Im Schweizer Synchronschwimmen herrscht Chaos: Richter bevorteilen ihre eigenen Kinder, Trainer demütigen Athletinnen.
Synchronschwimmen
Die Schweizer Synchronschwimmerinnen Vivienne Koch und Joelle Peschl im Einsatz. (Archivbild) - keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Schweizer Turnverband gerät der Synchronschwimm-Verband in die Kritik.
  • Richter bevorzugten ihre eigenen Kinder und Athletinnen, auch wenn sie schlechter sind.
  • Trainer wenden psychische und physische Gewalt an, viele Schwimmerinnen sind in Therapie.

Das Synchronschwimmen schaffte es kürzlich wegen eines Zwischenfalls bei der WM in die Schlagzeilen. Eine US-Athletin verlor nach ihrem Auftritt im Wasser das Bewusstsein und ertrank fast. Die Rettungsschwimmer wurden für ihre Untätigkeit kritisiert. Vorwürfe, von denen der Schweizer Synchronschwimmerverband nur träumen kann: Hierzulande werden Begriffe wie «Klima der Angst», «psychische und physische Gewalt» und «Chaos» mit dem Synchronschwimmen in Verbindung gebracht.

Synchronschwimmen
Bei der Schwimm-WM in Budapest war die Schweiz mit Ladina Lippuner vertreten. - Keystone

Das SRF hat die Vorwürfe untersucht und auch mit Athletinnen gesprochen, unter anderem mit Ladina Lippuner. Die 19-Jährige war trotz suboptimaler Vorbereitung an der WM dabei. Davor habe Planungschaos geherrscht, es sei schwierig gewesen, Training und Ausbildung zu planen. Denn man haben nicht genau gewusst, wann das nächste Trainingslager stattfinden werde.

Die schlechten Zustände zeigen sich auch beim «katastrophalen Niveau bei den Richtern», wie es in internen Dokumenten heisst. «Eigene Vereine und Athletinnen werden systematisch und hemmungslos bevorteilt», zitiert das SRF. Eltern beurteilen ihre eigenen Kinder und sind gleichzeitig auch noch in einem Verein aktiv. Die Zustände seien laut dem Schreiben seit Jahren bekannt, es herrsche ein Klima der Missgunst.

Synchronschwimmen
Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio waren die Schweizer Synchronschwimmerinnen noch vertreten. Für Tokio 2021 wurde die Qualifikation verpasst. - Keystone

Joelle Peschl kämpfte im letzten Jahr noch um die Olympia-Teilnahme, verpasste diese im Duett aber. Aufgrund von «internen Querelen», wie es in einem internen Schreiben heisst. Danach ist sie zurückgetreten und berichtet von den Zuständen: Eine Richterin habe ihr einst einfach gesagt, dass sie klar besser gewesen sei, doch sie müsse für die anderen richten. Da habe sie ihre Welt nicht mehr verstanden.

Synchronschwimmen: Co-Sportdirektoren treten zurück

Wie auch beim Schweizerischen Turnverband werden beim Synchronschwimmen die Trainingsmethoden angeprangert. Peschl: «Man wird halt runtergedrückt im Spagat, man weint viel, weil man so Schmerzen hat.» Um das Ideal zu erreichen, brauche es beim Stretching Hilfe, doch es gebe ein Mass. «Es gibt Leute, die draufstehen, und Kinder, die nicht atmen können, weil der Rücken so fest nach hinten gezogen wird.»

Neben der physischen Gewalt kommt es auch zu psychisch dazu: Athletinnen werden angeschrien, beschimpft, bedroht und müssen anzügliche Bemerkungen erdulden. «Auch bei den Kindern gibt es psychische Gewalt und Demütigungen», sagt Delphine Hoffmann. Laut der ehemaligen Schwimmerin und Trainerin gingen viele Athletinnen zum Psychiater oder seien in Psychotherapie.

Die Recherche von SRF haben eine Wirkung gezeigt. Die Co-Sportdirektoren von Artistic Swimming, gegen die sich die Vorwürfe hauptsächlich richten, wiesen diese zuerst zurück. Doch nach der Ausstrahlung traten Markus Thöni und Patricia Fahrni nach nur einem Jahr im Amt zurück.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

TrainerOlympia 2022GewaltWasserAngstSRF