverdient, aber das war schon vor dem Spiel klar. Dass es für den FC Thun so schön aufgeht – mit dem späten Tor des eigenen Juniors Franz-Ethan Meichtry und vor vollen Rängen – ist natürlich top. Eine Woche später in Vaduz aufzusteigen, wäre deutlich weniger reizvoll gewesen.
Nau.ch: Zum Schluss wie immer: Was ist euch sonst noch aufgefallen
Mischi Wettstein: Bochum-Boss Ilja Kaenzig hat bei uns im Interview gesagt, dass das Heidenheim-Spiel noch nicht das Ende der Ligaerhalts-Hoffnungen sein wird. Das stimmt, aber nach dem 0:0 ist die Lage trotzdem ungemütlicher geworden.

Immerhin: Es besteht weiterhin die Möglichkeit, sich mit zwei Siegen noch zu retten, falls die Mitkonkurrenten nicht mehr punkten.
Christoph Böhlen: So leid es mir für Bochum tut: Aber die Messe ist gelesen, der VfL geht runter. Das ist aber kein Beinbruch: Man hält am Trainer fest, wird seriös weiterarbeiten und bei nächster Gelegenheit wieder aufsteigen.

Den Platz des VfL Bochum nimmt jetzt aber vorübergehend der HSV ein. Der Ex-Bundesliga-Dino steht (endlich) vor der Rückkehr ins Oberhaus.