In einer Dokumentation beschreiben schwarze Ex-Nationalspieler und aktuelle Fussballer ihre erschütternden Erfahrungen mit Rassismus und Ausgrenzung.
Gerald Asamoah
Wurde 2002 mit Deutschland Vize-Weltmeister: Gerald Asamoah. - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der ehemalige Bundesliga-Profi Otto Addo erzählt, wie ihn Menschen mit Bierflaschen beworfen haben.

Guy Acolatse, der in den 1960er-Jahren beim FC St. Pauli spielte, sagt: «Manchmal sahen sie mich an, als ob ich sie gleich fressen werde.» Und der frühere deutsche Nationalspieler Erwin Kostedde erinnert sich an die Worte: «Guck mal der Schwatte, das hätte es bei Hitler nicht gegeben.»

Dass schwarze Fussballspieler in Deutschland wegen ihrer Hautfarbe beleidigt und mit Affenlauten verhöhnt wurden, gehörte früher zum traurigen Alltag. Manches hat sich verändert und verbessert, doch auch heute erleben Spielerinnen und Spieler noch Diskriminierung.

Die Dokumentation «Schwarze Adler», die am 15. April auf Amazon Prime und am 18. Juni im ZDF ausgestrahlt wird, nimmt sich des Themas Rassismus im deutschen Fussball an. Die Erfahrungen von Ex-Profis wie Erwin Kostedde und Jimmy Hartwig, Patrick Owomoyela und Otto Addo fliessen in den Film von Regisseur Torsten Körner («Angela Merkel: Die Unerwartete») und Produzent Leopold Hoesch («Kroos», «Nowitzki») ein.

Mit dem Satz «Ich wurde geliebt als Fussballer und abgelehnt als Mensch», beschrieb Ex-Fussballprofi Ojokojo Torunarigha (Chemnitzer SV) sein Wirken während der 90er-Jahre in Deutschland. Noch heute erfährt sein Sohn, Hertha-BSC-Kicker Jordan Torunarigha, Rassismus am eigenen Leib: Während eines Bundesligaspiels im Februar 2020 gegen den FC Schalke 04 hatten Zuschauer Affenlaute in seine Richtung gerufen.

Zu Beginn des 90-minütigen Dokumentarfilms erzählen Gerald Asamoah und die ehemalige Nationalspielerin Steffi Jones, wie stolz sie das Tragen des Schwarzen Adlers auf den DFB-Trikots gemacht habe. Doch sie mussten immer wieder die Schattenseiten erleben. Viele schwarze Nationalspieler und Fussballer haben seit Beginn der Bundesrepublik Diskriminierungen erlebt.

Die Doku beschreibt die Erfahrungen von schwarzen Kindern deutscher Frauen und US-Soldaten - so wie bei Kostedde (74), der zuletzt auch in einem bemerkenswerten Doppel-Interview mit Gerald Asamoah im «Zeit Magazin» von seinen Erfahrungen berichtete. Kostedde beschreibt, wie ihn in der Nachkriegszeit heimkehrende Soldaten fragten, was er als «Ami» denn hier wolle und erinnert sich mit der Hitler-Bemerkung an eine andere fürchterliche Beleidigung. Besonders erschütternd ist seine Anekdote, wie er sich als Kind wegen der Ablehnung drei Stunden lang mit Seife wusch, um weiss werden zu wollen.

Die Geschichten der Protagonisten wechseln sich mit historischen Einspielern ab, wie Deutsche in Film und Fernsehen der 50er/60er-Jahre auf verstörende Weise ihre Herabsetzung gegen Schwarze ausgedrückt haben. Kinder von schwarzen US-Soldaten galten nach dem Krieg als störend. Der Film «Toxi» aus dem Jahr 1952 machte deutlich, dass diese Kinder doch angeblich in Amerika besser aufgehoben seien als in Deutschland.

Kostedde, der 1974 als erster schwarzer Spieler in der Nationalmannschaft debütierte, habe immer den Adler tragen wollen, doch im Nachhinein sagt er, sei er nie in der Mannschaft warm geworden. Auch Ex-Nationalspieler Jimmy Hartwig beschreibt das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Hartwig erzählt, wie sein Opa ihn als Bastard bezeichnete und ein glühender Hitler-Verehrer war.

Im Laufe des Films merkt der Zuschauer eine Veränderung des Zeitgeists. Gerade jüngere Spieler wie Jean-Manuel Mbom (SV Werder Bremen) berichten von positiveren Erlebnissen als schwarze Spieler in den Jahrzehnten zuvor. «Ich denke, dass wir schon einen weiten Weg gegangen sind. Mein Leben ist schon ganz anders als das Leben einer schwarzen Person früher», sagt Mbom. Aber es sei noch viel zu tun.

Otto Addo klingt weniger optimistisch: «Ich habe sehr viel Kontakt zu ganz normalen Menschen. Und das sind dieselben Probleme wie vor 20, 30 Jahren», sagt Addo. Egal ob bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Job. Da habe sich nicht viel verändert, sagt er resigniert.

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