Der Bauernverband Aargau äussert sich im Interview zur «Gewässer-Initiative». Für ihn ist klar: Die Initiative ist existenzbedrohlich und umweltschädigend.
Christoph Hagenbuch Bauernverband Aargau
Christoph Hagenbuch, Präsident des Bauernverbands Aargau. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Kanton Aargau wurde die «Gewässer-Initiative» eingereicht.
  • Zum Umweltschutz sollen zusätzlich rund 1000 Hektar an Feuchtgebieten entstehen.
  • Der Bauernverband Aargau ist von der Umsetzung nicht überzeugt: Das Vorhaben sei unnötig.
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Verschiedene Umweltverbände und Parteien haben sich zusammengeschlossen und im Februar 2023 die «Gewässer-Initiative» eingereicht. Durch die Initiative sollen «der Lebensraum Wasser besser geschützt und die Biodiversität gefördert» werden. Gemäss Kanton wären dafür zusätzliche Feuchtgebiete mit einer Gesamtfläche von 1000 Hektar (ha) nötig.

Laut Initiativ-Komitee profitieren davon auch die Bevölkerung, sowie im Wasser lebende Organismen. So stossen Fische aktuell nämlich rund alle 200 Meter auf unüberwindbare Hindernisse.

Doch der Bauernverband Aargau reagierte prompt auf die Forderungen des Komitees. Die Initiative sei existenzbedrohlich für verschiedene Bauernbetriebe: Rund die Hälfte der geplanten Feuchtgebiete betreffe «bestes Ackerland». Zudem sei das Anliegen kontraproduktiv, da es zu mehr Importen und schlimmstenfalls zu einer Rodung des Regenwalds führen werde.

Christoph Hagenbuch ist Präsident des Bauernverbands Aargau und im Grossen Rat für die SVP tätig. Ein grosses Problem stellt für ihn dar, dass kaum bis gar nicht nach gemeinsamen Lösungen gesucht wurde. Er gibt im Nau.ch-Interview zur «Gewässer-Initiative» Auskunft über die Gründe, weshalb der Bauernverband das Anliegen als unnötig erachtet.

Nau.ch: Wieso können Sie stärkerem Gewässerschutz nichts abgewinnen?

Christoph Hagenbuch: Ich habe nichts gegen Gewässerschutz. Die schweizerische Landwirtschaft befolgt strenge Auflagen und schützt so die Gewässer. Mit der Ausscheidung der Gewässerräume hat die Landwirtschaft im Aargau bereits mehrere 100 ha produktives Kulturland für den Gewässerschutz geopfert.

Was die Initiative will, ist aber zusätzlich 1000 ha bestes Kulturland wieder zu vernässen. Danach können dort keine Nahrungsmittel mehr angebaut werden und diese müssen entsprechend importiert werden.

Das ist nicht nachhaltig, da die importierten Nahrungsmittel meistens einen grösseren ökologischen Fussabdruck haben als die einheimischen. Ich verstehe deshalb nicht, wie man als Umweltverband so eine umweltschädigende Initiative unterstützen kann.

Nau.ch: Bauernbetriebe sind die mit am meisten Betroffenen der Folgen des Klimawandels. Begrüssen Sie da nicht jeglichen Versuch, die Folgen des Klimawandels einzudämmen?

Christoph Hagenbuch: Die Initiative hat nichts mit dem Klimawandel zu tun. Im Gegenteil. Wiedervernässungen verursachen Methangas-Emissionen und fördern den Klimawandel noch, da Methangas bekanntlich um einiges klimaschädlicher ist als CO2.

Und die nicht mehr im Aargau produzierten Nahrungsmittel werden danach einfach vom Ausland herangekarrt? Für die Produktion dieser zusätzlichen Importnahrungsmittel werden im dümmsten Fall noch Urwaldflächen gerodet. Das alles ist weder nachhaltig, noch sinnvoll, noch ökologisch.

Stimmen Sie den Forderungen der «Gewässer-Initiative» zu?

Nau.ch: Das Initiativ-Komitee beschreibt, dass Fische im Durchschnitt alle 200 Meter auf unüberwindbare Hindernisse stossen. Sehen Sie sonstige Massnahmen, um Fischwanderungen besser zu ermöglichen und so zu einer besseren Vernetzung sorgen?

Christoph Hagenbuch: Ich habe nichts dagegen, Hindernisse zu entfernen und Fischwanderungen zu ermöglichen. Aber auch dazu braucht es keine Initiative, die neben den Bächen und Flüssen gelegenes bestes Ackerland vernässen will.

Das Gewässerschutzgesetz regelt bereits in verschiedenen Paragrafen, dass Bäche nicht verbaut werden dürfen und möglichst der natürliche Verlauf wieder herzustellen ist.

Das ist eine Frage der Umsetzung der bestehenden rechtlichen Grundlagen und schlussendlich auch der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Dafür benötigt es keine Wiedervernässung und unwiderrufliche Zerstörung von bestem Ackerland.

Nau.ch: Sie reden davon, dass anstelle der Initiative lieber im Siedlungsraum für mehr Biodiversität gesorgt werden müsste. Haben Sie dazu konkrete Vorschläge?

Christoph Hagenbuch: Wir Bauern bewirtschaften bereits über 20 Prozent unserer Felder als Biodiversitätsförderflächen. Das ist dreimal mehr als vom Bund vorgeschrieben! Darum zeigen auch verschiedene Indikatoren für das Landwirtschaftsland steigende Werte bezüglich Biodiversität.

Dies im Gegensatz zur Siedlungsfläche, wo die Biodiversität weiter sinkt. Um glücklich zu sein, brauchen Menschen keine tristen Steingärten und Kirschlorbeerhecken. Eine schöne Blumenwiese im Garten erfreut das Herz und hilft der Natur.

Kirschlorbeer
Kirschlorbeer. - Pixabay

Zudem kann im Siedlungsgebiet der Lebensraum aufgewertet werden, ohne dass Kulturland für die Nahrungsmittelproduktion verloren geht. Dazu wurde im Grossen Rat bereits eine Motion eingereicht, die im Siedlungsraum ebenfalls Minimalziele von sieben Prozent Biodiversitäts-Förderflächen verlangt.

Nau.ch: Wären Sie der Initiative offener gegenüber, wenn man sich intensiv mit den betroffenen Bauernbetrieben auseinandersetzt und so gemeinsame Lösungen gefunden werden können?

Christoph Hagenbuch: Unser Verband und unser Berufsstand haben in der Vergangenheit immer gezeigt, dass wir offen sind. So haben wir zum Beispiel zusammen mit den Aargauer Imkern das Projekt «bienenfreundliche Landwirtschaft» lanciert, das mittlerweile erfolgreich abgeschlossen wurde und bei welchem viele Betriebe freiwillig mitgemacht haben.

Leider wurde aber seitens Initianten mit uns das Gespräch nicht gesucht, weshalb wir die Initiative bekämpfen müssen, da sonst 1000 ha unserer Produktionsgrundlage verloren gehen würde. Und das wohlverstanden, während dem auf dieser Welt über 800 Millionen Menschen tagtäglich Hunger leiden müssen!

Dass bei weniger Nahrungsmittelproduktion auch jährliche Wertschöpfung im Millionenhöhe für die nachgelagerten Betriebe wie Bäcker und so weiter verloren gehen, darf man in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch nicht vergessen.

Zur Person

Christoph Hagenbuch ist Familienvater von zwei Kindern, selbständiger Landwirt, Grossrat für die SVP und Präsident des Bauernverbandes Aargau.

Er ist am 23. April 1985 geboren und seither häufig in die Welt gegangen: Austauschjahr in Melbourne, Australien; Studium in Zürich und Austauschsemester in Wageningen, Holland; Arbeitsaufenthalt in Russland während sechs Monaten. Er kam aber stets immer wieder gerne zurück in die Schweiz.

Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit der Familie, beim Wandern, Ski fahren oder Jassen.

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