Versteckte Millionen? Grosser Rat soll Inselspital-IT untersuchen

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Nachdem der Regierungsrat nur wenige Zahlen zu Epic rausrückte, doppelt das Parlament nach: Jetzt droht eine parlamentarische Untersuchung der Klinik-Software.

digitale Gesundheitsplattform Kardiologie Inselspital
Blutdruckmessen während einem Belastungstest in der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital in Bern. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine parlamentarische Untersuchung soll bei IT-Kosten des Inselspitals Klarheit schaffen.
  • Im Fokus steht die Einführung der Software «Epic» im März 2024.
  • Die genauen Kosten sind relevant, denn Epic soll im ganzen Kanton eingeführt werden.

Im Grossen Rat scheint der Geduldsfaden gerissen zu sein, wenn es um Epic geht, das neue Klinikinformationssystem am Inselspital. Schon vor einem Monat sollte der Regierungsrat dazu Fragen beantworten – offenbar fielen die Antworten nicht sehr zufriedenstellend aus.

In einem neuen überparteilichen Vorstoss wird nun gefordert, es brauche eine parlamentarische Untersuchung der Einführung dieser Super-Software. Dank Epic konnten auf einen Schlag rund 50 andere Systeme abgelöst werden.

Im Fokus stehen die Kosten: Offiziell waren dies rund 100 Millionen Franken. Zum Vergleich: 2024 betrug das Defizit der Insel Gruppe 50 Millionen, im Jahr davor 120 Millionen Franken.

Mit der Untersuchung soll gemäss Motion nun die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rats beauftragt werden. Die Motion ist dringlich und wird daher in der Frühlingssession traktandiert.

Ungereimtheiten bei der Epic-Einführung am Inselspital

Verdächtig scheint den Motionärinnen und Motionären unter anderem: Gemäss Regierungsrat hat nur eine «sehr tiefe Zahl externer Consultants» bei der Epic-Einführung mitgearbeitet.

Epic Insel-Gruppe
Bei der Einführung von Epic in der Insel-Gruppe sorgte ein «Command Center» mit 150 Fachkräften dafür, dass alle Anfragen schnell beantwortet werden konnten. - Screenshot inselgruppe.ch

Offenbar wurde dem Grossen Rat dazu anderes zugetragen. Es wird aber auch auf LinkedIn-Posts des Projektleiters selbst und eines externen Beraters verwiesen. In diesen wird von der grossen Zahl beteiligter Personen geschwärmt.

Sprecher für den Vorstoss ist GLP-Grossrat Casimir von Arx. Im Interview mit dem BärnerBär sagt er, was hinter der Forderung nach einer Untersuchung steckt.

Casimir von Arx Epic
GLP-Grossrat Casimir von Arx fungiert als Sprecher des überparteilich unterstützten Vorstosses, der eine parlamentarische Untersuchung der Epic-Software am Inselspital verlangt. - zvg

BärnerBär: Sie haben vor zwei Monaten bereits in einem überparteilichen Vorstoss vom Regierungsrat Antworten zu «Epic» verlangt. Warum reichen Ihnen diese Antworten nicht?

Casimir von Arx: Der Regierungsrat hat die Fragen aus jenem Vorstoss nur unvollständig und oft ausweichend beantwortet. Immerhin geht aus den Antworten hervor, dass bisher deutlich zu tiefe Kosten für die Einführung von Epic am Inselspital genannt wurden. Wir wollen die Fragen jetzt genau beantwortet haben.

Epic Inselspital Insel-Gruppe Gesundheitsplattform
In den Spitälern der Insel-Gruppe wird die Software Epic bereits eingesetzt. Der Regierungsrat möchte diese im ganzen Kanton als digitale Gesundheitsplattform einsetzen. - keystone

BärnerBär: Warum interessiert man sich im Grossen Rat derart intensiv für die IT des Inselspitals?

Von Arx: Der Anlass, warum wir diese Fragen stellen, ist nicht primär der Entscheid des Inselspitals für Epic. Sondern der Wunsch des Regierungsrats, den Entscheid des Inselspitals per Gesetz den anderen Spitälern im Kanton zu überbinden. Damit wird die Einführung von Epic zu einer Angelegenheit von kantonaler Bedeutung.

Epic Campus
Der weitläufige Campus der Epic Systems Corporation in Verona im Bundesstaat Wisconsin. - Screenshot epic.com

BärnerBär: Und warum braucht es jetzt eine parlamentarische Untersuchung?

Von Arx: Die Ausführungen des Regierungsrats zeigen, dass er gegenüber Epic eine völlig unkritische Haltung einnimmt. Das erweckt den Eindruck, der Regierungsrat habe sich nicht in der nötigen Tiefe mit der Thematik befasst. Daher möchten wir die Geschäftsprüfungskommission (GPK) mit den weiteren Abklärungen betrauen.

BärnerBär: Sie bringen auch die Finanzkontrolle ins Spiel. Die Vermutung, dass noch versteckte Millionenkosten zum Vorschein kommen könnten, steht also nach wie vor im Raum?

Von Arx: Es sind bereits unerwähnte Millionenkosten zum Vorschein gekommen. Ob noch mehr kommt, wird die Untersuchung zeigen. Die GPK kann die Finanzkontrolle mit ihren Expertinnen und Experten um Unterstützung anfragen.

Es ist an der GPK, zu entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht. Wir haben die Finanzkontrolle zudem deshalb erwähnt, weil wir wissen, dass sie Einsicht in den Vertrag zwischen der Insel Gruppe und Epic verlangen kann. Wir haben Fragen zu den Inhalten dieses Vertrags.

Epic Insel Gruppe
Richard Hopmans, Projektmanager beim Gesundheitsberater Furore, schwärmt online von der «grössten Anzahl an Epic-Experten», mit denen er im Insel-Projekt je zusammengearbeitet hat. - Screenshot linkedin.com

BärnerBär: Die Motion wird damit begründet, dass der Regierungsrat Transparenz schaffen müsse. Trotz mehrerer Gelegenheiten dazu habe er aber davon «nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht». Weshalb sollte der Regierungsrat kein Interesse an Transparenz haben?

Von Arx: Der Regierungsrat scheint sich – warum auch immer – sehr früh darauf festgelegt zu haben, dass das US-amerikanische Klinikinformationssystem Epic in allen Spitälern im Kanton Bern eingeführt werden soll. Dieser aus verschiedenen Gründen fragwürdige Plan könnte an Überzeugungskraft verlieren, wenn kritische Fragen transparent beantwortet werden.

BärnerBär: Bleibt überhaupt genügend Zeit für eine solche umfangreiche Untersuchung oder wird nun die Revision des Spitalversorgungsgesetzes verzögert?

Von Arx: Ja. Die erste Lesung des Spitalversorgungsgesetzes ist momentan in der Herbstsession 2026 geplant. Für die zweite Lesung gibt es noch nicht einmal einen Termin.

Im Übrigen wäre auch ein richtiger, aber verzögerter Entscheid besser als ein falscher, der im Zeitplan liegt.

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